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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 3. Juli 2013; 04:00
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Theoretisches:
> Thesen zu Homosexualitaet und Homophobie
Anlaesslich der aktuellen Entwicklungen in Frankreich und Russland hat 
sich die *Gruppe "Kritik im Handgemenge" Bremen* Gedanken gemacht.
1. Homo-, Bi- und Heterosexualitaet sind nicht biologisch bestimmt. 
Alle Forschungsversuche, die einen Beweis fuer eine biologische 
Ursache von Homosexualitaet liefern wollten, haben sich bemueht, 
statistische Zusammenhaenge zwischen sexueller Neigung und 
Koerpermerkmalen zu finden. Vergroesserte Ohrlaeppchen, 
Hodenbeschaffenheit, Gehirnbesonderheiten, DNS-Sequenzen etc. muessten 
jedoch, selbst wenn innerhalb der untersuchten Gruppe eine 
Ueberschneidung bestuende, nicht unbedingt deren Ursache sein - 
schliesslich ist das vermehrte Auftreten von Maennern mit weissen 
Baerten und roten Maenteln rund um den 24.12. auch kein Beweis dafuer, 
dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Ein Beweis muesste den 
inhaltlichen Zusammenhang aufzeigen, welcher als statistische 
Korrelation unmoeglich zu erbringen ist. Die Wissenschaft ist bis 
heute unfaehig geblieben, auch nur erste Anhaltspunkte zu liefern, 
dass sich die Orientierung des sexuellen Begehrens aus der Biologie 
ergibt.(1) Menschliche Sexualitaet ist eine spezifisch 
gesellschaftliche Angelegenheit, daher ist es schlichtweg falsch, nach 
rein biologischen Determinanten oder Erklaerungen zu suchen.
Die Sache mit der Natur
2. Die Natur liefert die materiellen Voraussetzungen von menschlicher 
Sexualitaet (Koerper mit Nerven, Gehirn, Fluessigkeiten usw.), die 
jeweilige Gesellschaft die Bedingungen, unter denen sie stattfindet 
(in Form der politischen Herrschaft mit ihren Gesetzen und 
Verordnungen, aber auch als durchgesetzte Vorstellungen, Erwartungen 
und Sehnsuechte im menschlichen Miteinander, ebenso in Form von Wissen 
ueber Sexualitaet und in den Spielzeugen, Hilfs- und 
Anregungsmitteln). Die Inhalte und Formen des Sexuellen aber entstehen 
aus dem Denken und Fuehlen der Einzelnen, die diese Voraussetzungen 
und Bedingungen interpretieren.
3. Das "Natur"-Argument halten viele fuer so einleuchtend, weil ihnen 
ihr eigenes sexuelles Begehren als etwas erscheint, das nicht einfach 
durch Beschluss zu aendern ist. Falls sich ihre sexuelle Orientierung 
im Laufe ihres Lebens dann doch einmal veraendert, meinen sie in der 
neuen Form zumeist ihre ureigenste, zuvor unterdrueckte, wahre 
sexuelle Identitaet zu entdecken. Gerade weil der moderne Mensch in 
Liebe und Sexualitaet sein wahres Wesen ausdruecken will und seine 
Identitaet darin findet zu sein, wer er ist (und nicht bestimmt von 
Mutter, Vater, Staat und Kapital), soll seine Sexualitaet und sein 
Verlieben eben auch ganz seins sein. Den langen Weg, den jedes 
buergerliche Subjekt von seiner Geburt bis zur Entwicklung explizit 
sexueller Phantasien und Praktiken zuruecklegt; die Fuelle von 
Erfahrungen und Entscheidungen; all die sinnigen und unsinnigen 
Gedanken und Gefuehle des Menschen zu ihrem Verlangen, den Objekten 
ihres Verlangens und deren Verhalten - all das erscheint so dem 
Menschen wie ein langer Weg zu sich selbst und ist rueckblickend 
sinnvoll in die eigene Geschichte eingeordnet. Der Prozess erlischt im 
Resultat.
4. Politischen Anklang bei der Schwulenbewegung hat die sexuelle 
Vererbungslehre dadurch gefunden, dass sich damit gegen Therapie- und 
Bestrafungskonzepte kaempfen liess - und alle fundamentalistischen 
Christenmenschen sich dann die Frage gefallen lassen muessen, warum 
der Herrgott die Schwulen und Lesben so geschaffen hat, wenn er sie 
denn hasst. Die Vorstellung der Suende setzt eben den freien Willen 
voraus, gegen Gottes Gebote verstossen zu koennen. Wenn 
Homosexualitaet vererbt ist, dann kann sie keine Suende sein. Das 
Argument ist aber defensiv, oft hilflos, immer dumm und gefaehrlich 
und hat im schlimmsten Fall brutale Konsequenzen.
- Defensiv, weil die Homosexuellen als determinierte Troepfe 
vorgestellt werden, die vielleicht ja anders wollen wuerden, wenn sie 
nur koennten - anstatt zu sagen, dass es Lust bereitet und auch keinen 
Schaden anrichtet.(2)
- Hilflos, weil laengst Ideologien entwickelt wurden, um den 
Widerspruch zwischen goettlicher Schoepfung und angeblich natuerlicher 
Homosexualitaet zu ueberbruecken ("besondere Pruefung", "wir lieben 
Homosexuelle, aber hassen ihren suendigen Lebensstil" etc.). Ein 
rechter Moralist wird sich von "schwulen" Pinguinen nicht von seinem 
Hass auf Homos abbringen lassen.
- Dumm und gefaehrlich, weil es einem Biologismus das Wort redet, der 
alles von der Arbeitslosigkeit bis zum Zungenkuss aus der Abfolge von 
Aminosaeuren erklaert, und damit von Menschen gemachte Verhaeltnisse 
zu unveraenderlicher Natur (v)erklaert. Es hat im schlimmsten Fall 
brutale Konsequenzen, weil wenn Homosexualitaet als Uebel betrachtet 
wird, das durch die Natur hervorgerufen wird, dies auch zur Konsequenz 
haben kann, alle Homosexuellen und sonstigen "Abweichler" zu 
vernichten.(3)
5. Die Menschen machen ihre Sexualitaet selbst - aber sie machen sie 
nicht aus freien Stuecken: Sie koennen nicht einfach durch Beschluss 
ausloeschen, was ihnen mit und ohne ihren Beschluss widerfahren ist 
und was sie aus ihren Erlebnissen gemacht haben. Weil die 
Psychoanalyse einmal versprochen hatte, genau solche Mechanismen 
aufzuzeigen und handhabbar zu machen, suchten viele Homosexuelle in 
den 1950er, 1960er und 1970er Jahren "Heilung" bei ihrem Therapeuten. 
Die Psychoanalyse hatte sich bezueglich der Homosexualitaet fuer 
Jahrzehnte zu einer reinen Hetero-Norm-Durchsetzungstherapie 
entwickelt. Dabei wurden die albernsten, widerspruechlichen 
psychologischen Theorien ueber familiaere Bedingtheit von 
Homosexualitaet hervorgebracht (mal waren die Muetter zu kalt, mal zu 
liebevoll, mal zu dominant, mal zu abwesend - mal waren die Vaeter zu 
kalt, mal zu liebevoll, mal zu dominant, mal zu abwesend). Heute ist 
die vorherrschende Meinung in der Psychologie, Homosexualitaet sei 
"multifaktoriell" und sie gibt damit wenigstens zu Protokoll, dass sie 
auch keine Ahnung hat, woher die Homos denn nun kommen.
