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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 9. Oktober 2013; 17:12
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Wahl / Letzte Worte:

> froehlicher wahltag

ich kann mich des gedankens nicht erwehren: wahltage erinnern mich
immer ein bisserl an weihnachten.

also erstens: mit wahlergebnissen ist es so wie mit weihnachten (und
bonbonnieren): vorher weiss man nie, was man bekommt - da gehts den
politikern wie den kindern.

deswegen gibt es ja die meinungsforschung - ich hab ja auch schon als
kind immer in den kasteln meiner eltern rumgestierlt, weil ich wissen
wollte, was mir das christkind bringt.

zweitens: beide w-tage sind tage des brimboriums. ploetzlich wird jede
laecherlichkeit wichtig. es ist so ein richtiges fest, dieses hochamt
der demokratie, manche aeltere leute werfen sich ja sogar noch so
richtig in den sonntagsstaat, wenn sie zur wahl gehen.

und die nachrichten sind auch an beiden tagen untertags ein bisserl
oed: zu weihnachten (wenn nicht gerade ein staatschef hingerichtet
wird wie zu weihnachten 1989) bekommen wir nur bittersuesse
moralbotschaften vom papst, vom kardinal und vom bundespraesidenten,
am wahltag ist der bundespraeserl allein und gemahnt uns, doch waehlen
zu gehen. wuerden diese wuerdigen maenner nicht bisweilen ihr amt an
andere abgeben, koennte man eigentlich jedesmal dasselbe senden - es
wuerde niemandem auffallen.

ergaenzt wird das ganze zu weihnachten dann noch vielleicht um
schilderungen, wie prominente das fest feiern. am wahltag hingegen
erfahren wir zum beispiel, dass der herr bundeskanzler noch vor dem
fruehstueck seine stimme abgegeben hat, der vizekanzler hingegen
ausgeschlafen zur urne geschritten ist und die oppositionsfuehrerin
vorher noch ihren lamperln streicheln wollte.

drittens: es naht der abend und alle warten auf die bescherung. die
spannung steigt, seit wochen wird ja von nichts anderem geredet und
die ganze zeit war alles voll hektischer betriebsamkeit - die stimmung
ist also sehr aufgeladen, seis durch den wahlkampf oder den advent.
(schliesslich konnte man beides nicht mehr ertragen.)

wenn dann die tuerme aufsteigen (sozusagen "licht ins dunkel"
bringen), dann erfahren die parteigranden, was ihnen das wahlvolk
beschert hat. und alle versuchen sie zu laecheln, auch wenn das
praesent unterm baum nicht gerade nach ihrem geschmack ist. das ist
dann genau so, wie sie frueher ihre oma nicht enttaeuschen wollten,
die doch so auf "strahlende kinderaugen" gehofft hatte - obwohl das
dem beschenkten kind angesichts der selbstgestrickten socken oder des
etwas schaebigen und noch dazu hohlen schokoladeweihnachtsmanns doch
ein bisserl weltfremd erschien. genau so laecheln die nun ehemaligen
kleinen kinder brav in die kamera und danken dem waehler fuer das
vertrauen. ein genauso verlogener dank wie damals gegenueber der oma,
weil sie ja eh ganz genau wissen, dass ihnen niemand vertraut.

dann kommen weihnachtsferien oder koalitionsverhandlungen und trotz
des ganzen traras hat sich ueberhaupt nichts geaendert und es folgt
darauf die grosse verarschung: wir kinder damals mussten wieder in die
schule und wurden gefragt: "freust du dich schon wieder auf die
schule?". und wir erwachsenen heute muessen uns erklaeren lassen, dass
der ganze scheiss, der jetzt wieder auf uns hereinprasselt, der
unverfaelschte waehlerwille sei.

naechstes mal waehle ich die christen und gebe dem weihnachtsmann eine
vorzugsstimme.
*mario czerny*



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