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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 15. Jänner 2014; 12:41
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Glosse:

> Versalzen

HBP remixed
(Radiofassung: http://cba.fro.at/252725)

"Dieses Jahr 2014 ist ein Jahr, das uns mehrfach an unsere Geschichte
erinnern wird: 100 Jahre seit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, 75
Jahre seit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und 25 Jahre seit dem
Fall des Eisernen Vorhanges und der Berliner Mauer werden Gelegenheit
geben, uns mit der Geschichte und dem, was wir aus ihr lernen können,
zu beschäftigen."

So hat es also begonnen, das neue Jahr! Mit der Ansprache des
Bundespräsidenten, in der Heinz Fischer drei runde Jahrestage erwähnt,
die alle etwas gemeinsam haben: Sie bieten in der österreichischen
Innenpolitik kaum mehr und in der großen Koalition gar keinen Stoff
für kontroversielle Debatten. Die 80 Jahre seit den Februarkämpfen
hätte gerade ein Sozialdemokrat vielleicht auch erwähnen können. Aber
wo sich jene Parteien, die sich damals in einem Bürgerkrieg
gegenübergestanden waren, gerade wieder so hübsch zusammengekuschelt
haben und Fischer deren Regierung mit seinem Segen bedacht hat,
erwähnt er das lieber nicht.

Und überhaupt, so der Bundespräsident, sollten wir viel mehr zu
unserer Bundesregierung stehen: "Ich weiß, dass es derzeit in den
Medien und auch in der Bevölkerung ziemlich viel politisches Unbehagen
gibt. ... Dennoch bin ich überzeugt, dass es fair und sinnvoll wäre,
so ähnlich vorzugehen wie im Sport, wo einer österreichischen
Nationalmannschaft am Beginn eines internationalen Turniers oder am
Beginn einer neuen Saison ja auch ein Vertrauensvorschuss gegeben und
ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt wird."

Einmal abgesehen davon, daß zumindest der Fußballnationalmannschaft
kaum jemand einen Vertrauensvorschuß gibt, weil wir wissen, daß
Österreicher einfach nicht Fußball spielen können, stellt sich schon
die Frage, was dieser seltsame Vergleich soll. Politik ist kein Sport.
Wie hoch eine österreichische Mannschaft verliert, kann uns letztlich
egal sein und dient doch nur der Volksbelustigung. Auch wenn man bei
den Herren Faymann und Spindelegger manchmal den Eindruck hat, sie
versuchten den selben Zweck zu erfüllen, so geht es hier doch um recht
manifeste Interessen. Und die Frage ist, wessen Interessen werden mit
der Politik bedient -- und nicht, ob wir unserer Bundesregierung den
Rücken stärken, damit sie gegen andere Regierungen gewinnen möge.

Aber dann macht Fischer klar, was er wirklich meint: "Ein solches
Gemeinschaftsgefühl ist etwas sehr Wichtiges. Ich weiß natürlich, dass
Kritik als Salz der Demokratie bezeichnet wird und dass es absolut
notwendig ist, Kritik an Mißständen, an zu wenig Schwung bei
Reformen -- z.B. in der Bildungspolitik -- an zu viel Bürokratie oder
an zu wenig sozialer Symmetrie in unserer Gesellschaft zu üben. ...
Auf der anderen Seite benötigen wir aber auch Augenmaß bei der
Beurteilung von Stärken und Schwächen, Vertrauen in die vielfach
bewiesene Leistungsfähigkeit unseres Landes und Zuversicht für die
Zukunft. Denn zu viel Salz kann auch die besten Speisen verderben."

Darum geht es: 'Tuts nicht soviel kritisieren!' Man fühlt sich an die
unseligen "In Zeiten wie diesen"-Plakate der SPÖ Anfang der 80er
erinnert, auf denen es unter anderem hieß, man solle "nicht
herumreden, nicht schimpfen, nichts Unmögliches versprechen, nicht
unsinnige Fragen stellen". Das war zwar hauptsächlich auf die damals
oppositionelle ÖVP gemünzt, aber Bruno I. hatte wohl generell alle
gemeint, die etwas an seiner Politik auszusetzen hatten. Heinz Fischer
war damals Klubobmann der SPÖ und Kreiskys Stellvertreter in der
Partei. Da merkt man schon eine gewisse Prägung.

Geschmäcker und Watschen

Salz ist ein Gewürz. Es verändert den Geschmack, nicht die Essenz
einer Speise. Wenn Kritik ein Gewürz ist, das man verwendet, damit
einem Herrschaft besser schmeckt, dann hat Fischer recht: Zuviel davon
wäre schlecht, weil man dann den Geschmack der Krot, die man schlucken
muß, nicht mehr wahrnimmt. Auch der HBP sollte sich beim Würzen
zurückhalten. Hätte er in seiner Rede beispielsweise nicht verfeinert
vom eher ästhetischen Problem der "sozialen Symmetrie", sondern von
"Armut und Reichtum" gesprochen, also Tacheles geredet, wäre der
bittere Geschmack des Kapitalismus deutlicher zur Geltung gekommen.

Aber nein, er formuliert lieber so: "Auch in den nächsten Jahren soll
und wird 'Made in Austria' ein Zeichen für Fortschritt und Qualität
sein. Dieses Ziel werden wir erreichen, wenn jeder und jede Einzelne
von uns sich mit dem Projekt Österreich identifiziert und solidarisch
daran mitarbeitet."

So ist das also! Wir sind nicht mehr "das Volk" oder "Bürgerinnen und
Bürger", wir sind "Projektmitarbeiter" -- die einig Front fürs
Vaterland. Danke, jetzt wissen wir das auch.

Wohldosierte Kritik hätte der HBP gerne. Gerade einmal nur soviel, daß
es nach Demokratie aussieht, aber die Herrschaftsverhältnisse nicht
stört -- Kritik als mildes Dressing, damit die politische
Auseinandersetzung nicht so fad wirkt.

Kritik muß aber etwas anderes sein als nur eine Verbesserung des
Anscheins von Demokratie. Daß unser Genörgel den Herrschenden derart
unangenehm ist, daß sogar der Bundespräsident gefragt ist, um
Zurückhaltung anzumahnen, ist ein gutes Zeichen. Daß hingegen ein
sozialdemokratischer Präsident tatsächlich keinen Genierer hat,
mittels schiefer Metaphern und salbungsvoller Stimme auch den
angeblichen Souverän aufzufordern, nicht so goschert zu sein, sondern
sich in Zeiten wie diesen solidarisch um seine Projektleiter zu
scharen, ist doch recht bedenklich.
*Bernhard Redl*



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