Bloede Frage
6. Was nicht weiter schlimm ist - die Frage nach dem Ursprung von 
Homosexualitaet ist naemlich meist bloed. Sie ist fast immer Auftakt 
zur Pathologisierung oder Verfolgung und macht letztlich Schwule, 
Lesben, Bisexuelle und Transgender zur erklaerenswerten Anomalie - 
anstatt zu fragen, woher denn das Konzept kommt, ausgerechnet an 
primaeren und sekundaeren Geschlechtsmerkmalen eines Menschen 
festzumachen, ob er oder sie als Sexual- und Liebespartner_in in 
Betracht kommt. Denn auch wenn die Beschaffenheit des Koerperbaus, die 
Koerperbehaarung und das Vorhandensein eines Penis oder einer 
Vagina(4) sexuell mehr oder weniger reizvoll sein koennen: a) Gibt das 
biologische Geschlecht zu sehr vielen dieser Fragen gerade mal eine 
Wahrscheinlichkeit an und ist b) die sexuelle Besetzung von 
koerperlichen Attributen nicht unabhaengig von den Gedanken und 
Vorstellungen, die man sich darueber macht. Im Uebrigen gehen die 
gaengigen Konzepte immer wieder davon aus, dass Liebe und sexuelle 
Anziehung eigentlich zusammenfallen sollen und muessen. Das ist aber 
gar nicht so.
7. Homo- und Heterosexualitaet sind zwei einander entgegengesetzte 
Konsequenzen aus dem herrschenden Geschlechterverhaeltnis, naemlich 
nur eins der beiden anerkannten Geschlechter zu begehren. Daran ist 
nichts logisch, aber auch nichts weiter verwerflich. Zwar bedeutet es 
erstmal, die Haelfte der Weltbevoelkerung von vornherein nicht sexuell 
und amouroes interessant finden zu wollen. Waere das die einzige Folge 
der ganzen sexuellen Identitaetshuberei, so wuerde man ebenso wie bei 
Menschen, die keinen Spinat moegen, die Schultern zucken und sich 
maximal wundern, warum Geschmaecker so verschieden sein koennen. Aber 
die Verhaeltnisse sind nicht so: Sexuelle Identitaet ist keineswegs 
nur ein verfestigtes Geschmacksurteil.
8. Nach wie vor sind naemlich Homo- und Heterosexualitaet 
Sortierungen, aus denen eine Menge Leid und Gewalt folgen. Wenn diese 
Identitaetshuberei die Massen ergreift, wird sie selbst eine 
materielle Gewalt - auch gegen die, die sie nicht teilen. Die 
heterosexuelle Vorannahme verunsichert auch heute noch Homosexuelle in 
modernen westlichen Gesellschaften und zwar nicht erst, wenn Schwule 
und Lesben zusammengeschlagen werden. Jeder dritte Selbstmord bei 
Teenagern soll etwas mit Homosexualitaet zu tun haben; die permanente, 
gar nicht immer boes gemeinte oder absichtliche Zurueckweisung und 
Ausgrenzung "Anders"liebender und -voegelnder bringt eine Fuelle von 
Macken und Merkwuerdigkeiten hervor, die an Trostlosigkeit, 
Selbstzerstoerung und Selbstgefaehrdung mit den duestersten 
Auswuechsen des heterosexuellen Geschlechts- und Liebeslebens locker 
mithalten koennen.
Der alte Ekel
9. Dazu kommen noch der direkte und deutliche Hass und Ekel der 
nicht-homosexuellen Welt, die jenseits der Hochglanzbroschueren der 
Gleichstellungsbeauftragten immer noch weit verbreitet sind. Maenner 
und Frauen muessen auch in westlichen Staaten haeufig um ihre 
Gesundheit fuerchten, wenn sie als "schwul" bzw. "lesbisch" bezeichnet 
werden. Ekel wird beiden entgegengebracht - im Umgang mit lesbischen 
Frauen kommt noch staerker eine Ignoranz etwa in Form der Einordnung 
als voruebergehende Phase hinzu. "Schwul" ist bei Kindern und 
Jugendlichen erst einmal alles, was irgendwie doof ist und nicht 
funktioniert - und gilt als mit das Schlimmste, was einem Jungen 
ueberhaupt nachgesagt werden kann.
