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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. November 2013; 06:34
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Kapitalismus:
> Europaeische Kampagne zur Finanztransaktionssteuer
http://www.financialtransactiontax.eu/
Die Verhandlungen ueber die Finanztransaktionssteuer (FTS) in elf 
europaeischen Laendern gehen in die entscheidende Phase. Doch der 
Finanzsektor blaest seit Monaten zum Grossangriff gegen die Steuer mit 
dem Ziel den Gesetzesentwurf der EU-Kommission moeglichst stark zu 
verwaessern. Am 8. November startete daher eine europaeische Kampagne. 
Unter der URL findet sich eine englischgehaltene Site, wo die Menschen 
in Europa die Moeglichkeit haben, ihren Regierungschefs und 
Finanzministern aufzufordern dem Druck der Finanzlobbys nicht 
nachzugeben und eine effektive Steuer umzusetzen. Die Kampagne wurde 
von Arbeiterkammer und OeGB initiiert und wird von zahlreichen 
Organisationen aus ganz Europa unterstuetzt.
(Attac/akin)
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> FSI: Schattenfinanzplaetze boomen weiter
Oesterreich weiter unter den intransparentesten Finanzplaetzen der 
Welt
Korruption, Geldwaesche, Steuerhinterziehung und Steuerflucht, Betrug, 
Insiderhandel und Bestechung - das sind die Folgen eines grossteils 
intransparenten globalen Finanzsystems. Der am 7.November - nach 2009 
und 2011 zum dritten Mal - veroeffentlichte Schattenfinanzindex 
(Financial Secrecy Index, FSI) des internationalen Tax Justice 
Networks belegt, dass die Schattenfinanzwirtschaft weiter boomt. Der 
Index ist die weltweit groesste Untersuchung dieser Art und listet 82 
Finanzzentren nach dem Grad ihrer Geheimhaltung und ihrem Anteil am 
Weltmarkt fuer grenzueberschreitende Finanzdienstleistungen auf.
Strenge Bankgeheimnisse (wie in Oesterreich, Luxemburg oder der 
Schweiz), intransparente Eigentuemerstrukturen bei Trusts, 
Treuhandschaften oder Stiftungen sowie mangelnde Kooperation der 
Behoerden kennzeichnen weiterhin die schwarzen Loecher im 
internationalen Finanzsystem. "Trotz wachsender oeffentlicher Kritik 
und verbesserter Bemuehungen (1) der G20, der EU oder der OECD sind 
wir Lichtjahre von effektiven Loesungen entfernt. Hunderte Milliarden 
Dollar fuer oeffentliche Leistungen gehen den Staaten jaehrlich durch 
Schattenfinanzplaetze verloren (2)", erklaert FSI-Forschungsleiter 
Markus Meinzer vom Tax Justice Network.
Bemerkenswert: 13 der Top 21-Laender des Index sind OECD-Staaten oder 
von einem Mitglied abhaengige oder kontrollierte Gebiete. Es liegt 
also nicht nur an den ueblichen Verdaechtigen in der Karibik, die 
Probleme zu loesen, sondern vor allem an den politisch maechtigsten 
Staaten. "Zwischen den Ankuendigungen der OECD-Laender und deren 
tatsaechlicher Umsetzung klafft noch immer eine riesige Luecke", 
kritisiert Martina Neuwirth, VIDC (Wiener Institut fuer 
Internationalen Dialog und Zusammenarbeit). "Der automatische 
Informationsaustausch ist nicht einmal innerhalb der EU allgemeiner 
Standard. Die Beguenstigten von Stiftungen, Trusts und 
(Schein-)Unternehmen werden in den meisten Laendern in keinen 
oeffentlichen Registern aufgefuehrt. Nach wie vor dominiert 
Steuerwettbewerb statt Steuerkooperation. Aber im Kampf gegen 
Steuerflucht, Geldwaesche und Korruption braucht es eine effektive 
internationale Zusammenarbeit zwischen Justiz- und Steuerbehoerden."
David Walch von Attac Oesterreich erklaert: "Wie so oft ist die 
Loesung des Problems nicht nur eine Frage von Expertise und guten 
Vorschlaegen sondern von oeffentlichem Druck. Denn keine Gruppe ist 
reicher und einflussreicher als die Profiteure und Beschuetzer dieses 
Systems. Jede Regulierung ist daher gleichzeitig ein Test fuer unsere 
Demokratien."
