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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 19. Juni 2013; 02:26
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Datenschutz:
> Datenfalle fit2work
Anlaesslich des Starts der Bundeslaendertour des Infobusses 
"fit2work", dessen Gesundheitsberatung die Menschen laenger in der 
Arbeit halten soll, betont der Sozialminister in einer 
SPOe-Presseaussendung irrefuehrenderweise, dass das Angebot 
"kostenlos, freiwillig und vertraulich" sei. Das Erste stimmt zwar, 
das Zweite nur bedingt und das Dritte gar nicht.
Bereits in ihrem Jahresbericht 2012 kritisierte die Volksanwaltschaft 
unter dem Titel "Gesundheitsprogramm fuer Arbeitslose unterlief 
Datenschutz" fit2work. Unter Androhung des Existenzentzuges 
(AMS-Bezugssperre) wurde zugewiesenen Arbeitslosen vom 
fit2work-Dienstleister OeSB eine "Betreuungsvereinbarung und 
Zustimmungserklaerung fit2work-Case-Management" aufgezwungen, 
derzufolge die Betroffenen "offenbar einer umfassenden Uebermittlung 
seiner Gesundheitsdaten an alle wesentlichen 
Sozialversicherungstraeger, einschliesslich diverser 
AMS-Geschaeftsstellen und des Bundessozialamtes, zustimmen sowie in 
eine weitgehende Aufhebung der aerztlichen Schweigepflicht 
einwilligen" mussten.
Weiter stellte der Volksanwalt fest: "Textpassagen ueber 
Betreuungsdienstleistungen waren mit Zustimmungserklaerungen zur 
Datenweitergabe untrennbar verwoben; an anderer Stelle war wiederum 
von "Vertraulichkeit" die Rede. Aus der Vereinbarung ging somit nicht 
klar hervor, was gelten solle und was nicht." Die Bewertung der 
Volksanwaltschaft ist klar: "Die vorliegende 'Betreuungsvereinbarung' 
unterminiert das Grundrecht auf Datenschutz und auf Wahrung der 
Privatsphaere."
Der Clou an der Sache: Nach Arbeits-und-Gesundheits-Gesetz durfte 
bislang die Uebermittlung persoenlicher Daten nur nach freiwilliger 
Zustimmung erfolgen.
Reaktion: Regierung faehrt ueber Datenschutz hinweg
Das Sozialministerium gelobte zwar Besserung, doch das Gegenteil 
passierte: Mit dem am 5.12.2012 beschlossenen 
"Sozialrechts-Aenderungsgesetz 2012 - SRAeG 2012" hat nun aber die 
Regierung die bislang illegal praktizierte Uebermittlung aller Daten, 
auch hochsensibler Gesundheitsdaten, zwischen fit2work und dem 
Hauptverband der Sozialversicherungen, dem AMS und dem Bundessozialamt 
im Gesetz festgeschrieben. Somit ist die vom Sozialministerium 
versprochene Vertraulichkeit laengst Geschichte! Ueber fit2work 
koennen nun alle beteiligten Institutionen auch die intimsten Daten 
ueber die Rat Suchenden untereinander austauschen ohne dass die 
Betroffenenes erfahren oder zustimmen muessen.
Begruendet wurde dies in den Erlaeuterungen zum Regierungsentwurf 
damit, dass diese zu "auch zu Irritationen der betroffenen Personen" 
fuehre! Auch sollen die Gebietskrankenkassen ueberpruefen koennen, ob 
ihre Einladungen zu den "freiwilligen" Beratungen "auch den 
gewuenschten Effekt hatten."
Zur Ueberwachung der "oekonomischen Effekte", also ob fit2work 
"spaetere Invalidisierungen hintanhaelt" erhaelt die "Bundesanstalt 
Statistik Austria" die via "indirekten Personenbezugs mittels eines 
bereichsspezifischen Personenkennzeichens" nur unzureichend 
anonymisierten Daten der Betroffenen gleich fuer satte 30 Jahre.
Ist die fit2work-Beratung nur ein Koeder?
Auch geht entgegen den Versicherungen von Sozialminister Hundstorfer 
bei fit2work mehr als nur um unverbindliche Beratung, denn die 
Beratungseinrichtungen "sollen gerade die Aufgabe der Prozesssteuerung 
in Richtung Rehabilitierung statt Fruehpensionierung uebernehmen".
Es geht also nur darum, mit moeglichst viel Druck 
"Fruehpensionierungen" zu vermeiden und Kosten zu sparen. Wer einmal 
via fit2work "beraten" worden ist, der soll offenbar mit aller Gewalt 
auch als Teilinvalider ohne echte Aussicht auf einen vernuenftigen Job 
wieder auf den "Arbeitsmarkt" geworfen werden. Kollateralschaeden 
durch das neoliberale Aktivierungs- und Arbeitszwangsregime, wie 
bereits in Deutschland und Grossbritannien aufgetreten, werden dabei 
offenbar in Kauf genommen, die Regierung will ja 700 Millionen Euro 
auf Kosten der Invaliden einsparen.
Die "kostenlose freiwillige und vertrauliche Beratung" war also nur 
der Koeder um die durch die Arbeit ruinierten Menschen von der 
Invaliditaetspension fern zu halten. Fit2work wird naemlich die 
zentrale Instanz zur Ueberwachung der Arbeitsfaehigkeit: Ziel ist 
nicht, voll gesund zu werden, sondern, wie der Name schon sagt, gerade 
noch arbeitsfaehig zu sein.
(Aktive Arbeitslose / gek.)
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