**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 12. Juni 2013; 01:22
**********************************************************
Nachruf:
> Karl Flanner 1920-2013
"Der Arbeiter erarbeitet den Profit, alle Werte stammen aus der Arbeit 
und die Aufgabe der Gewerkschaften ist, aus diesem Mehrwert so viel 
herauszuholen wie moeglich fuer die Arbeiter die diesen Mehrwert 
schaffen." (K.F.)
Karl wurde 1920 geboren, in einem Arbeiterviertel von Wiener Neustadt, 
Flugfeld, in einer kampfreichen Zeit aufgewachsen und schon als Kind 
in die sogenannte "Kampfzone" herangezogen: Kinderfreunde, 
Naturfreunde, Arbeiterturner, Rote Falken. Am 1. Mai marschierte er 
mit und am Republiktag, am 12.November, gegen die Heimwehr oder gegen 
die deutschen Turner. Praegend fuer den jungen Karl war der 15.Juli 
1927, Vater hatte endlich Arbeit und da hatten seine Mutter und er 
erfahren, dass in Wien geschossen wird und die Arbeiter demonstrieren. 
Die Mutter hatte panische Angst gehabt, dass ihr Mann daran beteiligt 
ist und auch erschossen wird. Das hat ihn sehr bewegt. Der Vater kam 
nach der Arbeit nicht zur ueblichen Zeit nach Hause, erst spaet in der 
Nacht kam er und erzaehlte: "Wir sind marschiert und ploetzlich 
schossen sie von den Daechern herunter auf uns, wir sind in 
Toreingaenge gefluechtet, andere haben sich auf den Boden geworfen". 
An diesem Tag war ihm bewusst, dass er Halbwaise haette sein koennen 
und seit damals hatte er ein gestoertes Verhaeltnis zu Polizei und 
Militaer.
Im Jahre 1933 nach der Machtergreifung der Nazis kamen viele 
Emigranten nach Oesterreich. Deutsche Jungsozialisten haben 
Arbeiterlieder in den Hoefen zu Gitarren und Mandolinen gesungen, und 
haben auch von den KZ´s erzaehlt. Wer spaeter sagte, er hat nichts 
gewusst von KZ´s, der wollte auch nichts wissen. Nach dem Februar 1934 
trat seine gesamte Rote-Falken-Gruppe geschlossen in den illegalen 
Kommunistischen Jugendverband ein. Seine Entscheidung begruendete 
Flanner: "Wir hatten unsere Einstellung nicht geaendert. Geaendert hat 
sich die Einstellung der Obrigen".
Im Jaenner 1935 trat Karl aus Ueberzeugung der Kommunistischen Partei 
bei. Er organisierte zu dieser Zeit den Widerstand im Raum Wr.Neustadt 
gegen den aufkeimenden Faschismus.
Er und einige andere Mitstreiter wurden von einem Freund denunziert, 
1939 wurde er verhaftet..
Bei den Einvernahmen bei der GESTAPO wurde er geschlagen und gefoltert 
und ihm wurden immer wieder nur zwei Fragen gestellt: "Wo sind die 
Schriften und wer sind die Anderen". Er hat nichts verraten und wurde 
1940 verurteilt. Von Dachau erfolgte nach einem Jahr seine 
Ueberstellung nach Buchenwald, wo er an der Selbstbefreiung am 11. 
April 1945 aktiv beteiligt war. Dabei wurden ca. 200 Nazi-Aufseher 
festgenommen und spaeter den Amerikanern lebend uebergeben.
Karl wollte fuer ein freies, demokratisches Oesterreich kaempfen. Nach 
seiner Rueckkehr aus dem KZ hatte die Regierung den Begriff:"Opfer des 
Faschismus" kreiert. Aber Karl hat sich nie als Opfer gesehen, sondern 
als Kaempfer gefuehlt!
Nach seiner Rueckkehr nach Wr. Neustadt war er 2 Wochen im Dienst bei 
der Staatspolizei, den er aber bald aufgab. ab 1946 hat er wieder im 
RAX-Werk als Buchhalter zu arbeiten begonnen und ist bald darauf zum 
Betriebsabrechner aufgestiegen.
Er war dann bei der Angestelltengewerkschaft organisiert, dort waren 
seine Buchenwaldkameraden Otto Horn als Zentralsekretaer und Friedrich 
Hillegeist als Obmann taetig. Karl wurde Betriebsratsobmann der 
Angestellten und stieg auf bis zum Zentralen Leitungsausschuss.
Auch an den Streiks im Oktober 1950 war Flanner massgeblich beteiligt 
und organisierte im Raum Wr. Neustadt eine totale Streikfront, 
deswegen wurde er aus der Gewerkschaft ausgeschlossen.
1971 wurde er aus der Kommunistischen Partei per Einschreibebrief 
ausgeschlossen. Er musste sich entscheiden: "Entweder bleibt er seinen 
Idealen treu, dann muss er sich von dieser Partei trennen, die diese 
Ideale nicht mehr hat, oder er verriet seine Ideale. Karl entschied 
sich fuer seine Ideale.
Im selben Jahr bekam er den Posten im Stadtarchiv und er brachte 1973 
das Buch: "Widerstand in Wr.Neustadt" heraus. Schon damals begann er 
eine Sozialgeschichtliche Abteilung im Stadtarchiv einzurichten. Das 
Haus, das ihm die Stadtgemeinde zur Verfuegung gestellt hatte und das 
unter Denkmalschutz stand, begann erfuer die Zwecke des 
Industrieviertel-Museum zu adaptieren.
Karl Flanner hat seit den 80er Jahren ca. 500 Vortraege an Schulen, 
Universitaeten und bei Gewerkschaftsschulungen gehalten.
Lieber Karl, Du warst ein perfektes Vorbild in meinem Leben und ein 
grossartiger Freund. Wir werden dir stets in ehrendes Angedenken 
bewahren.
*Albert Dlabaja*
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der 
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd 
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe 
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit 
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der 
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem 
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige 
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement 
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den 
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin