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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Montag, 29. April 2013; 02:42
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EU/Afrika:
> Second-Hand-Muell
Europaeischer Elektroschrott gelangt immer noch nach Afrika und 
gefaehrdet dort die Menschen. Offiziell aber sind das alles tadellose 
Geraete.
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Laut einer aktuellen Studie der Internationalen Arbeitsorganisation 
ILO besteht der weltweit am schnellsten wachsende "Muellberg" aus 
Elektroartikeln, er vergroessere sich jaehrlich um 4 %. Schaetzungen 
zufolge sind es ueber 41 Mio. Tonnen, die pro Jahr anfallen. 
MitarbeiterInnen der entwicklungspolitischen Organisation "Suedwind" 
waren bereits zum dritten Mal in den letzten drei Jahren auf einer der 
groessten afrikanischen Elektromuellhalden in Ghanas Hauptstadt Accra. 
Sie bestaetigen den Verdacht der ILO, dass ein Grossteil der in 
Industrielaendern zum Recycling anfallenden Elektroaltgeraete, als 
funktionierende Second-Hand-Ware deklariert, in Entwicklungslaender 
verschifft wird und dort grossen Schaden anrichtet.
Mittlerweile sind es schon an die 7000 Kinder und Jugendliche, die 
tagtaeglich auf die Elektromuellhalde kommen und Altgeraete 
verbrennen, um an die Kupferkabel zu kommen. Fuer eine Tagesausbeute 
von einem halben Kilo Kabel bekommen sie 1 Euro. "Die Luft ist 
verpestet und macht das Atmen schwer, der Boden voller scharfer 
Splitter und Gift - es ist nach wie vor apokalyptisch", zeigt sich 
Christina Schroeder nach ihrem letzten Lokalaugenschein schockiert: 
"Jeden Tag kommen mehr Kuehlschraenke, Fernseher und Computer, zum 
Teil sogar mit Inventarschildern versehen, die ihre Herkunft aus 
Europa bestaetigen. Hier bringen sie ghanaische Kinder und Jugendliche 
um ihre Gesundheit". Haut- oder Lungenkrankheiten, an denen die 
meisten frueher oder spaeter erkranken, bleiben unbehandelt, da die 
Kinder und Jugendlichen nicht versichert sind und oft auch ohne ihre 
Eltern leben - zumeist gleich neben der Muellhalde in einem Slum 
namens "Sodom and Gomorrah". Einer von ihnen ist der 12-jaehrige 
Faruk: "Ich habe staendig Kopfweh, brennende Augen, Husten und Brennen 
in den Atemwegen. Wenn ich es nicht mehr aushalte, kaufe ich mir von 
meiner Ausbeute Schmerztabletten. Die werden hier auf der Deponie 
gehandelt", erzaehlte er den Suedwind-MitarbeiterInnen.
Verboten - na und?
Auf internationaler Ebene kontrolliert das so genannte Basler 
Uebereinkommen grenzueberschreitende Transporte von Elektromuell. In 
Europa ist zudem 2006 die WEEE-Richtlinie in Kraft getreten, die den 
Export von Elektromuell in Laender ausserhalb der OECD verbietet und 
die Sammel- und Verwertungssysteme fuer Recycling vorsieht. Finanziert 
werden sollen diese dabei laut Richtlinie von den Herstellern der 
Geraete. Nur funktionierende Altgeraete duerfen als Second-Hand-Ware 
weitergegeben und aus Europa ausgefuehrt werden. Tatsaechlich wird 
aber auch immer wieder Muell als funktionierende Gebrauchtware 
deklariert und so illegal ausgefuehrt.
Das Secretariat of the Basel Convention identifiziert in einer Studie 
als einen signifikanten Weg fuer die informelle Entsorgung von 
Elektromuell die Elektrohaendler, die Geraete zuruecknehmen. Diese 
geben, sofern sie nicht gebuehrenfreie oeffentliche Sammelsysteme 
benuetzen koennen, ihre gebrauchten und kaputten Geraete an 
Zwischenhaendler weiter, um deren "Entsorgung" zu organisieren. "Es 
kann angenommen werden, dass die Haendler bald die Spur der von ihnen 
weitergegebenen Geraete verlieren, auch wenn sie laut WEEE-Richtlinie 
die Verantwortung fuer die Entsorgung tragen", so Ines Zanella von 
Suedwind und erklaert weiter: "Der Handel mit Gebrauchtgeraeten und 
Elektroschrott ist offenbar finanziell lukrativer als Recycling und 
wegen lueckenhafter Kontrollsysteme in grossem Ausmass moeglich".
Nachfragen bei oesterreichischen Elektrohaendlern bestaetigten dieses 
Bild: Nur ein befragtes Unternehmen arbeitet mit einem zertifizierten 
Recyclingunternehmen zusammen. Kleinere Elektrohaendler organisieren 
die Entsorgung selbst. Ein Computerhaendler gab an, die Entsorgung der 
Altware durch ein weltweit agierendes Speditionsunternehmen abwickeln 
zu lassen. Andere Haendler reagierten gar nicht auf Nachfragen - 
ebenso wie OnlineankaeuferInnen von Elektrogeraeten.
"Die Wege des Elektromuells nach Afrika sind vollkommen intransparent 
und werden wohl aus guten Gruenden verborgen gehalten. Offensichtlich 
sind aber die Berge an Elektromuell, die sich dort anhaeufen - 
deswegen muessen Regierungen, Hersteller und Handel zusammenarbeiten, 
um diese illegalen Exporte zu stoppen" fordert Zanella.
Jenen, die zu einer Besserung der Missstaende beitragen wollen, raet 
Suedwind alte Elektrogeraete zu entsprechenden Sammelstellen der 
Gemeinden oder zu einem "ReUse"-Zentrum bringen, das fuer Reparatur 
und Wiederverwendung in Oesterreich sorgt.
(Aussendung Suedwind / bearb.)
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Pressemappe: http://doku.cac.at/elektromuell_pressemappe_130425.pdf
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