Aber Schwul-Sein ist mehr als nur "doof": Das Schlimmste an der 
maennlichen Homosexualitaet scheint immer noch zu sein, dass sich dort 
Maenner ficken lassen(5) und Spass dran haben. Und "gefickt zu 
werden", das ist eben das Aufgeben der Herrschaftsposition, das ist 
zum-Objekt-werden. Daran Spass zu haben und nicht der coole, 
kontrollierte und kontrollierende Mann zu sein, das widerspricht dem 
saubloeden Maennlichkeitsideal nicht nur der meisten maennlich 
sozialisierten Menschen. Diesem Ideal zu entsprechen erfordert einiges 
an Durchhaltevermoegen und Opferbereitschaft - und diejenigen, die 
damit brechen, werden als Bedrohung empfunden - weshalb Schwule von 
der bloeden Anmache bis zum Zusammengeschlagen werden einiges 
durchzumachen haben. Dieses Ideal ist weiterhin die traditionelle, 
aber nicht aus der Mode gekommene Fassung des erfolgreichen 
buergerlichen Konkurrenzsubjekts,(6) das sich weder von Gefuehlen noch 
von seiner Lust beherrschen laesst, verbunden mit der falschen 
Vorstellung, die richtige Haltung sei eine Erfolgsgarantie. "Lesbisch" 
als Schimpfwort wird zwar nicht als Synonym fuer "scheisse" gebraucht, 
doch z.B. in der Schule als "Lesbe" verschrien zu sein, ist 
beleidigend gemeint und isoliert die Person in der Regel. 
Haendchenhalten unter Maedchen wird zwar in westlichen Laendern anders 
betrachtet als unter Jungs. Aber werden aus "spielenden Maedchen" 
irgendwann "Lesben", trifft sie ebenfalls koerperliche Gewalt und auf 
jeden Fall eine Menge Verachtung. Diese Ablehnung haengt - 
entsprechend des Geschlechterbilds - auch damit zusammen, dass 
einerseits sich in den Augen der Macker lesbische Frauen der 
maennlichen Verfuegungsgewalt als Sexualobjekte entziehen, 
andererseits damit, dass lesbische Frauen ihre Funktion und Rolle als 
Frau und Mutter ganz prinzipiell nicht erfuellen, die in den Augen 
eines Grossteils der Gesellschaft ihre eigentliche Aufgabe waere.
10. Unbestritten ist das Leben von Schwulen und Lesben in westlichen 
Staaten heute sehr viel einfacher als noch vor ein paar Jahren. 
Nachdem dort Ende der 1960er Jahre die Regulierung der Sexualitaet 
ihrer Buerger nicht aufgegeben, aber nach neuen Prinzipien gestaltet 
haben, hat die polizeiliche Ueberwachung und Verfolgung der - 
maennlichen - Homosexualitaet stark abgenommen bzw. aufgehoert(7). 
Dadurch wurde erst eine schwule Subkultur ermoeglicht, die noch ganz 
davon lebte, ein Gegenentwurf zu den sexualmoralischen Vorstellungen 
der buergerlichen Gesellschaft zu sein, welcher ein Mass an Befreiung 
ermoeglichte, von dem Veteranen noch heute sehnsuchtsvoll berichten. 
Sie war aber zugleich eine Illustration der Tatsache, wie sehr auch 
die Aufstaende und Uebertretungen noch den Konventionen gehorchen, 
gegen die sie sich subjektiv richten: Denn das in den 1970ern 
entworfene Modell des Homosexuellen nahm immer wieder Bezug auf die 
Klischees der buergerlichen Gesellschaft.(8) Genau diese Subkulturen 
wurden in West- und Nordeuropa, Kanada, Australien, Neuseeland nach 
dem Auftauchen von AIDS ein wichtiger Juniorpartner des Staates beim 
Kampf um die Volksgesundheit und zugleich auch zum Transmissionsriemen 
buergerlicher Normen in den Rest der schwulen Szene hinein.
