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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. September 2013; 01:09
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Wahl:

> Team Stronach als oesterreichische Tea Party?

"Wirtschaft" ist gut, "Politik" ist schlecht?


Frank Stronach wird oft als Parteifuehrer ohne substantielles Programm
angesehen. Das "Institut fuer die Gesamtanalyse der Wirtschaft" (ICAE)
praesentiert jetzt ein Papier von Stephan Puehringer und Walter Otto
Oetsch, das dieser Behauptung massiv widerspricht. Ihre These: Das
"Team Stronach" sei inhaltlich sehr verwandt mit der US-amerikanischen
"Tea Party" und der "Alternative fuer Deutschland".

Zitat aus der Einleitung des Papiers:

>> Mit der Gruendung des Teams Stronach am 27.9.2012 betrat eine neue
politische "Bewegung" (so die Selbstbezeichnung) die politische
Buehne in Oesterreich, die das Potential hat, diese zu veraendern.
Frank Stronach gelang es innerhalb von kurzer Zeit mit skurrilen
Auftritten (insbesondere den ZIB-Interviews mit Armin Wolf) zu
einer zweifelhafte Beruehmtheit als Politiker zu gelangen. Aber
Frank Stronach war in Oesterreich schon lange eine bekannte Person.
Der Magna-Konzern ist ein wichtiger wirtschaftlicher Akteur und
Frank Stronach haelt seit vielen Jahren enge Kontakte zu
PolitikerInnen vieler Couleurs. Stronach ist in der Bevoelkerung
als Unternehmer beliebt, Wirtschaftskammerpraesident Christoph
Leitl bezeichnet ihn als "toller Unternehmer, der seine Unternehmen
auf Erfolgskurs gebracht hat".

Stronach als Parteigruender zehrt von seiner Beliebtheit als wichtiger
Arbeitgeber in Oesterreich und betont bei jeder Gelegenheit, dass er
in Oesterreich bereits Tausende Arbeitsplaetze geschaffen habe und
auch "Loehne bezahle". Offensichtlich ist es Stronach gelungen, diese
Beliebtheit in seine Parteigruendung mitzunehmen und von ihr politisch
zu profitieren. Auffallend ist auch, dass Stronach inhaltlich von den
anderen Parteien kaum substantiell kritisiert wird. Aber Stronach hat
eindeutige politische Absichten, die er offen formuliert. In diesem
Paper nehmen wir Stronach und sein "Team" inhaltlich-politisch ernst.
Wir machen dabei auf Parallelen zur Tea Party in den USA und zur
"Alternative fuer Deutschland" aufmerksam. Wir interpretieren diese
drei neuen "Bewegungen" als Wiederbelebung neoliberaler Ideen nach der
globalen Krise ab 2008, - welche nach unserer Auffassung durch eine
neoliberale Politik mitverursacht wurde. Die Krise hat also dazu
gefuehrt, dass neue und noch radikalere Formen des Neoliberalismus
entstanden sind. Als Beleg fuer unsere These zeigen wir den
Entstehungskontext der drei "Bewegungen" und analysieren ihre
dominanten Diskursmuster und Narrative, wobei auch auf Unterschiede
eingegangen wird. ... Als Ergebnis schlagen wir vor, die drei
erwaehnten Stroemungen als eine neue Form von Neoliberalismus nach der
Krise 2008/09 zu verstehen. Offensichtlich findet (nicht nur in
Oesterreich) ein substantieller Wandel von Politik statt, wenn
Milliardaere direkt Politiker spielen. Das konsequente Rueckbesinnen
auf scheinbar gefaehrdete neoliberale Werte kann als zugespitzter
Verteilungskonflikt zugunsten einer oekonomischen Elite verstanden
werden, die im Zuge der Krisenpolitik um ihren politischen Einfluss
fuerchtet. <<

Zitat aus dem Resuemee der Untersuchung:

>> Die Antwort auf die Krise des Neoliberalismus (sowohl als
Wirtschafts als auch als Denksystem), welche die drei erwaehnten
"Bewegungen" auf der politischen Ebene geben, ist erstaunlich. Sie
wollen den neoliberal gepraegten Kapitalismus der letzten
Jahrzehnte aus seiner selbst verursachten Krise retten, indem sie
die Marktideologie auf neue Weise radikalisieren. ... Ihr Ziel ist
es, ein positives Klima fuer den Kapitalismus zu schaffen, wobei
sie nostalgisch auf seine "schoenen" Seiten rekurrieren: die TP auf
die mythisch verbraemte Zeit der Gruendungsvaeter, die AfD auf eine
verklaerte "soziale Marktwirtschaft" der Nachkriegszeit und
Stronach auf eine romantische Art von Wirtschaftsfuehrung, die auf
bewaehrten patriachalen Strukturen ruht und gleichzeitig
erfolgreich ist. Die gegenseitigen Bezuege liegen auf der Hand:
eine gute Verfassung, eine harte Waehrung und hart arbeitende
Menschen bringen eine bessere Zukunft, in der die aktuelle Krise
ueberwunden ist. Dabei wird immer auch moralisch argumentiert,
Stronach spricht in der Wahlwerbung inhaltsfrei nur noch von
"Werten". Gute Werte sollen den "eigentlichen" Kapitalismus retten.
Finanzkapitalistische Strukturen (z.B. die Dominanz der grossen
Banken) werden ausgeblendet, der Kapitalismus wird auf einen
"guten" Kern reduziert, der in einer moralischen Neubesinnung
(wieder) aktiviert werden wird.

Dabei wird auf altbewaehrte neoliberale Klischees zurueckgegriffen:
die "gute" Wirtschaft wird der "schlechten" Politik
gegenuebergestellt. Der Staat wird als wirtschaftlicher Akteur
verunglimpft, der "Politik" wird Ineffizienz, "verkrustete Verwaltung
und Buerokratie" (Stronach), Stillstand und Systemerhalt attestiert.
"Die Wirtschaft" wird dabei nicht faktisch, sondern ideologisch
gesehen. Sie wird auf ihren "guten Kern" reduziert und kann die
Richtschnur fuer moralisches Handeln und gesellschaftliche Prozesse
und Regelsystemen abgeben. Dabei muss "die Politik" konsequent "der
Wirtschaft" untergeordnet werden, aehnlich wie im neoliberalen Diskurs
die politische der oekonomischen Freiheit untergeordnet wird. <<


Die komplette 40-seitige Untersuchung ist als pdf nachlesbar unter:
http://www.icae.at/wp/wp-content/uploads/2013/08/TS+TP.pdf



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