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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Maerz 2013; 01:17
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  Repression/Linke/Debatte:
  
  > Schoener leben ohne Spitzel
  
  Spaetestens nachdem im Zuge des Tierrechtsprozesses bekannt geworden 
  ist, dass die TR-Bewegung mittels -- selbst nach den grosszuegigen 
  Kriterien des oesterreichischen Rechtsstaats -- fragwuerdiger Methoden 
  durch die Behoerden ausspioniert worden ist, stellt sich auch in 
  Oesterreich die Frage nach einem polizeilichen Spitzelwesen in 
  politischen Bewegungen. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht nicht 
  uninteressant, wie das Thema in der deutschen Linken diskutiert wird. 
  Daher publizieren wir hier als Diskussiongrundlage eine 
  Richtlinienpapier einiger Gruppen aus Berlin und Umgebung:
  
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  Um reale Spitzel outen zu koennen, andererseits Verleumdungen und 
  irrtuemliche Beschuldigungen (von wem und aus welcher Motivation 
  heraus auch immer), zu verhindern, ist es wichtig, gewisse Regeln 
  einzuhalten. Den unterzeichnenden Gruppen, geht es darum, Spitzeln und 
  Geruechten keinen Raum zu geben und ueber politische Unterschiede 
  hinweg ein Netzwerk des Vertrauens zu schaffen.
  
  Spitzelouting und Spitzelverdacht
  
  Spitzel sind eine uralte Begleiterscheinung von Herrschaft und 
  Opposition. Linke Gruppen, Aktivist_innen und soziale Bewegungen, die 
  der Obrigkeit laestig werden, muessen damit rechnen, bespitzelt zu 
  werden. Spitzel koennen viel Schaden anrichten, im Extremfall 
  zerstoeren sie Individuen und ganze Gruppen. Als Linke muessen wir uns 
  bewusst mit dem Thema Spitzel auseinandersetzen - aber ohne 
  Verfolgungswahn und Panikmache.
  
  Um einerseits reale Spitzel outen zu koennen, andererseits 
  Verleumdungen und irrtuemliche Beschuldigungen (von wem und aus 
  welcher Motivation heraus auch immer), zu verhindern, ist es wichtig, 
  gewisse Regeln einzuhalten.
  
  Eine Person als Spitzel oder Bullen zu bezeichnen oder gar zu outen 
  ist eine verdammt ernste Angelegenheit. Vermutungen ueber angebliche 
  Spitzel duerfen auf keinen Fall leichtfertig in die Welt gesetzt und 
  verbreitet werden, denn solche Geruechte erzeugen Unruhe, Misstrauen 
  und politische Spaltungen. Ohnehin besteht die ernstzunehmende Gefahr, 
  dass die Gegenseite ungesicherte Verdaechtigungen benutzt oder sogar 
  gefaelschte Outings produziert, um politische Zusammenhaenge zu 
  schwaechen, zu spalten und unbedachte Reaktionen und Informationen 
  hervorzulocken. Wer dies nicht beruecksichtigt, laeuft Gefahr, zum 
  nuetzlichen Idioten von Staatsschutz- und Geheimdienstinteressen zu 
  werden.
  
  Uns, den unterzeichnenden Gruppen, geht es darum, Spitzeln und 
  Geruechten keinen Raum zu geben und ueber politische Unterschiede 
  hinweg ein Netzwerk des Vertrauens zu schaffen.
  
  Richtlinien
  
  Die folgenden Richtlinien entsprechend weitgehend den IMC Northern 
  England Guidelines: "Reporting an Infiltrator or Informer" und 
  beziehen sich auf alle Beschuldigungen gegen Personen oder Gruppen, 
  wonach diese vorsaetzlich mit polizeilichen oder geheimdienstlichen 
  Stellen, den Medien oder Sicherheitsfirmen zusammenarbeiten, um 
  Informationen weiterzuleiten, die die Sicherheit und das Wohlergehen 
  von Aktivist_innen gefaehrden und/oder die Effektivitaet politischer 
  Arbeit beeintraechtigen.
  
