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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 3. Juli 2013; 03:24
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Initiativen:

> Direkte Demokratie fuer die Bevoelkerung

Offener Brief von NGOs an Bundesregierung und Parlament

Wir, die unterzeichnenden NGOs, fordern die im Nationalrat vertretenen
Parteien auf, die Huerden fuer die Bevoelkerung zur Nutzung von direkt
demokratischen Instrumenten zu beseitigen. Direkte Demokratie ist eine
sinnvolle Ergaenzung und manchmal auch ein Korrektiv fuer die
parlamentarische Demokratie. Sie sollte so ausgestaltet sein, dass sie
auch fuer finanzschwache, nicht hoch-organisierte und nicht schon
lange etablierte Institutionen und Bewegungen aus der Bevoelkerung
leicht zugaenglich ist. Parteien und politische Organisationen sind
tragende, durch Wahlen legitimierte Saeulen der Willensbildung in
einer Demokratie. Sie haben im Parlament und durch
Regierungsbeteiligungen die Moeglichkeit, Vorschlaege in Form von
ausformulierten Gesetzen zur Abstimmung zu bringen. Die bisherige
Parteienfoerderung und der privilegierte Zugang zu den oeffentlichen
wie privaten Medien sichern aber der repraesentativen Demokratie einen
Vorsprung gegenueber zivilgesellschaftlichen Anliegen in der
politischen Auseinandersetzung in Oesterreich.

Die direkte Demokratie muss der Bevoelkerung, den Buergerinitiativen
und den NGOs die gleichen Moeglichkeiten zur Gesetzgebung einraeumen,
wie sie den Parteien offenstehen, wenn sie eine echte direkte
Demokratie als Ergaenzung zur parlamentarischen sein will. Eine
erneute Instrumentalisierung der direkten Demokratie fuer Parteien mit
privilegiertem Zugang zur Gesetzgebung lehnen wir ab. Folgende
wesentliche Elemente sind dafuer notwendig:

- Die Initiatoren eines Volksbegehrens muessen wie eine
Parlamentsfraktion oder die Bundesregierung einen ausformulierten
Gesetzestext 1:1 und unveraendert zur Abstimmung bringen koennen. Jede
Abaenderung des Textes ist eine Nichtumsetzung. Die erwuenschten
Aenderungen der Regierungsmehrheit koennen in einem eigenen
parlamentarischen Gegenvorschlag zur Abstimmung kommen.

- 10% der Wahlberechtigten sind zur Erreichung einer Volksbefragung
eine zu hohe Huerde fuer kleine, finanzschwache und parteiunabhaengige
Initiativen. 100 000 Unterstuetzungen oder 2% der Wahlberechtigten
waeren fuer die Ausloesung einer unverbindlichen Volksbefragung
ausreichend.

- Initiativen und Volksbefragungen fuer den weiteren Ausbau der
direkten Demokratie muessen moeglich sein, auch wenn dies eine
Gesamtaenderung der Bundesverfassung bedeutet - etwa die Einfuehrung
einer verpflichtenden Volksabstimmung. Der Vorschlag der Regierung
sieht hingegen einen Ausschluss von Themen bei Volkbefragungen vor,
die eine Gesamtaenderung der Verfassung bewirken.

- Alle Rechtsakte, an denen die oesterreichische Bundesregierung oder
das oesterreichische Parlament beteiligt sind, duerfen Gegenstand von
Volksbefragungen sein. Dazu gehoeren auch die Weiterentwicklung oder
Veraenderung des EU-Rechts und des internationalen Voelkerrechts.

- Es braucht faire Regelungen, die es den Initiativen aus dem Volk
ermoeglichen, ausgearbeitete Gesetzesvorschlaege zu erarbeiten und der
Bevoelkerung ausreichend bekannt zu machen. Dazu ist unabhaengige
juristische Unterstuetzung und ein Kostenersatz notwendig. Ein
Abstimmungsbuch, Belangsendungen und vom Staat bezahlte Inserate der
Initiativen sichern eine ausgewogene Berichterstattung.

- Schikanen des bestehenden Volkbegehrensgesetzes sollen beseitigt
werden. Aehnlich dem Standard fuer die Europaeische Buergerinitiative
(EBI) soll eine freie Unterschriftensammlung ueber eineinhalb Jahre
wie in der Schweiz und vielen deutschen Bundeslaendern auch online
moeglich sein.