Heute sind die verbliebenen Schwulenorganisationen weit entfernt von 
jeglicher Kritik an der Gesellschaft, um deren vollstaendige 
Anerkennung ihrer Liebes- und Lebensweisen sie so hartnaeckig 
kaempfen. Die lesbische Subkultur hat sich dagegen im Rahmen der 
feministischen Bewegung entwickelt und ist so angepasst und 
unangepasst wie diese. Da das Sexuelle in der lesbischen Bewegung 
nicht derartig im Vordergrund steht, ist sie weniger Adressat 
sexualpaedagogischer Bemuehungen des Staates und seines 
Gesundheitssystems.
Chiffre fuer Anti-Imperialismus
11. Weltweit ist zum Optimismus in Sachen Emanzipation kaum Anlass 
vorhanden. In vielen, nicht nur islamischen Staaten wird homosexuelle 
Emanzipation als Zersetzung und Zerstoerung der Nation gesehen - und 
entsprechend Homosexuelle als Gefahr behandelt, verfolgt und bestraft. 
Diese Regimes haben materiell ihren Buergern nichts zu bieten, oft 
nicht mal die schaebige Moeglichkeit, sich fuer fremden Reichtum den 
Buckel krummzuschuften. Entsprechend scharf sind diese Nationen auf 
den Idealismus ihrer Staatsbuerger und bekaempfen den westlichen 
"Individualismus"; das heisst das freche Maerchen, im Kapitalismus 
gehe es dauernd nur um das Streben nach individuellem Glueck, wird als 
Bedrohung der Aufopferung fuer Staat und Glauben gegeisselt. Die 
Schwulen - weniger die Lesben (9) - werden heute als Repraesentanten 
dieses Modells verfolgt: Zerstoerer der traditionellen Werte, 
Familien- , Ehe- und Nachwuchsverweigerer, Schwaecher der maennlichen 
Kampfkraft fuer Nation und/oder Umma(10).
12. In vielen Ex-Kolonien wird Homosexualitaet als Produkt des 
Kolonialismus dargestellt. Homosexuelles Verhalten laesst sich in 
diesen Gesellschaften aber fast immer auch schon vor der europaeischen 
Kolonialisierung nachweisen(11), z.T. besungen und gepriesen, z.T. 
auch einfach als selbstverstaendliche Durchgangsphase vor allem 
maennlicher Sexualitaet bekannt. Die (dortigen) Schwulen haben das 
Pech, als Symbol fuer koloniales Erbe, westliche Dekadenz und vor 
allem fehlende maennliche Pflichterfuellung herhalten zu muessen.(12) 
Alle eklige Scheisse, die die europaeischen Nationen bereits im 19. 
Jahrhundert an, mit, durch und gegen ihre(r) Bevoelkerung durchgezogen 
haben, spielen die Verlierernationen der ganzen Welt jetzt noch einmal 
durch. Und im Gegensatz zur gelungenen Kapitalakkumulation, die sie 
nicht hinkriegen und in der Masse auch gar nicht hinkriegen koennen, 
brauchen sie bei der moralischen Volksertuechtigung nicht zu 
befuerchten, in der Konkurrenz zu unterliegen - hoechstens, dass die 
imperialistischen Laender hin und wieder ihren Unwillen ueber 
mangelnde Botmaessigkeit in Form von Beschwerden ueber 
Menschenrechtsverletzungen kleiden. Und dabei haben auch Laender, die 
vor 30 Jahren selber noch Schwule in den Knast gesteckt haben, die 
Homofrage als imperialistischen Einmischungstitel entdeckt.
