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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. September 2013; 00:47
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Wahl / Was Linke waehlen koennten

> Kaum eine Antwort auf die schwierige Frage

Die akin hat die Frage gestellt, warum Linke eines bestimmte Partei
waehlen sollen. Die SLP hat geantwortet, dass die Lage beschissen und
die SLP super sei. Sie hat ehrlich versucht, die Frage zu beantworten,
aber ueberzeugend ist das nicht. Das ist aber nicht ein Problem, dass
die SLP allein hat, denn die meisten wenig aussichtsreichen
Wahlprojekte -- nicht nur die linken und irgendwo auch die meisten der
im Parlament vertretenen Parteien -- tun sich mit einer solchen Frage
schwer und wollen sie wahrscheinlich auch gar nicht verstehen. Dabei
ist aber genau die Frage, zu welchem Zweck man sein Kreuzerl neben dem
Namen einer wahlwerbenden Gruppierung machen soll, essentiell.

Sollte es ueberhaupt je der Fall gewesen sein, dass das Wahlvolk sich
mehrheitlich wegen seiner starken Verbundenheit mit einer Partei oder
Ideologie entschieden hat, so ist das zumindest heute nicht mehr so.
Der Waehler und die Waehlerin fragen sich heute viel mehr, was es denn
nuetze, einer bestimmten Partei die Stimme zu geben. Denn einmal
abgesehen von der Befuerchtung einer "verlorenen Stimme" fuer eine
Kleinpartei und auch einer generellen Verdrossenheit, dass das Abgeben
seiner Stimme eben nur ein solches ist und keine echte politische
Partizipation, zaehlt heute auch sehr viel, welche Wirkung der
Zugewinn einer bestimmten Partei nach den Wahlen entfalten koennte.

Leute, die Strache oder Stronach waehlen, versprechen sich wohl die
Stoerung einer so empfundenen grosskoalitionaeren Stagnation. Wer SPOe
oder OeVP waehlt, erhofft vielleicht fuer seine Partei die
Kanzlerschaft in der naechsten Regierung und groesseren Einfluss der
jeweiligen "Gesinnungsgemeinschaft". Wer Gruen waehlt, kann sich in
der Hoffnung wiegen, dass sich diesmal vielleicht doch eine
Regierungsbeteiligung ausgeht, in der die Partei vielleicht sogar
bedeutsam sein koennte. Vieler dieser Wahlentscheidungen sind rein
pragmatisch und man kreuzt halt das "kleinste Uebel" an oder eine
Partei, mit der man anderen Parteien "eins auswischen kann".

Der Anfang August praesentierte Wahlslogan der Gruenen "Weniger
belaemmert als die Anderen" beschreibt auch die Wahlkaempfe der
anderen Parteien, denn mehr als diese Behauptung haben sie alle nicht
anzubieten. Mit einem positivem Angebot an das Wahlpublikum kann kaum
eine Partei in einer ernst zu nehmenden Weise aufwarten. Die im
Parlament vertretenen Parteien koennen aber immerhin darauf hoffen,
dass sie gewaehlt werden, weil ihre Konkurrenten fuer jeweils
bestimmte Waehlerschichten unwaehlbar sind.

Aber nicht einmal das koennen Gruppierungen, deren Einzug ins
Parlament unwahrscheinlich oder zumindest ungewiss ist, fuer sich
verbuchen. Diese braeuchten eine andere Argumentation, wozu ein
Kreuzerl fuer sie sinnvoll waere. "Eine Stimme im Parlament", "ein
Zeichen setzen" etc. ist auch nicht gerade attraktiv, denn wenn
Regierungsmehrheiten ueber jeden Vorschlag der Opposition
drueberfahren, dann ist die Aussicht auf eine moegliche Praesenz einer
Minipartei auch nicht gerade das, was Waehlerscharen in heller
Begeisterung den Kleinkandidaturen zutreiben wird.

Worum es geht, ist einfach, dass Kleinparteien die Sinnhaftigkeit
ihrer Kandidatur erklaeren koennen muessen, wenn sie auch nur eine
Chance haben wollen, dem Diktum von der "verlorenen Stimme" entkommen
zu koennen.

Die Argumentation der SLP, die Kaempfe ausserhalb der Parlaments mit
einem Kampf im Parlament verknuepfen zu koennen, ist da sicher
zumindest ein guter Ansatz, angesichts der Massenbasis der Partei aber
auch kein wirklich zugkraeftiger. Abgesehen davon haben auch die
Gruenen einstmals mit einer solchen Spielbein-Standbein-Theorie um
Stimmen geworben -- wir wissen, wie das ausgegangen ist.

Ich fuer meinen Teil werde die KPOe waehlen -- aus der kynischen
Konstruktion heraus, dass ich eine ungueltige Stimme abgeben moechte,
die ein rotes Mascherl hat. Aber das ist halt die Position eines alten
Anarchisten, also auch nicht gerade massentauglich.
*Bernhard Redl*



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