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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 12. Juni 2013; 01:31
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Glosse:

> Nichtwissen ist unbefriedigend

Gedanken zum heurigen Bilderbergtreffen
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2013 war die totale Transparenz beim Bilderbergtreffen angesagt. Es
gab ein Pressecenter, es wurden erstmals sowohl eine Liste an Themen
als auch eine der Eingeladenen vorab veroeffentlicht. Aber diese neue
Offenheit ist natuerlich Fassade, denn worum sich die Gespraeche in
Watford wirklich drehten, was informell abgemacht wurde und wer was
gesagt hat, wird wohl auch diesmal grossteils nicht der
Oeffentlichkeit bekannt werden. Was den Kritikern weiterhin einzig
bleibt, ist Kaffeesudlesen.

Denn beim heurigen Treffen sind zwei Dinge klar: Erstens will man der
Kritik ihre Spitze nehmen und den Mythos des grossen
Weltregierungstreffens ein wenig daempfen. Zweitens aber soll das
Treffen auch weiterhin seinen Zweck erfuellen -- und das geht
natuerlich nur unter der Bedingung, dass die Beteiligten
sicherstellen, dass sie alle informell und ohne oeffentlichen Druck
sagen koennen, was sie sagen wollen. Das Prinzip der Geheimdiplomatie
wird nicht angetastet.

Geheimdiplomatie ist prinzipiell natuerlich etwas Bedenkliches,
voellig inkompatibel mit dem republikanischen Grundgedanken, dass
Politik eine oeffentliche Angelegenheit zu sein habe. Mitunter
erscheint sie allerdings notwendig und kann sogar zum Wohle der
Menschheit sein -- die diplomatische Kanaele beispielsweise zwischen
Israel und der Hamas, wo keine der beiden Regierungen zugeben kann,
dass sie mit der anderen redet, haben wohl schon Schlimmeres in der
dort so verfahrenen Situation verhuetet. Das Problem dabei:
Geheimdiplomatie ist nur notwendig, wenn man eine Politik betreibt,
die sie notwendig macht -- wuerden Israel und Hamas nicht staendig
Propaganda gegen die andere Seite machen, koennten sie vielleicht
irgendwann einmal ehrlich auf einander zugehen.

Oft ist Geheimdiplomatie aber nicht grundlos verdaechtig: Denn
natuerlich wird da viel gepackelt, was eben einer breiten Masse (und
die ist ja angeblich in der Demokratie ausschlaggebend) nicht gefallen
kann. Und diese Geheimdiplomatie ist im besten Falle josefinisch, im
schlechtesten Falle die Packelei einer Oberschicht zur
Herrschaftssicherung.

Dafuer ist Bilderberg sicher eine Chiffre -- mehr kann es aber nicht
sein, denn Geheimdiplomatie findet auf vielen Wegen statt, da muss man
sich nicht so pompoes in einem Hotel treffen. Denn wenn man mit viel
Trara klarmacht: 'Wir ganz Wichtigen treffen uns da jetzt und sagen
nicht, worueber wir reden', dann mutet das nicht gerade als
Grossmeisterschaft der Diskretion an.

Leider gibt es auch nur ganz wenige Berichterstatter, die sich serioes
mit dem Thema Bilderberg beschaeftigen. Und auch gelesen werden diese
Berichte nur sehr wenig, weil diese eben unspektakulaer sind und nicht
auf wilden Vermutungen aufbauen. Wenn man diese Webseiten ergooglen
will, hat man ein Problem, weil man sich erst einmal durch hunderte
Blogs von Leuten durchwuehlen muss, die behaupten, ganz genau zu
wissen, was sich bei den Treffen abspielt.

Die Bilderberger Art der Geheimdiplomatie stammt aus den 50ern, wo von
einer Informationsgesellschaft noch keine Rede war. Aber heute will
man alles wissen -- und das ist gut so; eine Gesellschaft, die der
Obrigkeit prinzipiell misstraut, ist begruessenswert. Doch wenn man in
der heutigen Zeit keine Infos kriegt, ist das einfach unbefriedigend
und man sucht sich Leute, die Infos versprechen -- auch wenn sie sich
diese aus den Fingern saugen. Da ist man dann schnell bei der
Vorstellung vom "grossen Plan", nach dessen Direktiven die
Entscheidungstraeger wie Marionetten handeln sollen. Es stimmt
wahrscheinlich schon, dass unsere offiziellen Entscheidungstraeger
aufgrund von Abhaengigkeiten nur sehr bedingt selbst entscheiden --
zwischen dem und dem grossen Plan liegt aber wohl noch viel.

Man koennte sogar eine Gegenverschwoerungstheorie basteln und sagen,
irgendwelche Geheimdienste haetten die Geschichte vom grossen Plan der
Bilderberger aufgebracht, damit die Bevoelkerung das Gefuehl hat, es
gaebe einen solchen und die Eliten waeren sich einig und wuessten was
sie tun (was oft genug wohl nicht der Fall ist). Oder:
Bilderbergtreffen werden gross aufgeblasen um von der wirklichen
Geheimdiplomatie abzulenken, wo ganz andere Sachen ausbaldowert
werden. Ja, sicher, das sind Vermutungen und ich glaube sie selber
nicht; sie sind in der Qualitaet aber auch nicht schlechter als die
Behauptungen, die sich in der Mehrzahl der einschlaegigen Blogs finden
lassen.

Doch all diese Vermutungen bringen uns nicht weiter. Vielleicht
sollten wir uns mit den materiell nachweisbaren Schweinereien
beschaeftigen -- denn auch davon lenken die Bilderberger ab. Wer will
sich schon beispielsweise mit irgendeiner hinterhaeltigen und schwer
durchschaubaren Krankenkassenreform beschaeftigen, wenn andere
behaupten, die Bilderberger wollen den Grossteil der Weltbevoelkerung
mittels Impfprogrammen umbringen lassen? Der grosse und vor allem
leicht verstaendliche Skandal zieht einfach besser -- auch wenn er
frei erfunden ist. Derlei gab es zwar schon lange vor dem Web 2.0,
aber diese Flut an Verschwoerungstheorien stellt eine neue Qualitaet
an Desinformation dar.

Wertvolle Informationen zu beschaffen und sie kritisch zu
durchleuchten, bis man einen einigermassen befriedigenden Grad an
Wirklichkeitsnaehe sicherstellen kann, ist eine muehselige
Kleinarbeit. Und es ist unbefriedigend, wenn man an bestimmte wichtige
Informationen so gar nicht herankommt. Doch davon sollte man sich
nicht irritieren lassen -- auch wenn die neue Informationsfreiheit des
weltweiten Netzes nicht so perfekt ist, wie man es gerne haette, so
bietet sie doch die Chance einer emanzipatorischen Kommunikation. Die
sollten wir uns weder von Bilderbergtreffen noch von
Verschwoerungstheoretikern verderben lassen. *Bernhard Redl*



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