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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. November 2013; 13:51
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Buecher:
> Marxismus und Psychoanalyse
Helmut Dahmer,
Pseudonatur und Kritik.
Freud, Marx und die Gegenwart.
Verlag Westfaelisches Dampfboot
Muenster 2013, 415 Seiten, EUR 39,90
ISBN: 978-3-89691-943-4
Die buergerliche Gesellschaft steckt voller Raetsel. Teil des
Befreiungskampfes ist es, diese Raetsel zu knacken. Helmut Dahmer
gelingt dies mit seinem Buch in eindrucksvoller Weise.
Er beginnt mit der "Kritik": "Kritik gilt gesellschaftlicher
Herrschaft, die als "Natur" erscheint" (S.9). Die Psychoanalyse Freuds
erhellt das, was in der Psyche und im gesellschaftlichen Leben als
"fremd" erscheint. "Dass wir selbst die Raetsel-Sphinx sind, die uns
den Geschichtsweg versperrt, und dass das Unheil, das uns trifft, der
Bewusstlosigkeit unserer Praxis entspringt, ist die Lehre des
Oedipus"(S. 36).
Obwohl sich der buergerliche Theoretiker Freud nicht aller
Implikationen seines Schaffens bewusst war -- gelegentlich
miss/verstand er die Psychoanalyse als "Naturwissenschaft" -- eignet
sich diese auch als kritische Gesellschaftstheorie. Freuds
"Massenpsychologie und Ich-Analyse" ist immens wichtig fuer das
Verstaendnis faschistischer Massenbewegungen. In " Die Zukunft einer
Illusion" geht er hart mit der Religion ins Gericht. An manchen
Stellen liest sich das Buch fast wie eine Revolutionstheorie: "Es
braucht nicht gesagt zu werden, dass eine Kultur, welche eine so
grosse Zahl von Teilnehmern unbefriedigt laesst und zur Auflehnung
treibt, weder Aussicht hat, sich dauernd zu erhalten, noch es
verdient" (S. 65).
Spannend auch die ideengeschichtlichen Reflexionen Dahmers, wo er
zeigt, wie viel "Vorarbeit" fuer die Psychoanalyse bereits von
Schelling und Nietzsche geleistet wurde (S. 10ff).
Marx dechiffrierte in seiner Kritik der Politischen Oekonomie die
Verdinglichung, die Naturalisierung oekonomischer Verhaeltnisse und
die sie behandelnden oekomischen Kategorien. Am praegnantesten in dem
beruehmten Kapitel des 1. Bands des "Kapital" ueber den "Fetischismus
der Ware und sein Geheimnis".
Besonders wichtig ist, dass in das vorliegende Buch der Artikel
"Kapitalakkumulation und Krise" (S. 327ff) aufgenommen wurde. Bis zum
heutigen Tag herrscht totale Verwirrung ueber die wirklichen
Krisenursachen des Kapitalismus. Bis tief in die Linke hinein, werden
gaenzlich oberflaechliche Phaenomene als Erklaerungsmuster
hergenommen -- bei Linken zumeist keynesianische Deutungsschemata.
Umso erfrischender ist es, bei Dahmer u.a. zu lesen: "Die
kapitalistische Krise ist Verwertungskrise; ihre letzte Ursache ist
defizitaere Mehrwertproduktion. Sie ist in eins Manifestation und
Korrektiv des tendenziellen Falls der Profitrate" (S. 335).
Der Stalinismus hat in der Sowjetunion der Revolution den Garaus
gemacht und die internationale ArbeiterInnenbewegung an das "Moskauer
Zentrum" gefesselt und so eine lange Serie von Niederlagen
mitverursacht: Deutschland 1933, Spanien 1936 --1939, Griechenland am
Ende des 2.Weltkriegs etc.
Trotzki und die Linksopposition nahmen die herkulische Herausforderung
an, "gegen den Strom zu schwimmen". Bei aller revolutionaerer
Zuversicht wagte Trotzki 1939 auch eine pessimistische Prognose. "Wenn
das Weltproletariat wirklich unfaehig ist, die Mission zu erfuellen,
die ihm der Gang der Geschichte auferlegt hat, dann waere offenbar ein
neues 'minimales' Programm notwendig -- zum Schutz der Interessen der
Sklaven einer totalitaeren buerokratischen Gesellschaft" (S 385).
Damit diese tragische Denkvariante nicht Wirklichkeit wird, gilt es
praktisch einzugreifen -- durchaus theoretisch fundiert. Das Buch
Dahmers liefert dazu einen wichtigen Beitrag.
Eine solidarisch-kritische Anmerkung sei mir gestattet. Dahmers Diktum
ueber den "Anti-Psychologen Marx" (S. 338) erscheint mir doch zu
apodiktisch. Sicher hat sich Marx nie als "Psychologe" betaetigt. Aber
in Werken wie "Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte" findet sich
einiges an "politischer Psychologie"; ebenso in seinen Artikeln zu den
neapolitanischen lazzoroni, Lumpenproletariern, die bereit waren,
jedem Populisten hinterherzulaufen.
*Hermann Dworczak*
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