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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. September 2013; 14:03
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Wahl / Medien / Glosse:
> Titelblaetter ohne Anstand
Als "halbnackt und belaemmert" bezeichnete kuerzlich der deutsche 
"Spiegel" den oesterreichischen Wahlkampf. Bei all den 
Bloedsinnigkeiten der letzten Wochen bleiben aber bestimmte kulturelle 
Niedergaenge voellig unbeachtet. Denn die Inseratenabhaengigkeit der 
Presse in diesem Land wird zwar am Rand zum Thema, wenn es um die 
"Inseratenaffaere" der SPOe geht, generell interessiert es aber kaum 
jemanden, wie sehr gerade Printerzeugnisse immer mehr an Scham 
verlieren, wenn es um ihre Inseratenpolitik geht.
Vor Jahren beging der Standard in Oesterreich schon den Tabubruch, 
dass er seine komplette Titelseite als Werbeflaeche fuer Konzerne zur 
Verfuegung stellte. Seither kommt so etwas in der oesterreichischen 
Medienlandschaft immer haeufiger vor. Auch an Inserate, die im Layout 
als Artikel getarnt werden, hat man sich schon gewoehnt. Gekaufte 
Artikel, bei denen getan wird, als ob sie wirklich von der Redaktion 
stammten, sind in den diversen regionalen Gratisblaettern schon lange 
keine Seltenheit mehr. Und wie es zustandekam, dass die renommierte 
FAZ im April dieses Jahres einen Text publizierte, der vordergruendig 
die oesterreichische Parteienlandschaft kritisierte, der sich aber 
letztendlich als frueher Wahlkampfartikel fuer die unbedeutenden, aber 
mit finanziellen Mitteln gut ausgestatteten NEOS herausstellte, wird 
sich wohl nie wirklich klaeren lassen.
Der journalistische Anstand scheint laengst kein Wert mehr zu sein.Und 
da ist eben die Titelseite relevant: Sagt man seinen Leserinnen und 
Lesern, dass das Wichtigste am Blatt die redaktionellen Inhalte sind 
oder dass es die Inserate sind? Und: Lassen sich in Wahlkampfzeiten 
die politischen Inhalte hauptsaechlich im redaktionellen Anteil finden 
oder in den Inseraten? Ein Blick in unseren Redaktionsbriefkasten 
diese Woche spricht eine deutliche Sprache:
Das "Wiener Bezirksblatt" macht auf mit "Jetzt spricht der Kanzler 
Klartext". Im Innenteil findet sich dann ein liebedienerisches 
Interview mit Faymann. Gut, es ist bekannt, dass das Bezirksblatt 
ueber Umwege quasi der SPOe gehoert. Es stellt sich selbst aber gerne 
als unabhaengig da.
Noch deutlicher in seiner Kaeuflichkeit praesentiert sich ein anderes 
Gratisblatt: "bz - Wiener Bezirkszeitung" hat auf seinem Titelblatt 
und auf Seite 2 nur eine einzige Botschaft und die heisst "FRANK". 
Wenigstens steht da noch klein "Werbung" dabei.
Das aktuelle "Weekend-Magazin" hingegen schafft es hingegen nicht 
einmal, einen solchen Vermerk anzubringen. Cover und Seite 2 gehoeren 
flaechendeckend und unkommentiert Herrn Spindelegger.
Ist das schon so normal? Regt das nur mich auf? Ist es einfach nur ein 
Symptom des schleichenden Untergangs von Printmedien oder deren 
Uebergang zu Werbeprospekten? Muessen wir eine Printmedienlandschaft 
akzeptieren, die sich als journalistisches Produkt selbst nicht mehr 
ernst nimmt?
Gratisblaetter leben nur von Inseraten. Das ist klar. Auch die 
Kaufzeitungen muessen immer mehr an Geld aus Inseraten lukrieren, um 
zu ueberleben. Aber was signalisieren sie mit dieser Ueberpraesenz an 
gekauften Inhalten uns, dem lesenden Publikum?
Die Antwort ist einfach: Dass es heute nicht einmal mehr im Ansatz 
darum geht, uns zu informieren, sondern nur darum, um Waschmittel und 
politische Parteien zu verkaufen.
Eigentlich ist diese Inseratedominanz eine Beleidigung fuer das 
Publikum. Es sagt uns naemlich: Wir muessen Euch gar nicht mehr 
informieren, um etwas zu verkaufen. Ihr Deppen fressts die Werbung 
alleine eh auch. *Bernhard Redl*
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