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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 8. Jänner 2014; 09:45
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EU/Militarismus:
> Nachbarschaftshilfe, militärische
Die behauptete Notwendigkeit von EU-Kriegen soll
besser kommuniziert werden
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Die APA meldete am 20.Dezember: "Bei einem EU-Gipfel in Brüssel
vereinbarten die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in
grundsätzlichen Worten, die militärischen Fähigkeiten in vier
Bereichen zu stärken, nämlich Drohnen, Luftraumbetankung,
Satelliten-Kommunikation und Cyber-Abwehr. ... Die EU-Staatsspitzen
kamen überein, im Zeitraum 2020 bis 2025 ein europäisches
Drohnenprojekt zu schaffen. ... Ein weiteres Flaggschiffprojekt des
Gipfels ist der geplante Erwerb europäischer Kapazitäten für die
Luftraumbetankung (Air-to-Air Refuelling). ... Weitere geplante
EU-Projekte betreffen die verstärkte Zusammenarbeit bei der
Satelliten-Kommunikation und bei der Cyber-Sicherheit. Hier ist für
2014 geplant, eine Arbeitsgruppe einzuberufen bzw. einen Fahrplan
auszuarbeiten." Und man habe sich auf dem Gipfel auch geeinigt, die
"Europäische Verteidigungsagentur (EDA)" zu beauftragen, "zu erkunden,
wie die EU-Staaten künftig Rüstungsgüter effizienter gemeinsam
beschaffen und aufteilen können".
Ganz einig seien sich die Regierungschefs nicht gewesen, so die
offiziellen Verlautbarungen. Die Projekte sind zumeist multilateral
und haben nicht immer die Unterstützung aller EU-Mitglieder. Von einer
eindeutigen Meinung der Regierung des neutralen Österreich wußte die
APA nicht zu berichten. Eine verstärkte Koordination im Bereich der
europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik sei wichtig,
zitierte die Agentur Bundeskanzler Faymann, der betont habe: "Unser
Auftrag betrifft besonders die zivile Funktion." Bezüglich einer
EU-Unterstützung für Militäreinsätze Frankreichs in Afrika zeigte sich
der Kanzler "abwartend", so wurde berichtet.
Worum ging es aber abseits der offiziellen Verlautbarungen im Detail
auf dem Gipfel? Das versuchte *Tobias Pflüger* von der deutschen
"Informationsstelle Militarisierung" im Vorfeld des Treffens zu
erläutern:
***
Erstmals seit 2008 befassen sich die Staats- und Regierungschefs beim
Europäischen Rat am 19./20. Dezember 2013 wieder mit dem Schwerpunkt
EU-Militarisierung (im Sprachjargon "Sicherheit und Verteidigung").
Die überaus ambitionierte Agenda wird auf der Ratshomepage
folgendermaßen beschrieben: "In der heutigen, im Wandel begriffenen
Welt muss Europa bei der Wahrung des Weltfriedens und der
internationalen Sicherheit eine größere Rolle übernehmen. Die EU trägt
durch ihre Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zum
internationalen Krisenmanagement bei. Europa sollte über Fähigkeiten
verfügen, die den künftigen Anforderungen entsprechen. Gleichzeitig
ist es angesichts der derzeitigen finanziellen Engpässe noch
dringender geboten, dass die europäischen Staaten bei der Entwicklung
ihrer militärischen Fähigkeiten eng zusammenarbeiten." (1)
Im Kern geht es bei dem EU-Gipfeltreffen also darum, wie angesichts
der finanziellen Engpässe infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise
dennoch die militärischen Kapazitäten ausgebaut werden können, die für
die Verwirklichung der EU-Weltmachtambitionen als notwendig erachtet
werden. Im Vorfeld war die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton damit
beauftragt worden, hierfür einen Vorschlagskatalog zu erarbeiten. Er
wurde in mehreren Durchläufen sowohl von den Mitgliedstaaten als auch
von der Brüsseler Bürokratie diskutiert und ergänzt und schließlich am
15. Oktober unter dem Titel 'Preparing the December 2013 European
Council on Security and Defence'(2) veröffentlicht. Wie die folgende
Auswertung dieses Papiers zeigen soll, hat sie damit dem Rat eine
ebenso umfassende wie gefährliche Militarisierungs-Agenda zur
Abstimmung vorgelegt.
Neues Militärisches Anforderungsprofil
Catherine Ashton sieht Gefahren aus buchstäblich allen thematischen
und geographischen Richtungen auf die Europäische Union zukommen:
Konkret benennt sie die bereits "länger existierenden" Bedrohungen
durch eine Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln (Proliferation),
Terrorismus, gescheiterte Staaten, regionale Konflikte und
"Organisierte Kriminalität". Hinzu kämen aber "neue
Sicherheitsbedrohungen", etwa Cyberangriffe und die Auswirkungen des
Klimawandels, aber auch "zunehmende Konflikte um Energie, Wasser und
andere Ressourcen." (S. 1) Dies alles erfordere, dass die Europäische
Union als "Sicherheitsdienstleister" (security provider) in ihrer
Nachbarschaft und bei den "Nachbarn der Nachbarn" agieren müsse,
"einschließlich durch direkte militärische Interventionen." (S. 2)
Für solche 'Nachbarschaftsinterventionen' gelte es, die entsprechenden
militärischen Fähigkeiten auszubauen: "Was die rasche militärische
Einsatzfähigkeit anbelangt, ist der Bedarf nach hochgradig
leistungsfähigen und interoperablen Truppen, die kurzfristig zur
Verfügung stehen, so groß wie noch nie." (S. 11) Dabei seien die
EU-Kampftruppen (Battle Groups) Einheiten, die innerhalb kürzester
Zeit für Militärinterventionen herangezogen werden können, weiter das
"militärische Flaggschiff". Allerdings gelte es, deren
"Einsatzfähigkeit zu verbessern" (S. 11). Um "Defizite zu
identifizieren und den künftigen Kapazitätsbedarf abzustecken", werde
aktuell der Kapazitätsentwicklungsplan (CDP) überarbeitet. Ferner
bedürfe es aber einer Aktualisierung des Militärischen Planziels
(Headline Goal), das Zielgrößen formuliert und des Kräftekatalogs
(Force Catalogue), der diese nach Ländern und Einheiten aufschlüsselt
(S. 16).
Neue Rüstungsprojekte
Vor allem vom Ausbau der europaweiten Rüstungskooperation durch die
gemeinsame Anschaffung und Nutzung von Militärgerät (Pooling &
Sharing) verspricht sich Ashton ‚Effizienzsteigerungen' für eine
‚Verbesserung' der militärischen Fähigkeiten: "Die Zusammenarbeit
erlaubt den Mitgliedsstaaten Kapazitäten gemeinsam zu entwickeln,
anzuschaffen, zu warten und zu verwenden und dabei den größtmöglichen
Nutzen aus Skaleneffekten zu ziehen und so die militärische
Effektivität zu vergrößern. [...] Es bedarf eines starken Impulses auf
Ebene des Europäischen Rates, um Pooling & Sharing sowohl in der
Verteidigungsplanung und im Entscheidungsprozess der Mitgliedsstaaten
zu verankern als auch um Schlüsselkapazitäten durch große
Kooperationsprojekte bereitzustellen." (S. 14f.)
Ein Kollateralschaden der europaweiten Rüstungskooperation zeichnet
sich bereits ab: Da gesichert werden soll, dass Staaten auf ‚gepoolte'
Kapazitäten zurückgreifen können, sofern sie sich zu einer
Militärintervention entschlossen haben, sucht die deutsche
Bundesregierung nun nach Wegen, diesen Bereich vom Parlamentsvorbehalt
auszunehmen. So heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag: "Deshalb
wollen wir eine Kommission einsetzen, die binnen Jahresfrist prüft,
wie auf dem Weg fortschreitender Bündnisintegration und trotz
Auffächerung von Aufgaben die Parlamentsrechte gesichert werden
können. Die Kommission wird darauf aufbauend Handlungsoptionen
formulieren."
Eines der wesentlichen "großen Kooperationsprojekte", die von Ashton
vorgeschlagen werden, ist die Entwicklung einer EU-Drohne (Remotely
Piloted Aircraft Systems, RPAS). Geld hierfür soll unter anderem aus
dem kommenden EU-Forschungshaushalt für die Jahre 2014-2020 (Horizon
2020) locker gemacht werden (S. 17).
Neue Finanzierungsoptionen
Auch wenn die EU-Rüstungsausgaben in keiner Weise einbrachen, wie uns
das Politik, Industrie und Militär versuchen einzureden, ist die
Finanzierung dieser militärischen Wunschlisten angesichts der knappen
Kassen in allen Mitgliedsländern eine überaus heikle und umstrittene
Angelegenheit. Bislang lassen sich z.B. nur kleine Teile der Ausgaben
eines EU-Militäreinsatzes aus einem gemeinsamen Haushalt (ATHENA)
finanzieren, in den alle Mitgliedsstaaten nach einem festen Schlüssel
einzahlen. Den Löwenanteil müssen diejenigen bezahlen, die die Kriege
auch mit ihren Truppen führen (‚costs lie where they fall'). Vielfach
wurde hier beklagt, dies trage nicht gerade zur Ermunterung bei, sich
an EU-Militär- und Kriegseinsätzen zu beteiligen, weshalb Ashton
fordert: "Auch wenn dies sensible Themen sind, mit Fragen der
Kostenteilung und gemeinsamen Finanzierung muss sich befasst werden,
möchte man die Beteiligung der Mitgliedsstaaten fördern." (S. 12)
Mit dem 'Anschubfonds' wurde bereits mit dem Vertrag von Lissabon die
Möglichkeit geschaffen, künftig eine Art EU-Rüstungshaushalt
aufzustellen - bis zu diesem Zeitpunkt war die Finanzierung von
militärrelevanten Aspekten aus dem EU-Haushalt im Prinzip verboten.
