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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Dezember 2013; 16:46
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Glosse/Gewerkschaft:

> Buehnenshow statt Betriebsraet_innenkonferenz

An der Angehobenheit der Gewerkschaftsspitze duerfte sich nichts
geaendert haben -- zumindest nicht im BAGS-Bereich.
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Am 4. Dezember lud die GPAdjp die Betriebsraet_innen des Sozial- und
Gesundheitsbereichs bundesweit zu einer sogenannten Konferenz ins Haus
der Begegnung Wien XV ein. Bundesweit wurden Busse organisiert, die
Gewerkschaft hatte massiv mobilisiert, schliesslich haben sich ueber
600 Betriebsraet_innen an der Veranstaltung beteiligt. Die
Gewerkschaftsspitzen und Kollektivvertragsverhandler_innen
praesentierten ihre Forderungen fuer den neuen Jahresabschluss des
BAGS-Kollektivvertrages, im Rahmenrecht soll unter anderem die volle
Anrechnung der Elternkarenzzeit gefordert werden. In Bezug auf die
Gehaltserhoehung wollte man sich noch nicht auf konkrete Zahlen
festlegen. Etwa drei Stunden lang wurden wir Betriebsraet_innen von
der Buehne herab mit Informationen und einer Diskussionsrunde
konfrontiert, zwischendurch hoerten wir immer wieder ein paar Lieder
von einer Live-Band. Wir Betriebsraet_innen kamen nicht zu Wort, es
wurde nicht mit uns diskutiert! Statt eine Debatte zuzulassen, wurde
die Zeit lieber mit Musik gefuellt, Platz fuer Kritik oder inhaltliche
Fragen war nicht vorgesehen.

Statt mit uns anwesenden Betriebsraet_innen ueber unsere Beduerfnisse
und Sichtweisen zu diskutieren, wurden uns Ergebnisse einer Umfrage
unter Betriebsraet_innen des Sozial- und Gesundheitswesens
vorgetragen, anhand dieser Umfrage wurde uns Betriebsraet_innen
erklaert, was uns wichtig ist. Darueber, was uns nach dieser Umfrage
so wichtig sein soll, wurde aber kein direktes Gespraech mit uns
gesucht. Wir waren Gaeste einer knapp dreistuendigen Buehnenshow mit
Musikeinlagen.

Die Vortragenden machten uns darauf aufmerksam, dass es erforderlich
werden koennte, begleitend zu den KV-Verhandlungen Protestmassnahmen
im oeffentlichen Raum und in den Betrieben zu planen und
durchzufuehren. Genau dazu waeren wir als Betriebsraet_innen gefragt.
Die KV-Verhandler_innen erklaerten uns ihre Forderungen, die mit uns
nicht abgestimmt wurden, liessen sich dafuer applaudieren, nannten
Aktionsbeispiele der Vergangenheit und appellierten an uns aktiv zu
werden, sollten sie es fuer sinnvoll erachten, die Verhandlungsrunden
durch oeffentliche und innerbetriebliche Aktivitaeten zu
unterstuetzen.

Fuer mich bedeutet das, dass mir die Gewerkschaftsfunktionaer_innen
ev. einen Zeitplan und Aktionsvorschlaege unterbreiten werden und ich
in dem Betrieb, in dem ich beschaeftigt bin, meine Kolleg_innen
motivieren soll, sich aktiv an Aktionen zu beteiligen, Ueber die
Inhalte entscheide ich aber nicht mit und ueber Details der
Verhandlungsrunden werde ich wohl auch nicht informiert werden. Die
Gewerkschaftsspitze hat uns versammelt um uns darauf einzustimmen,
wann und zu welchen Bedingungen wir Basisarbeit zu leisten haetten.
Meine persoenliche Vermutung ist, dass sich die Gewerkschafter_innen
auf der Buehne keinen kritischen Auseinandersetzungen stellen wollten.

Wie die oeffentliche Hand zwingen?

Als Betriebsraetin der Lebenshilfe Salzburg weiss ich aber auch nicht
genau, warum ich fuer einen hervorragenden KV-Abschluss kaempfen soll,
wenn der Kollektivvertrag vom Land Salzburg als Finanzierungsbasis
nicht anerkannt wird. Private Sozialeinrichtungen, die von der
oeffentlichen Hand finanziert werden, muessen zwar laut
Kollektivvertrag Gehaelter und Loehne bezahlen, bekommen aber oft
genug nicht die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfuegung
gestellt. In Salzburg argumentiert das Land damit, dass es den
KV-Abschluss nicht mitverhandelt hat, dieser damit auch nicht als
Finanzierungsbasis heranzuziehen ist.

Wenn die Kosten der Gehaltserhoehung von der oeffentlichen Hand nicht
gedeckt werden, hat dies schleichenden Personalabbau sowie geringe
Einstiegsgehaelter, die auch nicht rasend wachsen, zur Folge. Alleine
in der Lebenshilfe Salzburg sind ueber 700 Mitarbeiter_innen
betroffen, die zu miserablen Gehaltsbedingungen angestellt sind und
werden, dazu kommt, dass ein grosser Teil der Angestellten
teilzeitbeschaeftigt ist.

Die Gewerkschaft gibt mir keine Antwort auf die Frage, was sie zu tun
gedenkt, um den Kollektivvertrag politisch bei den
Entscheidungstraeger_innen der Laender durchzusetzen. Diese Frage
haette nicht nur ich gerne auf dieser sogenannten Konferenz gestellt,
die Gewerkschaftsspitzen aber haben sich lediglich von uns feiern
lassen. Ich orte hier schon einen Zusammenhang mit einem
grundsaetzlichen Rollenkonflikt, wenn Gewerkschafter_innen in zweiter
Funktion auch noch politische Aemter bekleiden.

Die Gewerkschaft kann die Betriebe dazu zwingen, nach Kollektivvertrag
zu bezahlen, die Geschaeftsfuehrer_innen der Betriebe koennen aber die
Laender nicht dazu zwingen, die finanziellen Mittel bereit zu stellen.
Schlechte Arbeitsbedingungen, die geringstmoegliche Bezahlung und
Personalknappheit sind unter anderem auch die Folgen einer
Gewerkschaftspolitik, die sich fuer KV-Verhandlungen und -Abschluesse
gerne feiern laesst, aber nicht bereit oder in der Lage ist, diese der
oeffentlichen Hand gegenueber durchzusetzen.

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich an einer
Betriebsraet_innenkonferenz teilgenommen, in der mit uns
Betriebsraet_innen nicht geredet wird, jene Kolleg_innen, mit denen
ich im Anschluss diskutiert habe, waren ueber die praesentierte
Buehnenshow genauso enttaeuscht und frustriert wie ich.
*Rosalia Krenn*


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