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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Maerz 2013; 01:19
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Argentinien:
> Widerstand gegen Monsanto
In einem von Agrochemikalien schon schwer geschaedigten Ort will der 
Monsanto-Konzern so richtig klotzen und eine riesige 
Saatgutverarbeitungsanlage errichten. Gluecklich ist darueber nur die 
Politikerkaste.
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"Das hat unser Leben veraendert", sagen die EinwohnerInnen des Ortes 
Malvinas Argentinas in der zentralargentinischen Provinz Córdoba ueber 
die Ankunft des transnationalen Agrochemie-Unternehmens Monsanto. Das 
Unternehmen kuendigte an, in weniger als einem Kilometer Entfernung 
vom Ort die "weltweit groesste" Saatgutanlage bauen zu wollen.
Die Angst vor Umweltschaeden ist bei den BewohnerInnen allgegenwaertig 
und die Gemeinde versucht ueber die Buergervereinigung "Malvinas im 
Kampf fuer das Leben" (Asamblea Malvinas en Lucha por la Vida) den 
Fortgang des Baus der Anlage zu verhindern.
Weltweit groesster Saatgutkonzern
Monsanto ist seit 1956 in Argentinien angesiedelt. Im Jahr 1980 begann 
die Firma in Zárate in der Provinz Buenos Aires das 
Pflanzenvernichtungsmittel Roundup abzufuellen. Im Jahr 1996 erreichte 
Monsanto, dass die Nationalregierung die Genehmigung fuer die 
Sojapflanze RR erteilte, die gegen Roundup resistent ist. Im Juni 
vergangenen Jahres kuendigte das transnationale Unternehmen den Bau 
seiner neuen Produktionsstaette fuer transgene Maissamen in Córdoba 
an.
Laut der Ernaehrungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten 
Nationen FAO produziert Argentinien derzeit 20 Prozent des weltweit 
erzeugten Sojas. Dies spiegelt die Expansion des multinationalen 
Unternehmens Monsanto wider. Das im Jahr 1901 gegruendete 
US-Unternehmen hat derzeit mehr als 400 Niederlassungen in 66 
Laendern.
Ein Dorf wird verkauft
Monsanto gelangte im Rahmen der Erweiterung der agrarindustriell 
bewirtschafteten Flaechen des Landes nach Córdoba. Diese Erweiterung 
wurde von der Regierung der Praesidentin Cristina Fernández de 
Kirchner veranlasst und im Strategischen Plan fuer Agrarindustrie und 
Ernaehrung PEA 2020 (Plan Estratégico Agroalimentario y Agroindustrial 
2020) verankert. Der PEA 2020 sieht vor, die 33 Millionen Hektar Land, 
die im Jahr 2010 fuer die Getreideproduktion bestimmt waren, bis 2020 
auf eine Flaeche von 42 Millionen Hektar zu erhoehen.
Am 15. Juni 2012 war es die Praesidentin selbst, die ankuendigte, dass 
Monsanto sich in Malvinas Argentinas niederlassen wuerde. "Ich bin 
sehr stolz", so Kichner nach einem Treffen mit den Fuehrungskraeften 
des Unternehmens in New York, das waehrend einer Tagung des Rates der 
Amerikas (Consejo de las Américas/The Americas Council) stattfand. Der 
Rat wurde 1965 von David Rockefeller gegruendet und besteht aus 
multinationalen Unternehmen, die auf dem amerikanischen Kontinent 
taetig sind.
Im aeussersten Sueden des Kontinentes dagegen wussten die 
BewohnerInnen des Ortes Malvinas Argentinas, der sich neun Kilometer 
nordoestlich von der Provinzhauptstadt Córdoba befindet, nichts von 
dem Projekt mit Monsanto und sahen sich erst kuerzlich mit der 
Nachricht konfrontiert.
"Ich habe es ueber die Medien erfahren", erinnert sich Lucas Vaca, 
Lehramtsstudent des Faches Geographie, waehrend Ester Quispe, 
Angestellte in einer Schule, hinzufuegt, "als ich das Video sah, in 
dem die Praesidentin die Neuigkeit verkuendete, hatte ich das Gefuehl, 
die Praesidentin verkaufe ein Dorf".
Arbeitsplaetze!
Der Buergermeister von Malvinas Argentinas, Daniel Arzani, von der 
Oppositionspartei Unión Cívica Radical, hatte jedoch bereits drei 
Monate zuvor die Vorstudie zur Durchfuehrbarkeit bewilligt, um mit den 
Bauarbeiten zu beginnen.
In der Projektvorlage vom 2. Juli 2012 gab Monsanto bekannt, in einer 
ersten Phase 40 Silos zur Lagerung von Saatgut mit einem 
Fassungsvermoegen von jeweils 137 Tonnen bauen zu wollen. 
