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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 9. Oktober 2013; 15:09
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Wien / Verkehr / Glosse:
> U2-Eroeffnung mit dem Geschmack von Asphalt
Die *Buergerinitiative Rettet die Lobau - Natur statt Beton* begruesst 
anlaesslich der Eroeffnung am 5.Okt. die U2-Verlaengerung und 
kritisiert die auf bestehenden Linien damit einhergehenden 
Verschlechterungen. Mit ueber 18.500 UnterstuetzerInnen wird gefordert 
die geplanten Autobahnprojekte fallen zu lassen damit die 
Investitionen in den OeV ihre gewuenschte Wirkung entfalten koennen 
und notwendige weitere finanziert werden koennen.
Die Verlaengerung der U2 und des 26ers bringt all jenen BewohnerInnen 
Vorteile, welche im direkten Einzugsgebiet an diesen beiden Linien 
wohnen. Die dazugehoerigen Planungen hinterlassen allerdings einen 
Geschmack von Asphalt auf der Zunge: Wie sieht es mit jenen 
BuergerInnen aus, welche nicht direkt davon profitieren? Wer vermutet, 
dass dort alles beim Alten bleibt, irrt. Vielfach ergeben sich an 
anderen Stellen deutliche Verschlechterungen. Dies liegt einerseits 
darin begruendet, dass viele Bestandslinien zu einfachen 
U-Bahnzubringern "degradiert" werden, wodurch sich haeufig der Zwang 
eines oder mehrerer zusaetzlicher Umsteigevorgaenge ergibt. 
Andererseits liegt es daran, dass von den Wiener Linien scheinbar fuer 
die neuen Busstrecken kein zusaetzliches Fahrpersonal aufgenommen 
wird. Wenn also auf einer Linie mehr Fahrten stattfinden, so muss 
zwangsweise auf anderen Linien eingeschraenkt werden. Somit handelt es 
sich dem Wesen nach um keine Erweiterung, sondern um eine 
Umschichtung.
Hinlaenglich bekannt duerfte die Tatsache sein, dass die 
Attraktivitaet der Oeffentlichen Verkehrsmittel durch 
Intervallverlaengerungen und zusaetzliche Umsteigevorgaenge deutlich 
faellt. Umso erstaunlicher ist der Umstand, dass begleitend zur 
Verlaengerung der U2 und des 26er die Intervalle wichtiger bestehender 
U-Bahnzubringer teils drastisch verlaengert werden. Ein Beispiel ist 
der 23A (ab 5.10.2013 auf fast identischer Strecke 22A), dessen 
Intervalle ueber den gesamten Tag annaehernd verdoppelt werden. 
Konnten sich "Nachtschwaermer" bisher bis 00:30 vom Kagraner Platz 
Richtung Hirschstetten bis 00:30 auf ein 15 Minutenintervall 
verlassen, so muessen sie jetzt bereits ab 22:30 mit einem 30 
Minutenintervall vorlieb nehmen. Und Wochenend- und Feiertags konnte 
die U1 im 10 Minutentakt erreicht werden, ab 5.10.2013 gibt es hier 
nur mehr ein 20-30 Minutenintervall, und das ganztaegig. Falls die 
Attraktivierung des oeffentlichen Verkehrs wirklich vorrangiges 
politisches Ziel ist, so scheint hier eine semantische Verwirrung mit 
dem Begriff "Attraktivierung" vorzuliegen. Vielmehr scheint diese 
Massnahme angetan zu sein, Leute vom Bus ins Auto zu treiben, denn wer 
wuerde sich die Strapaze antun und 20 oder gar 30 Minuten auf den 
Folgebus zu warten, falls er/sie geringfuegig zu spaet ist und vom 
vorherigen Bus nur mehr die Ruecklichter sieht?
Werner Schandl von der BI Hirstetten-retten: "Es sieht wirklich so 
aus, als wuerde die Attraktivitaet der Oeffis kurz gehalten um der 
Betoniererfraktion (den Autofahrerparteien) nicht das Wasser fuer ihre 
Transitschneisen abzugraben."
MIV statt Oeffi
Immer noch sind zwei Autobahntransitachsen geplant:
Ost-West: Von der bestehenden A23 auf eine - in Autobahndimensionen 
ausgebaute - "Stadtstrasse", weiter auf einer Spange Flugfeld Aspern, 
bis auf eine Marchfeldschnellstrasse Richtung Ukraine.
Und Nord - Sued: Lobau-Autobahn und A5 als Teil der TEN Nr. 25 (Trans 
European Networks) nach Danzig and der Ostsee.
Wie man damit die bestehende Verkehrssituation entlasten will, 
erscheint mehr als zweifelhaft.
Wenn die Strassen zu voll sind, so liegt das in den allermeisten 
Faellen nicht daran, dass sich zu viele Personen auf zu engem Raum 
befinden, sondern daran, dass viele einzelne Personen jede/r fuer sich 
zu viel Platz beanspruchen. Ein typisches Beispiel fuer diesen 
ueberhoehten Platzverbrauch ist die massenhafte Benutzung von 
Automobilen. Ein kleines Rechenbeispiel soll dies verdeutlichen. 
Nehmen wir einen U-Bahnzug (klassischer Silberpfeil, 6 Wagons, je 150 
Personen) in der Stosszeit besetzt mit 900 Personen. Nehmen wir nun 
an, diese 900 Personen wuerden sich in Automobilen (Besetzungsgrad 1,2 
Personen/Automobil; Laenge der Automobile 5m) auf einer Stadtautobahn 
mit 80km/h und einem Sicherheitsabstand von 1sec fortbewegen. Dies 
ergaebe eine Kolonne von 20,4 km. Die Laenge der gesamten 
Suedosttangente betraegt 18km.
Mit diesem kleinen und anschaulichen Beispiel vor Augen, und vor dem 
Hintergrund, dass von politisch verantwortlicher Seite allerorten 
bekraeftigt wird, dass die Attraktivierung des oeffentlichen Verkehrs 
vorrangiges politisches Ziel ist, draengt sich die Frage auf, warum 
seit Jahren in der Donaustadt das Schnellbahnangebot bis zur 
Unbenutzbarkeit reduziert wird. Statt sich an Staedten wie Berlin mit 
seiner grandios erfolgreichen "Berliner Ringbahn" ein Beispiel zu 
nehmen und die Schnellbahnintervalle an jene der U-Bahn anzugleichen, 
wurde beispielsweise die vor der Tuere liegende Schnellbahnanbindung 
(Stationen Erzherzog-Karl-Strasse bzw. Hirschstetten) des 
Stadtentwicklungsgebietes STAR-22 und OASE-22 (Stationen 
Erzherzog-Karl-Strasse bzw. Hirschstetten) mit tausenden m2 
Bueroflaeche, Geschaeften und ca. 300 neuen Wohnungen von 6 auf nur 
mehr 2 Zuege pro Stunde und Richtung reduziert. Die S80 Stationen 
Lobau, Hirschstetten und Hausfeldstrasse will die OeBB langfristig 
ueberhaupt schliessen.
Doch damit nicht genug, wird mit 5.10.2013 auch noch das 
Stosszeitintervall des wichtigen U-Bahnzubringers zur U2 (ehemals 95B, 
neu 95A) von 10 min auf 15 min verlaengert. Hier besteht offenbar eine 
Bedeutungsverwirrung, was das Wort "Attraktivierung" betrifft.
360 Mio. Euro hat die U2 Verlaengerung zur Seestadt gekostet und 68 
Mio. der Ausbau des 26ers. Diese gute Investition fuer die Zukunft 
droht unrentabler zu werden: Wenn in das Gebiet zusaetzlich Autobahnen 
gebaut werden, wuerden die Menschen sonst erst wieder auf den 
motorisierten Individual Verkehr (MIV) umsteigen und die Oeffis waeren 
schlecht ausgelastet. Besser waere es, das fuer die Autobahnneubauten 
verplante Geld in die Oeffis und Radinfrastruktur investieren. Wir 
rechnen mit 3 Mrd. fuer eine Lobau-Autobahn und 1,2 Mrd. fuer 
Stadtstrasse plus S1 Spange Flugfeld Aspern. Um dieses viele Geld 
liesse sich soviel sinnvolleres machen: Dringenden Handlungsbedarf 
sehen wir bei Buslinien und Schnellbahnen (auch ueber die Stadtgrenze 
hinaus). Wir fordern darueber hinaus den Planungsgrundsatz der "Stadt 
der kurzen Wege" umzusetzen, vor allem bei der Seestadt als 
Neuentwicklungsgebiet, damit Nahversorgung, Wohnen, Arbeiten, 
Ausbildung und Freizeit in Fussdistanz beieinander liegen und der 
Zwang ein Auto zu benutzen durch intelligente Raumplanung auf ein 
Minimum reduziert wird.
*Jutta Matysek, Sprecherin der Buergerinitiative Rettet die Lobau - 
Natur statt Beton*
Info: http://www.lobau.org/
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