Auf den ersten Plaetzen: Verbuendete Oesterreichs
An den ersten beiden Stellen des FSI liegen die Schweiz und 
Luxemburg - beides Laender, mit denen sich Oesterreich im Kampf gegen 
mehr Transparenz gerne verbuendet (siehe unten). Trotz 
Verbesserungen - etwa beim Bankgeheimnis insbesondere gegenueber den 
USA - ist die topplatzierte Schweiz weiterhin Speerspitze gegen 
internationale Bemuehungen fuer mehr Transparenz. Auf Platz zwei liegt 
Luxemburg, das mit einem giftigen Cocktail aus Geheimhaltung, 
Steuerschlupfloechern und schwacher Finanzregulierung eine riesige 
Offshore-Finanzdienstleistungsbranche bedient.
Grossbritannien "versteckte" Nummer Eins
Grossbritannien liegt zwar nur auf Platz 21, ist jedoch - allen 
Beteuerungen zum Trotz - die versteckte Nummer eins der 
Schattenfinanzwelt, wie das Tax Justice Network betont. Die City of 
London unterstuetzt und kontrolliert ein Netz von Verdunkelungsoasen 
auf der ganzen Welt, unter anderem die Cayman Islands (4.), Jersey 
(9.), Bermuda (14.) und Guernsey (15.). Dieses Netz wuerde 
zusammengenommen unangefochten Platz eins einnehmen (3).
Hong Kong und Singapur, zwei rivalisierende und rasch wachsende 
Verdunkelungsoasen, liegen auf Platz 3 und 5 des Index, gefolgt von 
den USA und dem "Aufsteiger" Libanon. Bemerkenswert auch der 8. Platz 
Deutschlands, verursacht grossteils durch den mangelhaften Austausch 
steuerrelevanter Informationen und der grossen Bedeutung als 
Finanzplatz.
Oesterreich auf Platz 18
Oesterreich liegt im Ranking auf dem 18. Platz. Es erfuellt nur eine 
von fuenfzehn Transparenz-Anforderungen des Tax Justice Networks 
vollstaendig, fuenf gar nicht und neun nur teilweise. Oesterreich ist 
eines von zwei EU-Laendern, die weiterhin am Bankgeheimnis festhalten 
und nicht am automatischen Informationsaustausch in der EU teilnehmen. 
Damit behindert die oesterreichische Regierung weiterhin das Verfolgen 
von aus- und inlaendischen SteuerbetruegerInnen. Zudem arbeitet 
Oesterreich Hand in Hand mit den Top-Schattenfinanzzentren Schweiz und 
Luxemburg, um weitere internationale Fortschritte in dieser Frage zu 
blockieren. "Oesterreich darf dem automatischen Informationsaustausch 
und der Verbesserung der EU-Zinssteuer-Richtlinie (4) nicht laenger im 
Weg stehen. Das Bankgeheimnis muss endlich abgeschafft und ein 
zentrales Bankkonten-Register geschaffen werden. Damit haetten aus- 
und inlaendische Steuer- und Justizbehoerden endlich wirksame 
Instrumente zur Betrugsbekaempfung in der Hand", erklaert Martina 
Neuwirth.
Der Schattenfinanzbericht kritisiert ausserdem, dass die 
wirtschaftlichen Beguenstigten von Stiftungen, 
Trusts/Treuhandvereinbarungen und Unternehmen nicht immer bekannt 
sind. Selbst dort, wo oeffentliche Register existieren, erschweren 
Kosten den Zugang. Ueberhaupt nicht registriert werden muessen 
auslaendische Trusts, deren oesterreichische TreuhaenderInnen sowie 
Treuhandschaften ohne beteiligte NotarInnen oder AnwaeltInnen. "Die 
Regierung kritisiert zwar zu Recht anonyme Trusts und 
Briefkastenfirmen auf den britischen Kanalinseln oder den Caymans, ist 
aber selbst nicht bereit hier voellige Transparenz herzustellen", 
kritisiert David Walch.
