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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 17. April 2013; 04:46
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Volksbegehren/Debatte:

> Begehrtes Volk

Wiedermal wird volksbegehrt, wiedermal viel heisse Luft produziert.
Ausser dem Rundfunkvolksbegehren hat keines dieser Begehren in der
Geschichte der Zweiten Republik unmittelbar zu einem Gesetz gefuehrt.
Also warum tun sich das immer wieder Leute an? Buerokratische Huerden
nehmen, Kampagnen fuehren, Leute auf die Gemeindeaemter mobilisieren
und nachher kommt sowieso nichts raus... ausser Spesen nichts gewesen,
just for fun?

Volksbegehren sind in der heutigen Form kein Instrument der Direkten
Demokratie -- eine banale Unterschriftensammlung ohne das Brimborium
eines offiziellen Volksbegehrens oder ein Beschwerdebrief an
irgendeinen Entscheidungstraeger sieht man ja auch nicht als das an.
Und etwas anderes ist das nicht. Also was ist es dann?


Ist das Was wichtig... ?

Prinzipiell wackelt da ja der Schwanz meist eher mit dem Hund als
umgekehrt: Man fuehrt als Betreiber keine Kampagne fuer ein
Volksbegehren, sondern man macht ein Volksbegehren, um eine Kampagne
fuehren zu koennen -- ein Volksbegehren ist zwar eben kein brauchbares
direktdemokratisches Instrument, aber vielleicht ein
indirekt-demokratisches. Dadurch, dass alle so tun, als koennte man
etwas direkt bewegen, wird es zum Thema. Es gibt da zwar auch den
Effekt, dass ein solches Begehren zur reinen Beschaeftigungstherapie
fuer Unzufriedene wird, oft genug wird dadurch aber auch eine
oeffentliche und vor allem veroeffentlichte Debatte angestossen.
Inwiefern dann die von den Betreibern gewuenschte Veraenderung
eintritt, steht dann auf einem anderen Blatt. Aber diese Veraenderung
waere ja vielleicht auch nicht eingetreten, koennte man per Begehren
eine Volksabstimmung erzwingen; denn schliesslich kann eine solche ja
auch gegen die Begehrer ausgehen. Ja, in manchen Faellen waren wohl
viele Betreiber von Volksbegehren sogar froh, dass es keine Abstimmung
danach gegeben hat -- denn so standen die Unterschriften unter dem
Begehren unwidersprochen da.

In der Kampagnenorientierung liegt aber auch schon ein zweites
Problem: Wofuer oder wogegen wird die Kampagne gefuehrt? Und wen oder
was unterstuetzt man mit seiner Unterschrift? Formal unterstuetzt man
den Volksbegehrenstext -- nur der ist in den meisten Faellen das, was
am wenigsten in der oeffentlichen Wahrnehmung vorkommt. Beispiel
Bildungsvolksbegehren 2011: Wer das unterschrieben hat, hat entweder
den Text nicht gelesen, ihn nicht verstanden oder hat nicht wegen,
sondern trotz des Textes unterschrieben. Denn bei genauerer Lektuere
musste jedem klar sein, das hier alle moeglichen Dinge und auch ihr
jeweiliges Gegenteil gefordert wurden. Unterschrieben ist es wohl nur
worden wegen der grossen Ueberschrift, dass es Reformen im
Bildungswesen brauche.

Etwas unterschreiben, hinter dem man eigentlich nicht voll stehen
kann? Eine derartige Haltung mag man jetzt als nicht im Sinne der Idee
eines Volksbegehrens ansehen, aber sie ist nur folgerichtig. Denn der
genaue Inhalt eines Volksbegehrens, so wie wir es jetzt haben, ist
vollkommen egal -- schliesslich wird dieser Text nie auch nur
ansatzweise vom Parlament ernst genommen oder zu einer Volksabstimmung
vorgelegt.

Dabei haette selbst beim besten Willen ein Volksbegehren der letzten
Jahre nicht mit seinem Originaltext zu einer Abstimmung im Parlament
oder im Volk gelangen koennen. Frueher war es notwendig, ein
Volksbegehren in die Form eines Gesetzesentwurfs zu bringen, da es
sich ja um einen formalen Antrag an den Nationalrat handelt. Hier war
noch der eigentliche Grundgedanke vorhanden, das Parlament koennte ihn
vielleicht doch annehmen. Doch dann hat der Gesetzgeber eine Reform
durchgefuehrt, dass Begehrenstexte nicht mehr als Gesetzesentwurf
formuliert werden muessen. Die Begruendung war, dass klar formulierte
Forderungen ohne Paragraphenwust fuer die juristisch weniger versierte
Bevoelkerung besser verstaendlich waeren. Tatsaechlich hat das
Parlament damit aber auch eingestanden, dass eine Gesetzesformulierung
deswegen nicht notwendig sei, da sich sowieso wohl niemals eine
Parlamentsmehrheit finden werde, die einen Gesetzesvorschlag aus dem
Volk so einfach annimmt.

Was bleibt dann also als Bedeutung der Unterschrift unter ein solches
Begehren? Zum einen die Unterstuetzung der Ueberschriften. Das jetzige
Demokratiebegehren ist ein schoenes Beispiel dafuer. Da steht als
Titel des ersten Absatzes: "Ein neues Wahlrecht: Persoenlichkeiten vor
Parteilisten!" Darunter lautet der erste Satz: "Die Haelfte der
Abgeordneten zum Nationalrat und zu den Landtagen wird in
Einerwahlkreisen direkt gewaehlt". Viel weiter liest man da nicht,
denn darunter steht dann recht wortreich das genaue Procedere. Das
muss man aber ein paar Mal lesen, bis man draufkommt, dass es sich
dabei eigentlich nur um eine Reform handelt, die dem derzeit in
Deutschland ueblichen System -- letztlich auch nur ein
Verhaeltniswahlrecht mit Sperrklausel -- aehnelt. Wenn man dann noch
bedenkt, dass diesen "Persoenlichkeiten" in Deutschland in der Praxis
auch nur wieder von etablierten Parteien zum Direktmandat verholfen
wird, bleibt nicht viel ueber von der Reform.

Aber was zaehlt da jetzt politisch? Sicher nicht die ausfuehrliche
Schilderung des Verfahrens. Nein, mit einer Unterschrift wird der
Druck in Richtung eines Mehrheitswahlrechts erhoeht, denn das ist das,
was in der Debatte ueberbleibt.


Oder das Wer?

Zum anderen geht es aber auch um die Unterstuetzung jener Personen,
die in der Oeffentlichkeit das Begehren betreiben. Da wird es dann
ganz problematisch. Denn beispielsweise war eine Unterschrift unter
das Bildungsvolksbegehren, dass ja inhaltlich genau nichts ausser
Widersprueche enthielt, letztlich nur eine Stimme fuer eine
Schulpolitik, wie sie Herr Androsch im Sinn hat. Denn dieser war es,
der das Volksbegehren hauptsaechlich in der Oeffentlichkeit verkauft
hat. Dessen Positionen waren aber so gar nicht widerspruechlich,
sondern der wollte einfach nur einen gut ausgebildeten Nachwuchs zum
Zwecke des Standortvorteils -- und genau das bestimmte die Debatte.
Die Ideen ueber alternative oder demokratische Schulformen, die auch
im Text des Begehrens waren, konnte man mit einer Unterschrift also
gar nicht unterstuetzen.

Noch krasser war es beim Volksbegehren gegen die Einfuehrung des Euro
1997. Inhaltlich war ich damit damals voll einverstanden. Trotzdem
konnte ich mich nicht zu einer Unterschrift hinreissen lassen -- denn
initiiert war es von der FPOe.

Wie ernst ist dann aber bitte das Instrument des Volksbegehrens zu
nehmen, wenn es nicht auf den Inhalt, sondern nur auf die Betreiber
ankommt?

Hier liegt das Problem: In Oesterreich schaffen es meist nur
Volksbegehren mit Hilfe einer Partei, einer hochkaraetigen Promiparade
oder sonst einer maechtigen Pressure Group ueberhaupt bis zu einer
Eintragungswoche. Die seltene Ausnahme bildet hier das jetzige
Kirchenprivilegienvolksbegehren -- allerdings ist das fast schon ein
saekulares Wunder zu nennen, denn die letzten noch notwendigen
Unterstuetzungserklaerungen konnten erst wenige Tage vor dem Ende der
Frist zusammengekratzt werden.

Damit wird aber fast jedes Volksbegehren zu einem Begehren einer
bestimmten, ohnehin maechtigen Gruppe, die das Volk fuer ihre Anliegen
eher benutzt als in dessen eigenen Forderungen zu unterstuetzen. Das
Volk begehrt nicht, das Volk ist begehrt als Unterstuetzung des
Einflusses einiger besserer Leute.

So what? Soll man gar keine Volksbegehren mehr unterstuetzen, weil
man -- aehnlich wie bei Wahlen -- doch nur verarscht wird? Und wie ist
das mit den jetzigen Volksbegehren? Soll man das Kirchenbegehren
unterstuetzen, auch wenn es nicht wirklich durchdacht, jedoch die
Tendenz richtig ist? Soll man dem Demokratiebegehren die
Unterstuetzung verweigern, weil es von pensionierten Politikern
betrieben wird, denen man frueher auch schon nicht getraut hat, und
weil es teilweise Forderungen enthaelt, die einem nicht gefallen? Und
wuerde man damit nicht signalisieren, dass man prinzipiell an
Demokratisierung nicht interessiert ist?

Oder ist das eh alles wurscht, weil mir san ja in Oesterreich und auf
unsere Unterschriften wird ja sowieso gschissn...? Auch wenn das jetzt
etwas sehr nach Travnicek klingt, ist das wahrscheinlich die einzig
richtige Vermutung. Vielleicht kann man es aber auch mit Nestroy
sagen: Es is ollas Chimaere, oba mi unterhoits!
*Bernhard Redl*



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