  Es geht um folgende Faelle: a) Ein_e verdeckte_r Ermittler_in, der/die 
  absichtlich eine Gruppe/eine Kampagne unterwandert hat, um 
  Informationen zu sammeln und/oder zerstoererisch zu wirken. (In der 
  Regel handelt es sich hier um Polizist_innen, die unter falschen Namen 
  und erfundener Biographie operieren; in diese Kategorie fallen auch 
  international agierende Spitzel/Bullen wie Mark Stone/Kennedy). b) 
  Ein_e Informant_in, also ein (ehemaliges) Mitglied einer 
  Gruppe/Kampagne, das Informationen weitergibt. (Gemeint sind Spitzel, 
  wie sie vom VS, LKA oder BKA angeworben werden). c) Privatdetektive 
  und nicht als solche auftretende Journalist_innen, die heimlich 
  Informationen sammeln und an Medien und Firmen verkaufen.
  
  Empfehlungen und Bedingungen
  
  Damit politische Gruppen und Aktivist_innen das Outing eine_s 
  verdeckte_n Ermittler_in oder ein_es Informant_in als zutreffend 
  akzeptieren, muessen folgende Bedingungen erfuellt sein:
  
  1. Das Outing muss von einer bekannten und etablierten Gruppe 
  bestaetigt werden. Der Bericht sollte auf deren eigener Website 
  erscheinen. Die Gruppe muss bereit sein, sich Nachfragen zu stellen. 
  Sie sollte sichere Kontaktmoeglichkeiten anbieten. (Der Grund dafuer: 
  Nachvollziehbar machen, wie es zum Outing kam, damit andere diesem 
  Bericht vertrauen koennen - so lassen sich Rufmorde und staatliche 
  Desinformation vermeiden.)
  
  2. Ein Outing muss eindeutige und nachvollziehbare Beweise enthalten. 
  Diese Beweise muessen den von dem Spitzelfall betroffenen Gruppen und 
  Personen zugaenglich gemacht werden, damit die zu einer eigenen 
  Einschaetzung in der Lage sind. Aussagen von Hoerensagen und 
  Behauptungen Dritter reichen in keinem Fall. Die fuer das Outing 
  verantwortliche Gruppe sollte einen zumindest formalen Bericht ueber 
  ihre Recherchen vorlegen. Darin sollte auf jeden Fall stehen, ob die 
  beschuldigte Person mit den Anschuldigungen konfrontiert wurde - und 
  ob sie den Spitzelvorwurf eingeraeumt hat.
  
  3. Alle Gruppen, die von dem Spitzelfall betroffen sind, muessen 
  umgehend informiert werden. (Das ist wichtig fuer eine schnelle 
  Schadensbegrenzung.)
  
  4. Der Bericht muss ein Foto und eine genaue Personenbeschreibung 
  enthalten. (Um zu verhindern, dass die Person zukuenftig Zugang zu 
  anderen Strukturen erhaelt.)
  
  Es kann sein, dass das oben beschriebene Verfahren nicht in allen 
  Faellen angebracht ist und dass nicht immer alle Kriterien erfuellt 
  werden koennen; d. h. wenn diejenigen, die die Untersuchung machen, 
  nicht einer etablierten Gruppe angehoeren oder dass es nur eine 
  begrenzte Freigabe der Beweise geben kann, um Einzelne zu schuetzen. 
  In einem solchen Fall ist die sorgfaeltige Nachpruefung und 
  Beglaubigung des Spitzelvorwurfs durch eine bekannte und etablierte 
  Gruppe erforderlich, die dann auch das Outing verantworten muss.
  
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  Die unterstuetzenden Gruppierungen: Antifaschistische Linke Berlin, 
  Avanti Berlin, Antifaschistische Revolutionaere Aktion Berlin [ARAB], 
  Antifa Jugendaktion Kreuzberg [AJAK], SolidarnOST, North East Antifa 
  [NEA], Antifaschistische Linke Potsdam [AALP], Antifa Friedrichshain, 
  Autonome Antifa Berlin [A2B], Theorie Organisation Praxis (TOP) 
  Berlin, Fuer eine linke Stroemung [FelS], Antifaschistische Linke 
  Jugend [ALJ]
Quelle: https://linksunten.indymedia.org/de/node/81997
  
  
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