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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. November 2013; 13:36
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Oe/Kapitalismus:
> Lenzing AG: "Menschenverachtender Wahnsinn"
Die Ankuendigung des Managements der Lenzing AG hat es in sich. Im 
gesamten Konzern sollen 900 Arbeitsplaetze "abgebaut" werden, alleine 
am Standort Lenzing in Oberoesterreich wackeln bis zu 700 
Arbeitsplaetze, fast ein Viertel der dortigen Belegschaft. Was ist 
passiert? Ist der Viskosefaserkonzern in die roten Zahlen 
geschlittert, steht er am Rand der Pleite? Mitnichten. Die Lenzing AG 
hatte 2011 und 2012 die beiden besten Jahre ihrer Firmengeschichte. 
2011 war das absolute Rekordjahr des Konzerns. Der Umsatz kletterte 
auf 2,14 Milliarden und hatte sich damit innerhalb eines Jahrzehnts 
mehr als verdreifacht. Auch 2012 lag der Umsatz mit 2,1 Mrd. nur knapp 
unter 2011. Auch die Gewinne sprudelten reichlich: Auch hier war 2011 
mit einem Jahresueberschuss von 267,4 Millionen absolute Spitze und 
2012 mit 181 Millionen das zweitbeste Jahr in der bisherigen 
Firmengeschichte. Die Dividenden an die Aktionaere flossen ebenfalls 
reichlich. Alleine 2012 wurden rd. 39% des Gewinns an die Aktionaere 
ausgeschuettet.
Nun zeichnet sich nach dem dritten Quartalsergebnis fuer 2013 zwar ab, 
dass die beiden Rekordjahre 2011 und 2012 nicht mehr erreicht werden 
koennen, von roten Zahlen aber keine Spur: Das Umsatzergebnis fuer 
2013 wird bei rund 1,9 Mrd. liegen (Ende 3. Quartal: 1,45 Mrd.), der 
Jahresueberschuss liegt schon am Ende des 3. Quartals bei 86 Millionen 
Euro (Quelle: Geschaeftsberichte der Lenzing AG).
Wer hat da "Speck angesetzt"?
Was ist die Begruendung des Vorstands fuer diese Massenentlassungen? 
Das Unternehmen habe "Speck angesetzt", laesst Vorstandschef 
Untersperger den Beschaeftigten via Medien ausrichten. Das nennt man 
Chuzpe. Im Rekordjahr 2011 setzte Untersperger sein Salaer (inkl. 
Dividenden) von 1,18 Millionen auf 2,7 Millionen in die Hoehe - ein 
Einkommenszuwachs von satten 296%. Das entspricht in etwas dem 
90-Fachen eines durchschnittlich verdienenden Lenzing-Mitarbeiters. 
Wer hat da wirklich "Speck angesetzt"? Damit nicht genug: Just zu dem 
Zeitpunkt, zu dem 900 MitarbeiterInnen der Laufpass gegeben werden 
soll, will man den Vorstand um ein viertes Mitglied aufstocken. Es 
wundert nicht, dass der Betriebsratsvorsitzender Rudolf Baldinger von 
"massiver Wut" (OOeN, 19.11.2013) unter den Lenzing-MitarbeiterInnen 
spricht.
Einige Berechnungen sind aufschlussreich: Die Personalkosten fuer jene 
900 ArbeiterInnen, die gekuendigt werden sollen, belaufen sich auf 
rund die Haelfte dessen, was 2011 an Dividende an die Aktionaere 
ausgeschuettet wurde. Auch der prognostizierte Gewinn fuer 2013 liegt 
deutlich ueber dem Doppelten der Personalkosten fuer diese 900 
Beschaeftigten. Die Eigentuemer haben bereits angekuendigt, dass sie 
fuer 2013 keineswegs auf ihre Dividenden verzichten wollen. 
Mehrheitseigentuemer der Lenzing AG ist die B & C Privatstiftung, die 
gemeinsam mit ihren direkten bzw. indirekten Tochtergesellschaften 
einen Anteil von 60% der Stimmrechte haelt. Der Stiftungszweck dieser 
Privatstiftung mutet angesichts des geplanten Kahlschlags wie ein Hohn 
an: "Sicherung des Fortbestands und die Foerderung des Wachstums 
grosser, oesterreichischer Unternehmen als Kernaktionaer, sowie die 
Investition freier Dividendenertraege in die Staerkung und den Ausbau 
der bestehenden Kernbeteiligungen sowie in neue Beteiligungen." 
Letztbeguenstigter dieser Privatstiftung ist die italienische 
Unicredit-Bank, an die die ehemals staatliche Bank-Austria, der 
fruehere Eigentuemer der Lenzing AG, verkauft worden ist.
Kahlschlag gefaehrdet das ganze Unternehmen
Diese Massenentlassungen waeren eine Katastrophe fuer die Betroffenen 
und die gesamte Region. Durch den Arbeitsplatzverlust bei Lenzing 
wuerde die Zahl der Arbeitslosen im Raum Voecklabruck um 20% in die 
Hoehe schnellen. Dieser Kahlschlag gefaehrdet aber auch das 
Unternehmen in seiner Substanz. Betriebsrats-Vorsitzender Rudolf 
Baldinger: "Wir sind voll ausgelastet, und in produktionsnahen 
Bereichen fehlen Leute. Kommt es zu einem Personalabbau, koennen wir 
die Produktion und die Qualitaet nicht aufrechterhalten" (OOeN, 
19.11.2013).
In einem Offenen Brief erhebt der Betriebsrat daher massive Vorwuerfe 
an die Geschaeftsfuehrung: "Obwohl noch vor fuenf Wochen oeffentlich 
erklaert wurde, dass nach den Einsparungsmassnahmen 97 % der 
Arbeitsplaetze sicher waeren (Vorstandsvorsitzender Dr. Peter 
Untersperger bei einer Vorstandsinfo am 8.10. d.J., vor ueber 1000 
MitarbeiterInnen), wurde der Betriebsrat in der Vorwoche darueber 
informiert, dass bis zu 700 Arbeitsplaetze am Standort Lenzing und 
weitere 200 Arbeitsplaetze weltweit abgebaut werden sollten. Diese - 
von einer in diesem Fall offensichtlich chaotisch arbeitenden 
Beraterfirma - vorgeschlagenen Zahlen sind voellig ueberzogen. Damit 
wird nicht nur der Standort Lenzing, sondern die gesamte Lenzing 
Gruppe in ihrem Bestand gefaehrdet. ... Durch die zeitliche 
Ueberschneidung der Organisationsaenderung mit den Einsparungsvorhaben 
ist ein voelliger Stillstand zu befuerchten. Wir sind davon 
ueberzeugt, dass dieser menschenverachtende Wahnsinn das Ende von 
Lenzing bedeuten kann."
(Solidarwerkstatt/gek.)
Quelle:
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&task=view&id=956&Itemid=1
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