**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 19. Juni 2013; 02:25
**********************************************************
Datenschutz:
> Keine Rechte gegenueber Religionsgemeinschaften?
Parallel zum Volksbegehren gegen Privilegien religioeser 
Gemeinschaften zeigt eine aktuelle Entscheidung der 
Datenschutzkommission (DSK), dass Religionsgemeinschaften auch im 
Datenschutzrecht eine Sonderstellung in Anspruch nehmen.
Einerseits verfuegt die katholische Kirche ueber ein eigenes Regelwerk 
("Kirchliche Datenschutzverordnung") das hinsichtlich seiner 
DSG-Tauglichkeit zumindest Fragen aufwirft. Darueber hinaus zeigt die 
DSK-Entscheidung ein Rechtsschutzdefizit auf, da die 
Datenschutzkommission (DSK) gegenueber der Kirche -- wie bei 
oeffentlichen Institutionen -- Gesetzesverletzungen nur feststellen, 
den rechtmaessigen Zustand aber nicht herstellen kann.
Ein Betroffener hatte an die von der Kirche eingerichtete 
Opferschutzkommission ein Auskunftsbegehren gerichtet. Dieses wurde 
nur mangelhaft beantwortet. Die Auskunft stellte nicht klar, bei 
welcher Stelle oder Organisation innerhalb der Kirche welche Daten 
verarbeitet werden. Weder Datenherkunft noch Datenempfaenger wurden im 
Auskunftsbegehren offengelegt. Der Betroffene rief die 
Datenschutzkommission an.
"Kirchliche Amtsverschwiegenheit"?
Die katholische Kirche brachte im Verfahren vor, die 
datenschutzrechtliche Organisation und Vertretungsbefugnis in 
Datenschutzfragen ergebe sich aus dem DECRETUM GENERALE ueber den 
Datenschutz in der Katholischen Kirche in Oesterreich und ihren 
Einrichtungen (Kirchliche Datenschutzverordnung, kurz: K-DSV).
Gemaess § 3 K-DSV sei die kirchliche Datenschutzkommission berufen, 
Auskunftsbegehren zu beantworten und die katholische Kirche in 
Datenschutzfragen zu vertreten. Fuer Zwecke der unabhaengigen 
kirchlichen Opferschutzanwaltschaft (fuer Faelle physischer oder 
psychischer Gewaltausuebung oder sexuellen Missbrauchs in 
Einrichtungen der katholischen Kirche) sei eine Datenanwendung an das 
Datenverarbeitungsregister (DVR) gemeldet und dort registriert worden.
Der Betroffene habe zwei Auskunftsbegehren gestellt, eines gerichtet 
an die Opferschutzanwaltschaft, das andere an die Stiftung Opferschutz 
der katholischen Kirche. Beide Einrichtungen haetten diese 
Auskunftsbegehren zur Beantwortung an die kirchliche 
Datenschutzkommission weitergeleitet.
Dem Beschwerdefuehrer sei mitgeteilt worden, dass es nicht moeglich 
sei, Auskuenfte zu erteilen, die dem "Siegel der kirchlichen 
Amtsverschwiegenheit" unterliegen wuerden (§ 7 K-DSV). Diese koennten 
nur mit schriftlicher Zustimmung des Betroffenen weitergegeben werden, 
soweit die Weitergabe durch die anzuwendenden Rechtsvorschriften nicht 
absolut untersagt sei. Eine solche Zustimmung liege nicht vor.
DSK stellt Datenschutzverletzung durch die katholische Kirche fest
Die DSK folgte den Angaben des Beschwerdegegners nicht und sprach klar 
eine Datenschutzverletzung durch die katholische Kirche aus: Der 
Anspruch auf Auskunft enthalte das Recht, Auskunft ueber die 
verarbeiteten Daten in allgemein verstaendlicher Form zu erhalten. 
(K121.877/0011-DSK/2012)
Dabei seien die Herkunft dieser Daten und allfaellige Uebermittlungen 
zu beauskunften und zwar in konkreter Form, damit der Betroffene seine 
Berichtigungs- und Loeschungsrechtedurchsetzen koenne. Darueber hinaus 
seien der Zweck und die Rechtsgrundlagen der Datenverwendung zu 
beauskunften.
Der Einwand der "geistlichen Amtsverschwiegenheit" sei schon deshalb 
unzutreffend, da sich das Auskunftsrecht nicht auf Daten Dritter 
erstrecke, sondern nur auf jene des Betroffenen, der aber mit seinem 
Auskunftsbegehren bereits die implizite Zustimmung erteilt habe, ihn 
betreffende Daten fuer Zwecke der Auskunftserteilung zu verarbeiten.
