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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 10. April 2013; 02:37
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BRD:
> Bekenntnishomepage fuer Linksextremismus
Die "FDGO" ist auch nach Ende des Kalten Krieges das Mittel der Wahl, 
um Linke zu diskreditieren
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Die CDU ist wieder einmal schwer empoert. "Wer sich offen in die 
Traditionslinie von RAF, Roten Brigaden und gewaltbereitem ,schwarzen 
Block' begibt, verliert den Anspruch in einer Demokratie als 
demokratische Partei ernst genommen zu werden ... Die Lage ist mehr 
als ernst. Jetzt muss gehandelt werden." Die einschlaegig bekannte 
Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach malt wieder einmal den roten 
Teufel an die Wand. Sie fordert, die Gruenen moegen sich doch von 
ihrer Jugendorganisationen trennen.
Was war passiert? Wohl nicht zufaellig am 1.April stellten die 
Jugendorganisationen der deutschen Parteien LINKE und Gruene nach dem 
Vorbild u.a. der "Wir haben abgetrieben!"-Kampagne der 70er eine 
gemeinsame Bekenntnishomepage ins Netz. Die schockierende Ansage, die 
die jungen Parteileute da lancieren: "Ich bin linksextrem!"
In Oesterreich waere eine solche Aktion schwer verstaendlich, denn 
hierzulande erachtet gerade mal nur die FPOe "Linksextremismus" als 
Problem -- und das wohl auch nur aus Ablenkungsgruenden. In 
Deutschland hingegen wird diese Debatte mit der dort ueblichen 
Gruendlichkeit abgewickelt. Denn dort geistert das Gespenst des 
"Extremismus" herum -- gerade von CDU-Seite wird Linksextremismus und 
Rechtsextremismus gleichgesetzt.
"Freiheitlich demokratische Grundordnung"
Die extremste Auswirkung dieser Extremismushatz war dann die in 
schlechter alter Tradition der Berufsverbote 2011 eingefuehrte 
Demokratieerklaerung, auch Extremismusklausel genannt. Diese muessen 
alle NGOs, die aus bestimmten Subventionstiteln Gelder erhalten 
moechten, unterzeichnen. Die Erklaerung beinhaltet ein Bekenntnis zur 
"freiheitlich demokratischen Grundordnung" (FDGO) und verfolgt das 
Ziel, "eine Unterstuetzung extremistischer Strukturen" zu verhindern. 
Dabei wurde aber nicht nur von NGOs verlangt, die staatliche 
Grundordnung heiligzusprechen, sondern sie mussten sich auch dafuer 
verbuergen, dass ihre Kooperationspartner auf der Basis der FDGO (in 
der Auslegung der CDU) stuenden. Die Demokratieerklaerung wurde auf 
Initiative der Bundesfamilienministerin Kristina Schroeder (CDU) 
eingefuehrt. Auch wenn nach einem Gerichtsurteil diese 
Demokratieerklaerung abgeaendert werden musste, ist sie weiterhin 
Grundlage der Subventionsvergabe. Da es sich bei diesen 
Subventionsprogrammen aber um solche aus dem Sozial- und 
Antirassismusbereich handelt, ist klar, gegen welche Art von 
Extremismus hier vorgegangen werden soll; was im Prinzip nichts Neues 
in der BRD ist: Die Gretchenfrage nach der FDGO hatte schon 1956 zum 
Verbot der KDP und in den 70ern zum Ausschluss von Linken aus dem 
Staatsdienst gefuehrt.
Ziel der jetzigen Netz-Kampagne ist es, so die sich selbst als solche 
deklarierenden "Linksextremen", "das Extremismusmodell und seine 
Verfechter*innen anzugreifen, indem moeglichst viele Menschen mit 
ihren eigenen Statements aufzeigen, wie absurd die Kriminalisierung 
und Repression gegenueber als ,Linksextremist*innen' Bezeichneten 
ist." Mit Photos sollen sich Menschen, denen dieser Diskurs zuwider 
ist, auf der Homepage als "linksextrem" bekennen. Denn: "Ein 
Demokratieverstaendnis, welches nur den Status Quo anerkennt und 
jedwede Kritik als Angriff versteht, lehnen wir entschieden ab. Wir 
sind der Ueberzeugung, dass Aktivismus und Gesellschaftskritik 
notwendige Bedingungen von Demokratie sind, wohingegen gerade die 
Vertreter*innen der Extremismustheorie der Demokratie schaden und 
gefaehrlichen Tendenzen wie Neofaschismus und andere 
menschenverachtenden Einstellungen damit erheblich die Verbreitung 
erleichtern." Initiativen, die gegen Nazis engagiert sind, wuerden 
allein durch das Abverlangen der Demokratieerklaerung unter 
Generalverdacht gestellt.
Pure Ironie
Wie repressiv der hegemoniale Diskurs in Deutschland ablaeuft, ist 
aber auch dem defensiven Tonfall der Netzkampagne zu entnehmen, denn 
immer wieder wird die Ironie in der Selbstbezeichnung "linksextrem" 
betont. Ganz wichtig erscheint es, dagegen zu protestieren, dass einem 
von der Obrigkeit "Linksextremismus" unterstellt wuerde. Ein 
selbstbewusstes und ernstgemeintes Bekenntnis dazu ist aber selbst von 
"['solid]", der Jugendorganisation der Partei "Die Linke", nicht zu 
erwarten.
*Bernhard Redl*
Zu finden ist die Bekenntnishomepage unter: 
http://www.ich-bin-linksextrem.de/
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