13. Auch innenpolitisch werden Fragen der "Integration" von Migranten 
nun des Oefteren mit der Homofrage verbunden. Ein Rassist, der sonst 
nicht weniger interessiert sein koennte an Homophobie und hier und da 
auch mal selbst einen Spruch gegen Schwule macht, fuehlt sich nun 
bemuessigt, Homophobie auf einmal an allen moeglichen Ecken und Enden 
auszumachen - aber ausschliesslich in der migrantischen Community. Das 
verweist auf das Problem jeglicher Identitaetspolitik, die bloss 
fordert, die jeweilige Gruppe nicht mehr aus der Nation 
auszuklammern.(13)
(leicht redigiert)
*
Fussnoten 
(Die angefuehrten Paragraphen beziehen sich auf deutsches Recht)
1 Die haeufig zu hoerende Erweiterung, in Wirklichkeit Verwaesserung, 
des Gen-Arguments, es sei wohl ein komplexes Zusammenspiel von Umwelt 
und Anlage am Werk, naemlich einer genetischen "Disposition", die dann 
auf soziale "Faktoren" treffe, hat natuerlich den Vorteil, dass man 
hier gar nichts mehr beweisen muss und auch gar nicht kann. Denn wie 
sollte das wohl nachgewiesen werden? Umwelt und Anlage sind zu ihrer 
Begruendung wechselseitig aufeinander verwiesen: Was sich nicht durch 
die Anlage erklaeren laesst, muss seine Ursache wohl in entsprechenden 
Umweltbedingungen haben und umgekehrt. Somit wird der freie Wille des 
Menschen als Ursache gar nicht erst in Betracht gezogen.
2 Es soll hier nicht gesagt sein, dass Sex nur okay ist, wenn dabei 
niemand verletzt wird. Jedoch sind wir der Auffassung, dass Sex nur 
dann okay ist, wenn niemand unwillentlich verletzt wird.
3 Die Nazis waren sich uebrigens nicht sicher, ob Homosexualitaet nun 
erblich oder anerzogen ist und haben darum eine Vielzahl widerlicher 
"Experimente" gemacht.
4 Den meisten ist dabei sehr wichtig, dass diese "primaeren 
Geschlechtsmerkmale" seit Geburt an der jeweiligen Person vorhanden 
sind.
5 "Schwul ist nur, wer sich bueckt, der andere ist einfach krass 
drauf" (Toilettenspruch). 6 Heutige Erfolgstipps, als Frau auch mal 
Staerke zu zeigen und als Mann auch Soft Skills zu entwickeln, sind 
keine Aufloesung der klassischen Geschlechterbilder, sondern eine 
Anpassung, in der der Bezug auf die urspruengliche Rollenverteilung 
weiter enthalten ist.
7 Im Regelfall - die uns bekannte Ausnahme war der austrofaschistische 
Staat, den wir fuer diese verfolgende Gleichberechtigung von Lesben 
und Schwulen aber auch nicht loben wollen - interessierten sich die 
modernen Homosexuellenverfolger nur fuer Schwule. Ob das mit der 
generellen Geringschaetzung weiblicher Sexualitaet oder mit den 
staerkeren Bedrohungsgefuehlen in Sachen schwuler Sex wegen 
Penetration von und durch Maenner zu erklaeren ist oder noch ganz 
anders, koennen wir hier nicht endgueltig beantworten.
8 Z.T. war das neue selbstbewusste Posen als sexuell befreites, sich 
nicht an gueltigen Codes buergerlicher Maennlichkeit haltendes 
Individuum eben nur die positive Umwertung alter Klischees von 
Schwulen als sexuell haltlos, effeminiert usw.. Das kommt sicherlich 
sympathischer rueber als die verklemmten autoritaeren Spiesserfressen, 
ist aber da schlecht, wo eben ein neues Idealbild entwickelt wird, dem 
mensch zu genuegen hat - wer zweimal mit dem/derselben pennt, gehoert 
keineswegs schon zum "Establishment", und Promiskuitaet ist auch nur 
dann geil, wenn sie der betreffenden Person Spass macht und nicht ein 
verzweifelter Selbstbestaetigungstrip oder eine fiese Konkurrenz ist. 
Z.T. aber wurden und werden einfach nur die Geschlechterklischees 
innerhalb eines Geschlechts durchgespielt, mit durchaus boesartigen 
Ausgrenzungen von z.B. "Tunten".