Ebenso fehlen EU-weit, und damit auch in Oesterreich, verbindliche 
Transparenzregeln fuer alle international taetigen Unternehmen, damit 
diese ihre Gewinne und Steuerzahlungen laenderweise ausweisen. Das 
wuerde Laendern ausserhalb der EU, insbesondere Entwicklungslaendern, 
ebenfalls zugute kommen. Solche Regeln soll es in der EU ab 2015 
immerhin fuer Banken und Unternehmen im Rohstoff- sowie 
Tropenholzbereich geben.
Das Tax Justice Network notiert jedoch auch einige Verbesserungen in 
Oesterreich: Am wichtigsten ist dabei die im Mai 2013 unterzeichnete 
Konvention des Europarates/der OECD ueber die gegenseitige Amtshilfe 
in Steuersachen, welche allerdings noch nicht ratifiziert wurde. Seit 
2011 muessen Stiftungen immerhin den Steuerbehoerden die Identitaet 
jedes/jeder nicht in der Stiftungsurkunde genannten Beguenstigten 
offenlegen. Das gilt auch fuer vor 2011 gegruendete Stiftungen.
(Attac)
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Anmerkungen:
(1) Die G-20 haben 2013 beschlossen, den automatischen 
Informationsaustausch der Steuerbehoerden (AIA) als globalen Standard 
umsetzen zu wollen. Mehr und mehr Laender treten der multilateralen 
Konvention des Europaeischen Rats/der OECD bei, welche die 
gegenseitige Amtshilfe in Steuerangelegenheiten regelt. Auch die 
EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie und der "Foreign Account Tax Compliance 
Act" (FATCA) der USA machen Fortschritte - leichte Verbesserungen gibt 
es auch bei den Offenlegungspflichten fuer Konzerne in der EU.
(2)Eine 2012 publizierte Studie des Tax Justice Networks zeigt, dass 
21 bis 32 Billionen Dollar an privatem Finanzvermoegen offshore 
gehalten wird. 7 bis 9 Billionen Dollar davon stammen aus sogenannten 
Entwicklungslaendern. Die Weltbank schaetzt, dass bis zu 1,6 Billionen 
US-Dollar jaehrlich illegitim ueber Grenzen hinweg verschoben werden. 
Nach Angaben des Tax Justice Networks entgehen den Staaten jaehrlich 
ungefaehr 250 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen, weil reiche 
Personen und Unternehmen Vermoegen ins Ausland transferieren. Laut 
Berechnungen der Afrikanischen Entwicklungsbank und Global Financial 
Integrity verliessen 1,4 Billionen Dollar an Kapital seit 1980 den 
afrikanischen Kontinent, meist handelt es sich um illegale Abfluesse, 
die nie versteuert wurden.
(3) Siehe: The British Connection:
http://www.financialsecrecyindex.com/faq/britishconnection
(4) Die EU Zinsrichtlinie trat 2005 in Kraft und sieht vor, dass 
EU-Mitgliedsstaaten einander automatisch Auskuenfte ueber 
Zinszahlungen an auslaendische Zahlungsempfaenger erteilen 
(ausgenommen Oesterreich und Luxemburg). Die EU-Kommission moechte die 
Anwendung auf Veraeusserungsgewinne, Lizenzen und Dividenden 
ausweiten. Oesterreich will jedoch erst das Ergebnis der 
EU-Verhandlungen mit Drittstaaten wie der Schweiz, Liechtenstein oder 
Monaco abwarten, ehe es dieser Reform der Richtlinie zustimmt. 
Generell waere eine Ausweitung der Zinsrichtlinie auf alle Arten von 
Kapitaleinkommen wuenschenswert.
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Weitere Hintergrundinformationen zum Schattenfinanzindex:
Das komplette Ranking mit Details zu den Top Ten und Links zu 
ausfuehrlichen Laenderberichten (deutsch):
http://www.attac.at/uploads/media/Schattenfinanzindex_2013_Das_Ranking.pdf
Umfassender Detailbericht Oesterreich (deutsch):
http://www.attac.at/uploads/media/Oesterreich_im_Schattenfinanzindex_2013.pdf
Hintergrundinformation: "Was ist der Schattenfinanzindex" mit 
technischen Details (deutsch):
http://www.attac.at/uploads/media/Was_ist_der_Schattenfinanzindex.pdf
Offizielle Website zum FSI mit allen Informationen (englisch):
http://www.financialsecrecyindex.com
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