Jedoch: Als gesetzlich anerkannte Kirche zaehle die katholische Kirche 
zu den Auftraggebern des oeffentlichen Bereichs. Diesen gegenueber 
kann die DSK Rechtsverletzungen ausschliesslich feststellen - nicht 
aber durchsetzen.
Datenschutzverletzung durch Konkordat gedeckt?
Zunaechst lohnt sich ein Blick auf die Kirchliche 
Datenschutzverordnung (K-DSV). Dabei handelt es sich um ein 
kirchenrechtliches Dekret, dessen Rechtsgrundlage in Oesterreich das 
Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Oesterreich 
bildet. Das Recht, innerhalb ihrer Zustaendigkeit derartige "Dekrete" 
zu erlassen, ist in Art.1 §2 des Konkordats verankert. Dekrete sind 
zwar "kirchenrechtlich" als Gesetzesnorm anzusehen, gemaess Konkordat 
ist diese Rechtssetzungsmoeglichkeit jedoch klar auf die 
"Zustaendigkeit" der kirchlichen Gemeinschaft begrenzt.
Dass der katholischen Kirche - auch als anerkannter 
Religionsgemeinschaft - keine datenschutzrechtliche Sonderstellung 
zukommen kann und sie die oesterreichischen Datenschutzbestimmungen 
wie jede andere Institution auch einzuhalten hat, steht fest. 
Betrachtet man die Kirchliche Datenschutzverordnung so finden sich 
darin in §7 eigene Regelungen fuer die innerkirchliche Weitergabe von 
Daten - eine Differenzierung zwischen sensiblen und sonstigen Daten 
wird dabei nicht vorgenommen. Das ist nur ein Beispiel - auch die 
Reichweite des Auskunftsrechtes war im Anlassfall ja aufgrund der 
Verordnung offenbar strittig.
Zwar betont die Verordnung den Vorrang staatlicher Normen - in diesem 
Fall stellt sich aber generell die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer 
solchen Verordnung. Wenn alle sonstigen Institutionen ohne eine eigene 
Verordnung auskommen und sich nach den Regelungen des DSG richten, 
weshalb benoetigt die katholische Kirche dann einen eigenen 
Normenkatalog? Noch dazu wenn dieser hinsichtlich des DSG Fragen 
aufwirft.
Auch der Umstand, dass saemtliche Datenschutzagenden der Kirche durch 
eine zentrale Institution wahrgenommen werden, die sich in Anlehnung 
an eine staatliche Behoerde als "Datenschutzkommission" bezeichnet, 
wirft kein gutes Licht auf das Vorgehen. Insbesondere, da mit dieser 
Form der Organisation zwangslaeufig unnoetige Datenuebermittlungen 
zwischen verschiedenen Kircheninstitutionen verbunden sind. Dass eine 
Religionsgemeinschaft eine interne Regelung erlaesst, die sie als 
"kirchliche Amtsverschwiegenheit" (welches "Amt"?) bezeichnet passt da 
gut ins Bild.
Fazit: Rechtsschutzdefizit vorhanden
Die Entscheidung der DSK zeigt klar, welche Folgen der Umstand, dass 
staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften als Personen des 
oeffentlichen Rechts anerkannt sind fuer den Betroffenen hat: Dass 
eine Verletzung durch die DSK nur festgestellt aber keine Leistung 
aufgetragen werden kann, heisst, dass der Auftraggeber nicht zu einer 
korrekten Auskunft gezwungen werden kann.
Die Feststellung einer Rechtsverletzung ist gut und schoen - hilft dem 
Betroffenen aber nicht weiter. Effizienter Rechtsschutz sieht anders 
aus. Wenn der Gesetzgeber schon darauf beharrt, dass die DSK keinen 
anderen Behoerden bzw. Personen oeffentlichen Rechts Auftraege 
erteilen kann, sollte die Reichweite dieser Auffassung gut ueberlegt 
sein. Fuer Religionsgemeinschaften gibt es nicht den geringsten Grund, 
weshalb diese eine Sonderreglung geniessen sollten.
(Michael Krenn, ARGE DATEN, gek.)
Volltext: 
http://www.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=64522goo
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der 
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd 
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe 
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit 
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der 
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem 
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige 
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement 
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den 
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin