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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 16. Oktober 2013; 17:32
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Letzte Worte:

> ich fuerchte mich

anfang oktober gab es einen raucher-flashmob am stephansplatz – ein
protest in einem verteilungskampf, da sich der rauchende teil der
bevoelkerung immer mehr aus dem oeffentlichen leben gedraengt fuehlt.
fuer die akin gestaltete ich letzte woche einen rundblick ueber alle
moeglichen manifestationen der juengsten zeit zu verschiedenen themen.
den raucher-flashmob aber erwaehnte ich nicht, obwohl als raucher in
meinem ureigensten interesse gelegen.

nach erscheinen der akin fragte ich mich, warum ich diesen flashmob
"vergessen" hatte. die antwort war erschreckend: ich habe mich
gefuerchtet, die aktion zu erwaehnen. aber warum? und: ist das
ueberhaupt ein thema fuer ein politisches magazin?

nun, den gegnern des tabakkonsums ist ein grad an gesellschaftlicher
hegemonie gelungen, dass die frage entpolitisiert wurde. es geht nicht
mehr darum, wo geraucht werden darf -- also um einen verteilungskampf
um raeumliche ressourcen -- , sondern um eine frage der vernunft und
des anstandes. die meisten raucher sind schon so konditioniert, dass
sie nur mehr mit schlechtem gewissen irgendwo ihrer droge froenen.
eine explizit politische debatte erscheint da kaum mehr fuehrbar.

es geht dabei auch laengst nicht mehr um ruecksichtnahmen oder
nichtraucherschutz. die frage, ob in einem beisl der weg zum klo
vollkommen rauchfrei gestaltet sein muss, ist angesichts des lebens in
einer stadt voller autoabgase ein wenig laecherlich. nein, immer mehr
wird diese hegemonie zur volkserziehungsmanie. das verdanken wir einer
postmodernen sauberkeit, die der meinung ist, die welt koenne man nur
aendern, wenn der einzelne lieb und nett und drogenfrei ist, waehrend
man daneben konkrete machtverhaeltnisse als das ansieht, was man
frueher als nebenwiderspruch angesehen hat. sprich: wenn wir alle zu
lieben und netten menschen geworden sind, dann gibt es auch keine
ausbeutung mehr. das geht weit ueber die rauch-debatte hinaus: das
politische selbst ist nicht mehr interessant, sondern wird
privatisiert. und das private ist politisch und muss sauber sein. und
ueber die notwendigkeit von sauberkeit wird natuerlich nicht
diskutiert, das versteht sich ja von selbst.

das schmutzige also muss ausradiert werden – drogengebrauch zaehlt da
dazu. und das alles ist natuerlich soooo vernuenftig. diesbezueglich
dissident zu sein, fuehrt mittlerweile zur ausgrenzung. um gesundheit
kann es wohl nicht gehen, wenn man selbst schwerkranken im spital
sagt, sie muessten auch bei aussentemperaturen unter dem gefrierpunkt
das gebaeude vollstaendig verlassen, um rauchen zu koennen. es ist die
moralkeule der sauberen und anstaendigen, die da relevant ist.

diese hegemonie geht soweit, dass ich wirklich um meine reputation
fuerchte, wenn ich mich dagegen wehre. wenn ich diese glosse jetzt in
der akin schreibe, riskiere ich prompt wieder abbestellungen unseres
oekonomisch sowieso nicht sonderlich gut aufgestellten blattes. darf
ich das ueberhaupt? sind wir soweit, dass die schere im kopf da schon
alles unterbindet? mittlerweile ist ja eine debatte ueber israel und
palaestina in der linken einfacher zu fuehren als ueber
rauchverbote -- letzteres liegt wenigstens noch in einem politischen
diskussionsbereich, rauchen hingegen wird als eine persoenliche
schwaeche angesehen, die ueberwunden werden muss.

und: das problem ist in dem sich als fortschrittlich ansehenden teil
der bevoelkerung ganz besonders evident: wer sich naemlich als raucher
dagegen wehrt und diese ausgrenzung als tugendterror ansieht, kann
sich sehr schnell auch im rechten eck verortet fuehlen, denn dieser
vorwurf ist einer, der selbstbewusst ueblicherweise nur von FPOe und
co. kommt.

wer mich kennt, weiss, dass es mir ueblicherweise lust bereitet
anzuecken. ich streite gern, auch weil ich das fuer die grundbedingung
einer dialektischen auseinandersetzung mit der welt und ihren
verteilungskaempfen halte. doch bei diesem thema fuehle ich mich
mittlerweile eingeschuechtert.

mir geht es jetzt sicher auch um mein recht auf droge. aber vielmehr
empoert mich, dass ich mich einschuechtern lasse, dieses recht
einzufordern. vielleicht sollte man darueber mal reden.
*bernhard redl*



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