**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 15. Jänner 2014; 12:45
**********************************************************

Kommentierte Presseschau:

> Wiedermal: Ambulanzgebühr

Kranke Menschen wollen oft lieber in eine Ambulanz gehen statt zum
niedergelassenen Arzt -- das taugt aber weder den Erhaltern der
Ambulanzen noch den niedergelassenen Ärzten so recht. 'Uns doch egal,
wo sich die Patienten besser aufgehoben fühlen, sie sollen gefälligst
dorthin gehen, wo wir sie haben wollen', entschied anno dazumal die
Regierung Schüssel. Und führte eine Ambulanzgebühr ein.

Wie nahe die NEOS der ÖVP sind, müssen sie da jetzt auch wieder
beweisen: "Wir können uns eine Ambulanzgebühr vorstellen. Das kann
eine gute Möglichkeit sein, die Patientenströme weg von den Ambulanzen
hin zu den niedergelassenen Ärzten zu lenken. Es kann doch nicht sein,
dass die Leute wegen jedem Wehwehchen in die Ambulanz gehen. Das ist
finanziell nicht durchzuhalten", sagt Neos-Chef Matthias Strolz, wie
die "Wiener Zeitung" am 9.Jänner berichtet. Der Sozialsprecher der
Partei, Gerald Loacker, präzisierte: "Wir können uns die Gebühr in
einer Größenordnung von 20 Euro vorstellen, Bezieher von
Mindestsicherung oder Kinder sollen aber über eine Rückvergütung
ausgenommen sein".

Wenn Strolz schon so ein schlechtes Gedächtnis hat, sollte er sich bei
seiner bisherigen Partei erkundigen. Für die ÖVP-FPÖ-Regierung war die
Einführung einer Ambulanzgebühr Anfang der 2000er eines der größten
Debakel überhaupt. Der Verfassungsgerichtshof kam nie dazu, die
Verfassungskonformität des betreffenden Gesetzes zu prüfen, da das
Gesetz wegen Unbrauchbarkeit im Halbjahrestakt reformiert wurde -- bis
es letztendlich ganz beseitigt wurde.

Ist den NEOS gar nichts zu peinlich? Oder kann es sein, daß die ÖVP da
selbst nicht mehr vorpreschen möchte, aber mittels ihrer fünften
Kolonne doch noch die Gebühr einführen will?
http://www.wienerzeitung.at/599197

*

> Demoverbot keine gute Idee

Behörden und Gerichte sollten prinzipiell vorsichtig sein mit
Demonstrationsverboten. Denn oft genug haben sie eine mobilisierende
Wirkung. Was da aber im spanischen Baskenland jüngst passierte,
überstieg den üblichen Mobilisierungseffekt bei weitem -- berichtet
Ralf Streck im Online Magazin "Telepolis" am 12.Jänner.

Ein Richter hatte am Nationalen Gerichtshof den jährlichen Marsch der
Angehörigen von Gefangenen der Separatistenorganisation ETA verboten,
obwohl sein Kollege am gleichen Gericht zuvor keine Verbotsgründe sah.
Das hatte einen spannenden Solidarisierungseffekt zur Folge. Denn die
im Baskenland regierende, christkonservative Baskisch-Nationalistische
Partei (PNV) einigte sich nun mit der Partei der linken
Unabhängigkeitsbewegung Sortu auf einen Aufruf, dem sich alle
baskischen Parteien und Gewerkschaften anschlossen. Ein derart
geschlossenes Auftreten der baskischen Nationalbewegung hatte es schon
lange nicht mehr gegeben. Bis zu 130.000 Menschen sollen es gewesen
sein, die da in Bilbao für "Menschenrechte, Konfliktlösungsabkommen,
Frieden" auf die Straße gingen. In der größten Stadt des Baskenlandes
wohnen dabei gerade einmal 350.000 Menschen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/155661
*

> Wowereit hat Prinzipien

Den Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg ist derzeit ein Riesenpolitikum
in der deutschen Metropole. Denn dort kampieren seit Herbst 2012 --
ähnlich wie in Wien im Sigmund-Freud-Park -- Flüchtlinge, die um ihre
Rechte kämpfen. Doch während in Wien sehr schnell die Polizei räumte,
konnten sich die Berliner Flüchtlinge bislang halten. Am 18.Jänner
wollte nun der CDU-Landesinnenminister aber wirklich die Flüchtlinge
wegbekommen. Doch während in Hamburg die SPD dieser Tage auf Law and
Order machte und in Wien die SPÖ 2012 so tat, als ginge sie das gar
nichts an, lief es von Seiten der Sozialdemokratie in Berlin ganz
anders. SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit machte die Sache zur
Koalitionsfrage. Nun heißt es plötzlich, man müsse für das Problem
eine "zeitnahe" Lösung finden. Und das muß die CDU jetzt fressen --
denn die Koalitionäre vereinbarten keine Fristen. Polizeilich geräumt
wird fürs Erste einmal nicht. Und das ist gut so.
http://taz.de/!130828/
*

> DDR-Bücher auf dem Müll

In Deutschland hat man -- wie in Österreich -- einen gewissen Horror
vor Büchervernichtungen. Das ist sowohl verständlich als auch
erfreulich. Dennoch finden sie immer wieder statt. Bisweilen passiert
das schon mal im Zuge von Entrümpelungen, wo ja auch andere Dinge den
Weg alles Irdischen gehen.

"Die Frage ist jedoch," -- so ein schon etwas älterer
Feuilleton-Betrag in der NZZ -- "wie man sich dazu stellen soll, wenn
in einem Akt der Massenvernichtung nahezu die gesamte vorrätige
Verlagsproduktion eines Staates auf dem Müll landet." Denn so geschah
es, als die DDR unterging. "Nach Schätzungen sollen in der
Nachwendezeit mehr als 100 Millionen Bücher auf der Kippe, im Shredder
oder in der Müllverbrennung gelandet sein." Dabei hab es sich nicht
nur um Parteiliteratur gehandelt sondern auch um Werke von Äsop und
Goethe, Schiller und Lessing, Camus, Heinrich Mann, aber auch Christa
Wolf und Christoph Hein. "Ihr Verhängnis war nicht der Inhalt, sondern
der Druckort. Mit einem Schlag zählten Ostprodukte unter vielen Ossis
nichts mehr, dafür galten ihnen die lange entbehrten, nun zugänglichen
Westwaren alles. ... Es verhielt sich mit Verlagsprodukten nicht
anders als mit Lebensmitteln, Kosmetika oder elektronischen Produkten:
Vertraute Markenartikel in der DDR verschwanden 1990 binnen Kürze aus
den Regalen, um einer schönen neuen Warenwelt Platz zu machen."

Da wird man nostalgisch. Unsereiner, der vor der "Wende" nach
Ost-Berlin kam und dort noch pro Tag 25 West-Mark zwangsweise
umtauschen mußte, war über die DDR-Bücherproduktion froh, weil man da
wenigstens wußte, wofür man seine ostdeutschen Mark ausgeben konnte...
http://www.nzz.ch/1.4306571
*

Zeitungsleser. -br-



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW