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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. August 2013; 21:59
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  Wahlkampf/Interview:
  
  > "In den Reihen der SPOe die linken Positionen staerken"
  
  Wie jedes Mal zu Nationalratswahlen forderte auch diesmal die akin
  Unterstuetzerinnen und Unterstuetzer von Parteien und wahlwerbenden
  Gruppierungen auf, zu deklarieren, warum Linke ausgerechnet deren
  Gruppierung waehlen sollen -- entweder in Form eines Interviews oder
  als selbst geschriebenen Beitrag.
  
  Davon hat auch Claudia Weinwurm von der SPOe Gebrauch gemacht.
  Weinwurm ist in Seefeld-Kadolz, einer kleinen Gemeinde im
  noerdlichsten Weinviertel, zuhause. Die Gemeinde hat einen
  sozialdemkratischen Buergermeister und Weinwurm ist dort als lokale
  Funktionaerin aktiv.
  
  AKIN: Warum sollten Linke ausgerechnet die SPOe waehlen?
  
  C.W.:Da ist die Frage einmal, was ist links? Links ist kein Begriff
  wie plus oder minus, sondern es ist ein relativer Begriff. Was ist
  links von wo? Ich bin der Meinung, und das ist mein wichtigstes
  Argument fuer mein SPOe-Waehlen, dass sie doch die Partei ist, die
  einigermassen noch links ist, mir manchmal auch zu wenig links, das
  gebe ich auch zu, aber die einen Einfluss in der Politik, in der
  Regierung, haben wird. Alle anderen linken Parteien, auch die KPOe und
  die vielen Bewegungen, die gar nicht kandidieren koennen, werden
  keinen Einfluss haben.
  
  AKIN: Gut, muss man sich aber wirklich immer mit dem geringsten Uebel
  bescheiden?
  
  C.W.: Das muss man nicht, also nicht immer, aber man muss sich mit dem
  Uebel bescheiden, das sinnvoll ist. (lacht.) Da gibt es einen grossen
  Unterschied: Es gibt eine grosse Partei, die hat natuerlich einen
  starren Apparat, die funktioniert anders, da stimmen viele Sachen
  nicht. Da moechte ich die SPOe gar nicht freisprechen. Die andere Wahl
  die ich habe, sind kleine feine Bewegungen, die wirklich ideologisch
  gut sind aber nichts bewegen koennen. Das ist ganz einfach die Frage:
  Waehle ich jemanden, der unter Umstaenden etwas bewegen kann oder
  waehle ich jemanden, der lieb und nett und gescheit ist, meine Meinung
  vertritt, aber nix bewegen kann.
  
  AKIN: Ist das nicht eine ziemlich herrschaftsstabilisierende Position?
  Weil so wird die SPOe die Konkurrenz von links bekommen, wenn man auf
  der Basis bleibt...
  
  C.W.: Die SPOe wird hoffentlich eine linke Konkurrenz von innerhalb
  bekommen. Ich bin ja mit sehr vielen Sachen dort nicht einverstanden,
  da braeuchte ich ja Tage, um zu erzaehlen, was mich alles giftet. Aber
  es ist ganz einfach so, dass ich mir denke, ich moechte in den Reihen
  der SPOe die linken Positionen staerken. Ich bin auch fest davon
  ueberzeugt, das alles, was man der SPOe mit Recht vorwirft, ja auch
  davon kommt, dass sie in einer Koalition regiert. Und da kann man halt
  nicht alles machen, was man gerne haette. Aber wenn wir die SPOe
  staerken wuerden und wenn wir den linken Fluegel staerken wuerden, bin
  ich fest davon ueberzeugt, dass das anders wuerde. ich bin da halt der
  Optimist.
  
  AKIN: Das Problem ist nur, dass, wenn man die SPOe waehlt, wie sie
  jetzt verfasst ist, dann bestaetigt man ja ihren jetztigen Kurs. Warum
  soll das fuer einen Linke in irgendeiner Form attraktiv sein?
  
  C.W.: Wir haben sehr viele Moeglichkeiten, Vorzugsstimmen zu vergeben,
  und da kann man sich die Linken raussuchen, und denen gibt man dann
  eben die Vorzugsstimmen.
  
  AKIN: Du weisst aber auch, dass diese Vorzugsstimmen oft genug gar
  keinen Effekt haben, ausser die Partei irgendwie zu legitimieren.
  
  C.W.: Das weiss ich schon, aber das ist dann etwas, wo ich hoffe, dass
  das der Partei zu denken gibt.
  
  AKIN: Die AL hat anno dazumal Pickerln produziert, auf denen stand:
  "Ein und denselben Cap begeht man nur einmal..."
  
  C.W.: (Lacht.) Und was ist aus ihm geworden, gell?
  
  AKIN: Jetzt im Wahlkampf kommen klassenkaempferische und
  staatstragende Toene. Das Staatstragende glaub ich ihnen, aber den
  Klassenkampf glaub ich ihnen einfach nicht mehr. Die Ausrede mit der
  Koalition ist uralt, aber wenn ich mich an die SPOe in der Opposition
  erinnere, hat sie sich auch nicht gerade als links geriert. Ich
  erinnere mich an die Zustimmung zu den Fremdengesetzen, die sie in
  dieser Zeit ohne Not gemacht hat. Wie soll man denen noch etwas
  glauben?
  
  C.W.: Das faellt mir jetzt wahnsinnig schwer, darauf zu antworten,
  weil ich auch immer mit diesen Problemen kaempfe. Also ich bin kein
  Parteisoldat und kein unkritischer Anhaenger der SPOe, aber es ist
  halt so: Es gibt im Leben Pessimisten und Optimisten und das ist in
  der Politik auch so. Und ich glaube und hoffe dass diese
  klassenkaempferischen Toene von der SPOe deswegen kommen, weil sie
  kapiert haben, dass es anders nicht geht; dass sie ihre Basis immer
  mehr und mehr verlieren werden, wenn sie so weitertun.
  
  AKIN: Und wie glaubst du, dass die Linke in der SPOe irgendwie zu
  einer Bedeutung kommen koennte, weil ich hoere seit langem, dass Linke
  etwas in der SPOe bewegen wollen....
  
  C.W.: Die meisten Kommunisten und linksorientierten Bewegungen, die
  ich kenne, sind ja aus der Sozialdemokratie gekommen. Die haben sich
  aus der Sozialdemokratie verabschiedet, weil ihnen diese Partei zu
  wenig links war. Wenn die da geblieben waeren und weitergekaempft
  haetten, dann saehe das heute vielleicht auch anders aus.
  
  AKIN: Ich hab einmal einen Vertreter der angeblichen Linken in der
  SPOe anlaesslich eines Parteitages gefragt, warum diese Linken dort
  nicht Rabatz machen koennten. Die Antwort war: "ja, wir haben leider
  keine Delegierten"....
  
  C.W.: Ja, das haben sie ja auch nicht. da gibt es das Problem, dass
  die SPOe einen ziemlich starren Parteiapparat hat. da muss man sich
  hochdienen von den roten Falken, damit man endlich mal was sagen darf.
  Aber trotzdem: es ist immer die Frage: "links von was?" Schau dir die
  Bildungspolitik der SPOe an, schau dir die Bemuehungen um die
  Chancengleichheit an, von der gemeinsamen Mittelschule ueber die
  Gegnerschaft zu den Studiengebuehren. Schau dir mal die Aktionen der
  Heinisch-Hossek an, die die erste seit Johanna Dohnal ist, die etwas
  tut fuer die Frauen. Also ich moechte ja gar nicht von der
  Vergangenheiten reden, von den Meriten der SPOe, weil die sind eben
  vergangen, auf die kann man sich nicht ewig ausreden, sondern reden
  von heute. Und da finde ich es dann wahnsinnig unfair, wenn jemand
  sagt: "Schwesterpartei der OeVP".
  
  AKIN: Stimmt, die OeVP geht mit der SPOe nicht um, wie man mit einer
  Schwester umgehen sollte. Ich erinnere an die diversen
  Koalitionsverhandlungen dieser und der letzten Regierung, da hat sich
  doch die SPOe alles abkaufen lassen?
  
  C.W.: Ja, das stimmt. Die letzte Koalition ist zerbrochen, weil die
  Parteien nicht mehr zusammengekommen sind. Die Reaktion darauf war:
  Also gut, wieder diese Koalition, und da hat man sich dann den Faymann
  gesucht, der wahrscheinlich die Inkarnation der Harmonie ist. Und das
  ist nicht richtig und das tut der SPOe nicht gut, das ist aber auch
  ein PR-Problem.
  Ich kenne ja einige Leute in der SPOe, vor allem in der Landespolitik,
  mit denen bin ich sehr d'accord, und die haben wirklich diese
  Meinungen -- nur: Wo sind die Grenzen? Wenn ich mich an das
  unsaegliche Sparpaket erinnere -- da haben Leute aus Insiderkreisen
  gesagt, in diesem Sparpaket haette die OeVP sieben Punkte durchgesetzt
  und nur drei die SPOe. Dann steht der Faymann vor der Oeffentlichkeit
  und sagt: Ja, Freunde, wir sind stolz auf dieses Sparpaket -- dass da
  die Linken die Flucht ergreifen ist kein Wunder. Wenn er sich nur
  hingestellt haette und gesagt, wir haben alles getan, was wir gekonnt
  haben, aber wir regieren in einer Koalition, und wir haben es nicht
  besser durchgebracht!
  Aber wenn wir die SPOe waehlen, dann staerken wir den linken Fluegel
  und dann kann die SPOe mehr agieren als bisher. Wenn wir aber die KPOe
  waehlen, dann wird sich absolut nichts tun.
  
  AKIN: Okay, ich danke dir fuer das Inteview.
  
  Interviewer war Bernhard Redl. 
  Das Gespraech im akin-Radio: http://cba.fro.at/244440
  
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  Die akin wuerde sich sehr ueber Debattenbeitraege weiterer Parteien
  freuen, bis zur Wahl ist ja noch ein bisschen Zeit. Fuer die erste
  Septemberausgabe hat uns die noch ziemlich unbekannte Partei "Der
  andel", die immerhin in Wien und OOe die Kandidatur geschafft hat,
  einen Beitrag versprochen.
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