Anschliessend kaemen "noch 176 weitere Silos waehrend der folgenden 
Phasen der Betriebserweiterung hinzu", die im Jahr 2017 abgeschlossen 
sein werde. Das Unternehmen erklaert, in der Phase des Vollbetriebes 
der Anlage 215 ArbeiterInnen und 19 LeiharbeiterInnen beschaeftigen zu 
wollen.
Obwohl die Gemeinde von Soja umgeben ist, profitiert Malvinas 
Argentinas nicht von dem Reichtum, den die Oelpflanze hervorbringt. 
Laut Volkszaehlung der Provinz vom Jahr 2008 weist Malvinas Argentinas 
unter den Orten mit mehr als 10.000 EinwohnerInnen - momentan wird die 
EinwohnerInnenzahl auf 14.000 geschaetzt - die groesste 
strukturbedingte Armut Córdobas auf.
Atemwegserkrankungen und Fehlgeburten
Ein kuerzlich veroeffentlichter Bericht von vier Lehrstuehlen der 
Fakultaet fuer Medizinische Wissenschaften der Universitaet von 
Córdoba gab Auskunft ueber die gesundheitlichen Probleme der 
EinwohnerInnen, die den Agrochemikalien ausgesetzt sind, die auf die 
Sojafelder gesprueht werden.
Unter 3563 Befragten, "sind 551 von Atemwegserkrankungen betroffen, 
mit einer Krankheitshaeufigkeit von 15,46 Prozent in allen 
Altersstufen", so der Bericht. "Diese Zahl ist 50 Prozent hoeher als 
die in den USA geschaetzte Krankheitshaeufigkeit (bis 10 Prozent)".
Ein Bericht der durch das Gesundheitsministerium beauftragt wurden, 
schaetzt, dass auf nationaler Ebene die Fehlgeburten unter allen 
Frauen im gebaerfaehigen Alter im Jahr 2004 und 2005 bei 0,6 Prozent 
lagen. In Malvinas Argentinas dagegen ergab die Befragung von 805 
Frauen im gebaerfaehigen Alter, dass eine von sechs Frauen eine 
Fehlgeburt hatte.
Im Ortsteil Nicola Bari, der am staerksten von den Bespruehungen 
betroffen ist, erlitt eine von fuenf Frauen eine Fehlgeburt.Malvinas 
Argentinas zeige "ein Krankheitsbild, das sich unter der Bevoelkerung, 
die den Pestiziden in der Luft ausgesetzt ist, wiederholt", heisst es 
in dem Bericht. Das Vorhaben "die Bevoelkerung erneut einem Angriff 
auf die Gesundheit zu unterziehen", wie es durch Monsanto geschehen 
wird, "ist aus medizinischer Sicht nicht zu empfehlen und aus sozialer 
Sicht unzumutbar", heisst es weiter. "In der Naehe von 
Saatgutlagerungen zu leben birgt ein hohes Risiko fuer 
Atemwegserkrankungen", angesichts des Staubs aus Schalen von 
Maiskoernern, die mit Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden 
behandelt worden sind. Die Anlage von Monsanto soll nur 700 Meter von 
einer Grundschule und einem Kindergarten entfernt errichtet werden.
Der Kampf der BuergerInnen geht weiter
Die Buergervereinigung von Malvinas Argentinas versucht den Vorstoss 
des transnationalen Unternehmens auf gerichtlichem Wege und durch 
gesetzliche Massnahmen aufzuhalten.
Unter anderem fordern sie die Anwendung des Artikels 4 des nationalen 
Umweltgesetzes Nr. 25.675, in dem das Vorsichtsprinzip festgeschrieben 
ist. Dort heisst es, "das Fehlen von Informationen oder 
wissenschaftlicher Gewissheit" darf nicht als Entschuldigung dafuer 
dienen, keine wirksamen "Massnahmen, die im Verhaeltnis zu den Kosten 
stehen", zu ergreifen, "um Umweltschaeden zu vermeiden".
Im Februar ordnete die zweite Arbeitskammer von Córdoba die 
Suspendierung der Verordnung 821/2013 der Gemeinde Malvinas Argentinas 
an, mit der die Firma Monsanto Argentina SAIC die Genehmigung erhalten 
hatte, die erste Projektphase fuer den Bau der Saatguttrocknungsanlage 
umzusetzen". Auch wenn das Projekt dadurch fuer den Moment gestoppt 
ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Gemeindeverwaltung von 
Malvinas Einspruch einlegen wird. Die EinwohnerInnen wissen jedoch, 
dass wenn im Jahr 2014 die Saatgutanlage ihren Betrieb aufnimmt, 
nichts mehr so sein wird, wie zuvor.
"Wir werden nicht selbst ueber die Zukunft von Malvinas entscheiden. 
Das wird Monsanto tun", glaubt Vaca. "So lange wir koerperlich 
durchhalten, werden wir fuer den Schutz der Umwelt und fuer meine 
Familie, den Ort Malvinas Argentinas, kaempfen".
(Leonardo Rossi, noticias aliadas/poonal/gek.)
Volltext: http://www.npla.de/de/poonal/4214
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