9 Ob das damit zu tun hat, dass in den entsprechenden Laendern Frauen 
sowieso nicht als vollwertige Menschen gesehen werden und lesbische 
Sexualitaet deswegen nicht ernst genommen wird oder ob die Gewalt 
gegen lesbische Frauen im haeuslichen Bereich bleibt und von Vater, 
Bruder, Ehemann usw. ausgeuebt wird und nicht an die Oeffentlichkeit 
geraet (um die Ehre der Familie nicht zu "beschmutzen" usw.), 
vermoegen wir nicht zu sagen.
10 "Umma" bezeichnet die religioese Gemeinschaft aller Muslime.
11 Als der marokkanische Gelehrte Muhammad al-Saffar in den 1840er 
Jahren Paris besuchte, stellte er verwundert fest: "Taendeleien, 
Romanzen und Umwerbungen ?nden bei ihnen [den Franzosen] nur mit 
Frauen statt, denn sie tendieren nicht zu Knaben oder jungen Maennern. 
Vielmehr gilt ihnen das als extrem schaendlich." (Georg Klauda: "Mit 
Islamophobie contra Homophobie?" in: Arranca! 37, 
http://arranca.org/ausgabe/37/mit-islamophobie-contra-homophobie; 
zitiert nach: Khaled El-Rouayheb, Before Homosexuality in the 
Arab-Islamic World, 1500-1800. Chicago, 2005. S.2)
12 Auch im Westen laesst sich beobachten, dass Homosexualitaet als 
Symbol fuer Egoismus und Verantwortungslosigkeit (unterlassene 
patriotische Pflicht der Nachwuchserzeugung) und Dekadenz steht. Herr 
Elsaesser beipsielsweise schimpft gegen "postmoderne Warmduscher" und 
gab am 19.9.2006 in der Zeitung "junge Welt" folgendes zum Besten: 
"Mit Staatsknete wird Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule 
Subkultur gefoerdert, waehrend die Proleten auf Hartz IV gesetzt 
werden und sich oft auch keine Kita, kein Schwimmbad und keine warme 
Wohnung mehr leisten koennen" ("Der Osten wehrt sich"). Und das 
Bundesverfassungsgericht begruendete sein Urteil zum Erhalt der durch 
die Nationalsozialisten verschaerften Variante des §175 (Verbot von 
sexuellen Handlungen von Maennern mit Maennern) Ende der 50er Jahre 
ebenfalls mit fehlender vaterlaendischer Pflichterfuellung, daher 
konnten sich schwule Maenner nicht auf die freie Entfaltung der 
Persoenlichkeit (im Grundgesetz §2) berufen. Inzwischen hat sich 
angesichts der permanenten Lobbyarbeit fuer die Schwulen- und 
Lesbenehe sowie dem Adoptionsrecht auch fuer gleichgeschlechtliche 
Paare eine gewisse Verschiebung ergeben. Es ist eben schwierig, 
jemandem Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen, wenn der/die dauernd 
darum kaempft, Verantwortung uebernehmen zu duerfen. Jetzt geht das 
Ressentiment eher so: Homosexuellen seien zur Verantwortungsuebernahme 
sittlich-moralisch per se nicht in der Lage, sondern benutzten Kinder 
nur zur Selbstverwirklichung. Realsozialistische Standpunkte sahen 
teils aehnlich, teils anders aus: Die DDR hatte die Verschaerfungen 
des §175 rueckgaengig gemacht. Nicht unerwaehnt bleiben sollte der 
Paragraph §121 des sowjetischen Strafbuchs, welcher neue Massstaebe 
fuer die - bis dahin recht liberale - Handhabung gesetzt hat. Waehrend 
sich die Sowjetunion vorher ruehmte, maennliche Homosexualitaet zu 
entkriminalisieren, so wurde spaeter mit Genugtuung festgestellt, dass 
der dekadente Westen seine "Perversen" zu lasch behandele. Allerdings 
waren die meisten Ostblockstaaten wesentlich weniger rigide als die 
UdSSR und der "freie Westen" in der Zeit vor den 1970er bis 1980er 
Jahren.
13 Zur Kritik von Identitaetspolitik siehe unseren Text "Proud to be ... 
so what?" auf http://www.junge-linke.org
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