Allerdings scheinen eine Reihe von Ländern wenig Begeisterung zu
verspüren, in einen solchen EU-Militärhaushalt einzuzahlen, was Ashton
ausdrücklich bedauert: "Es gibt ein riesiges ungenutztes Potential des
Vertrags von Lissabon mit Blick auf die schnelle Verlegefähigkeit. Der
Vertrag erlaubt es, einen Anschubfonds aus Beiträgen der
Mitgliedsstaaten einzurichten, aus dem Aufgaben der Gemeinsamen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik finanziert werden, die nicht aus
dem EU-Haushalt bezahlt werden können. Allerdings gibt es bislang noch
keinen Konsens, solch einen Fonds aufzustellen." (S. 12) Aus diesem
Grund mahnt Ashton an, die Frage der gemeinsamen Finanzierung müsse
nun verstärkt auf Tapet gebracht werden und sie schlägt vor, die Liste
bereits heute finanzierbarer Maßnahmen deutlich auszuweiten.
Neue Militärpropaganda
Während die einzelnen Mitgliedsländer zwar an größeren militärischen
Fähigkeiten hochinteressiert sind, angesichts ihrer knappen Kassenlage
aber bestrebt sind, selbst möglichst wenig finanzielle Mittel hierfür
aufbringen zu müssen, bringen ihre jeweiligen Bevölkerungen hierfür
noch weniger Begeisterung auf. Angesichts des europaweiten Kahlschlags
bei den Sozialausgaben sind substanzielle Steigerungen der
Militärbudgets auf absehbare Zeit kaum zu bewerkstelligen. Selbst um
die Haushalte auf dem - hohen - Niveau zu stabilisieren, dürfte es
einiger Anstrengungen bedürfen. Und wie es im Kapitalismus nun einmal
so ist, wenn jemand ein schlechtes Produkt verkaufen will, an dem
niemand Interesse hat, muss er mehr in Werbung investieren, um es an
den Mann respektive die Frau zu bringen.
Zu diesem Zweck betonte Ashton schon in einer Rede im März 2013: "Aus
meiner Warte ist der Sicherheits- und Verteidigungssektor aus drei
Gründen notwendig: Erstens, um die Umsetzung der europäischen
Ambitionen auf globaler Ebene zu gewährleisten. Das zweite Argument
ist operativer Natur: Um zu gewährleisten, dass Europa über die
richtigen militärischen Fähigkeiten verfügt, um handlungsfähig zu
sein. Und der dritte Grund ist ökonomischer Natur: hier geht es um
Arbeitsplätze, Innovationen und Wachstum." Kurz gesagt argumentiert
die EU-Außenbeauftragte also, das Militär sei nicht nur für die
machtpolitischen Ambitionen und die Durchführung von Kriegseinsätzen
von Vorteil, sondern auch ein binnenwirtschaftlicher Segen.
Nun weiß Ashton selbst, dass diese Behauptungen Quatsch sind; und weil
dies auch die Mehrheit der EU-Bürger so sehen dürfte, kündigt sie in
ihrem Papier zum EU-Ratsgipfel eine 'Attraktivitätsoffensive' an: "Es
ist wichtig der Öffentlichkeit zu kommunizieren, dass Fragen der
Sicherheit und Verteidigung heute von Bedeutung sind und sie für ihren
künftigen Wohlstand wichtig sein werden, auch wenn unsere Bürger nicht
notwendigerweise immer eine unmittelbare äußere Gefahr sehen müssen.
Die Staats- und Regierungschefs sind genau die richtigen, um diese
Botschaft einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln und wir sollten
diese Gelegenheit nicht verpassen." (S. 13)
Mit anderen Worten steht auf der Agenda des Gipfels nicht nur eine
Forcierung der Militarisierung, sondern auch der
Militarisierungs-Propaganda!
(Text vom 18.Dezember 2013)
*
Quelle: http://www.imi-online.de/2013/12/18/europas-ruestungsgipfel/
Anmerkungen:
(1)
http://www.european-council.europa.eu/council-meetings?meeting=257508dc-b1e7-4f58-914e-4bbaebf37e47&tab=SecurityAndDefence&lang=de#t2
(2) http://www.eeas.europa.eu/statements/docs/2013/131015_02_en.pdf
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