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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. November 2013; 06:29
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Kapitalismus/Asyl:

> Arbeitspflicht fuer Schubhaeftlinge

G4S uebernimmt nur den Wachdienst im Schubhaftzentrum Vordernberg,
Instandhalten muessen die Insassen ihr Gefaengnis selbst.
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Das Innenministerium hat ja nun nach laengerem Zoegern die Vertraege
zum Schubhaftzentrum Vordernberg offengelegt. Sagt das
Innenministerium. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit:
Veroeffentlicht wurde bislang (Stand 11.11. abends) offensichtlich nur
der Vertrag zwischen dem BMI und der Gemeinde Vordernberg, in dem
Vordernberg als Auftragnehmer der Republik Oesterreich gefuehrt wird.
G4S fungiert hier also nur als Subunternehmer Vordernbergs.

Allerdings wurde jene Fassung vom Maerz 2013 des vorgesehenen Vertrags
mit dem (offiziell noch potentiellen) Subunternehmer vom
Wordpress-Blog "Vordernbergwiki" geleakt. Es ist anzunehmen, dass
dieser Entwurf, der ja Teil der Ausschreibungsunterlagen war, nicht
viel vom endgueltigen Vertrag abweicht -- ausser dass darin natuerlich
der Sub-Auftragnehmer G4S namentlich genannt sein wird.

Einiges ist zu bekritteln an diesem Vertrag. Der wohl auffallendste
Unterschied zum Vertrag zwischen Gemeinde und Republik einerseits und
jenem zwischen Gemeinde und G4S andererseits ist, wer fuer die
Servicearbeiten im Haus zustaendig ist. Im Republiksvertrag steht:
"Der AN [Auftragnehmer, hier ist die Gemeinde Vordernberg gemeint] ist
zum Winterdienst auf dem Gelaende des Zentrums verpflichtet" und
diesem obliege auch die Reinigung, Sauberkeit und Hygiene sowie die
Abfallentsorgung (S. 9). Weiters wird vertraglich genau definiert, was
wie sauber zu halten sei. Wer konkret zu Putzen und zu Schneeschaufeln
habe, steht allerdings nicht im Republiksvertrag. Der Entwurf zum
G4S-Vertrag ist da praeziser: "Darueber hinaus beaufsichtigt der AN
[hier ist der Sub-Auftragnehmer, also G4S gemeint] interne reinigungs-
und winterdienstliche Taetigkeiten sowie Instandhaltungsarbeiten,
welche durch Angehaltene erbracht werden." (S. 10) Und: "Fuer die
allgemeine Sauberkeit in den Raeumen sind den Angehaltenen vom AN
zusaetzlich geeignete Reinigungsutensilien in ausreichender Anzahl zur
Verfuegung zu stellen (Muelleimer, Besen, Schaufel, Reinigungsmittel,
etc.)"

Dabei ist anzumerken, dass Schubhaeftlinge keine Strafgefangenen sind,
also keiner Arbeitspflicht unterliegen. Praktisch kann aber ein
Wachdienst, der zur Beaufsichtigung dieser Arbeiten verpflichtet ist,
sicher dafuer sorgen, dass die Haeftlinge diese Arbeit erledigen.
Dadurch wird selbstverstaendlich die Verwaltung des Gefaengnisses
billiger.

Ein weitere spannende Frage ist in diesem Zusammenhang natuerlich
auch, wer die Bewacher von G4S selbst kontrolliert. Das BMI behauptet
ja, dass G4S nur Dienstleistungen erbringen wuerde und keinesfalls das
Abschiebezentrum leite. So steht es in der Praeambel des Vordernberger
Subunternehmervertrags: "Der AN [die Gemeinde] wird bei Eignung der
vorgeschlagenen MitarbeiterInnen die Vorschlaege des AG [also G4S] im
groesstmoeglichen Ausmass beruecksichtigen. Dies gilt nicht fuer den
Leiter des Schubhaftzentrums und seinen Stellvertreter fuer die
vertragsgegenstaendlichen Leistungen. Die Auswahl des Leiters und
seines Stellvertreters erfolgt ausschliesslich durch den AN. Der AG
sichert dem AN zu, dass saemtliche die Personalauswahl betreffende
Angelegenheiten geheim zu halten sind."

Ansonsten gibt es noch eine Menge Ungereimtheiten, nachzulesen sind
sie auf erwaehntem Vordernberg-Blog. Bleibt nur zu hoffen, dass die
Volksanwaltschaft, die ja nun beschlossen hat, die Vertraege zu
pruefen, auch den Vertrag zwischen der Gemeinde und G4S unter die Lupe
nehmen kann und nicht nur den Republiksvertrag.
*Bernhard Redl*


Weitere Infos: http://vordernbergwiki.wordpress.com

Nachtrag 12.11. nach Redaktionsschluss: Mittlerweile hat die Gemeinde
den fertigen Vertrag mit G4S offengelegt. Prima vista weicht er wie
erwartet kaum vom Entwurf ab. Auch dieser Vertrag ist auf dem
Vordernberg-Blog nachzulesen.



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