- Die direkte Demokratie darf (genauso wie die indirekte Demokratie)
nicht zu einer Abschwaechung von Minderheiten- und Menschenrechten
fuehren, um nicht zu einer Spielwiese fuer menschenfeindliche Hetze
und Populismus zu werden. Initiativen und Abstimmungen, die
Minderheiten- und/oder Menschenrechte schwaechen bzw. zu einer
Verschlechterung der rechtlichen Situation fuer Personengruppen
fuehren, die durch Merkmale wie Herkunft, Hautfarbe, Religion,
Staatsangehoerigkeit, Behinderung oder sexuelle Orientierung definiert
sind, sollen nicht moeglich sein. Fuer derartige Begehren soll es
keine Volksbefragungen geben.

*Alexander Egit, Geschaeftsfuehrer Greenpeace CEE, Erwin Mayer,
Bundesvorstandssprecher mehr demokratie!, Alexandra Strickner, Obfrau
Attac, Reinhard Uhrig, Geschaeftsfuehrer Global 2000, Alexander
Pollak, Sprecher SOS Mitmensch*

Quelle:
http://www.mehr-demokratie.at/service/meldungen/635-offener-brief-von-ngos-an-bundesregierung-und-parlament

*

Reaktionen darauf:

> Was ist mit der exekutiven Macht?

Leider steht bei Ihnen (und bei den Parteien) doch die Frage der
Volksbegehren, Volksbefragungen und -abstimmungen im Vordergrund. Ich
sympathisiere und bin ebenfalls der Meinung, dass diese Instrumente
derzeit unbefriedigend sind.

Allerdings sehe ich darin kaum eine Moeglichkeit die Regierenden,
Machthaber und vor allem die Behoerden zum Einhalten bestehender
Gesetze zu zwingen.

Gesetze zum Schutz der Natur, des kulturellen Erbes (Denkmalschutz)
und des oeffentlichen Raumes werden laufend missachtet, um privaten
finanziellen Interessen Vorrang zu geben.

Die Palette reicht von den Steinhofgruenden bis zum SMZ-Nord
(Ziesel!), vom geplanten Lobautunnel bis zum Fracking und vom Augarten
bis zu den vielen durch Lokalen besetzten Gehsteigen. Nur Bettler und
Protestierende duerfen den Fussgaengerverkehr ja nicht stoeren -
Cafes, Wirte und andere Lokale koennen Gehsteige so gut wie
absperren - wenn sie dafuer nur genuegend zahlen!
*Dora Schimanko*

*

Heikle Geschichte

Eigentlich mutet es ja absurd an. Das Volk soll mittels Volksbegehren
keine Abstimmung -- und nicht einmal eine nichtbindende
Volksbefragung -- ueber grundlegende Aenderungen der Verfassung
initiieren koennen. Andererseits schreibt aber genau fuer solche
Fragen unsere Verfassung zwingend eine Volksabstimmung vor -- das
erste und bislang letzte Mal war eine solche Abstimmung zum
EU-Beitritt noetig. Der Widerspruch scheint evident.

Tatsaechlich ist aber neben einer solchen Volksabstimmung im
Nationalrat auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit fuer eine prinzipielle
Verfassungsaenderung noetig; der urspruengliche Verfassungsgeber
verlangte also eine doppelte Mehrheit. Das ist nur allzu
verstaendlich, handelt es sich doch bei diesen Grundprinzipien um
solche heiklen Rechtsgueter wie Legalitaetsprinzip,
Gleichheitsgrundsatz, Gewaltentrennung und auch das demokratische
Grundprinzip selbst. Genau deswegen gibt es auch ausserhalb der
herrschenden Parteienoligarchie Bedenken gegen von unten initiierte
Abstimmungen in solchen Fragen -- Bedenken, die in diesem Offenen
Brief wohl auch haetten beachtet werden sollen. Andererseits ist
natuerlich die Frage zu stellen, ob die Grundprinzipien unserer
Verfassung nicht auch zu modernisieren und zu erweitern oder
konkretisieren waeren.

"Oesterreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk
aus." (Art.1, B-VG) Hier waere sogar selbst einmal anzusetzen, denn
das ist so vage, dass es wohl einer Konkretisierung bedarf -- die
gefuehlte Gueltigkeit dieses Grundprinzips duerfte ja in Oesterreich
eher gering sein. Doch das Misstrauen der Volksvertreter gegen das
Volk ist immer noch viel zu gross, dass sich daran so schnell etwas
aendern koennte. Auch das ist zwar verstaendlich, demokratisch aber
nicht legitim. Die Forderung der Vertreter direktdemokratischer Mittel
sollte wohl lauten, dass eine Aenderung der Verfassungsprinzipien auch
weiterhin einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat und einer
Volksabstimmung beduerfte, dies aber sehr wohl auch per Volksbegehren
und nicht nur per Nationalrat initiiert werden koennte. Das waere eine
sehr qualifizierte doppelte Mehrheit.
*Bernhard Redl*





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