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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 20. Maerz 2013; 08:32
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Debatten:

> Gedenkt mal schoen

Der Maerz in allen Jahren mit der Einserstelle 3 oder 8 ist
hierzulande immer sehr ge- und bedenklich.

Vor 165 Jahren stuermte man am 13.Maerz in Wien das Staendehaus und
jagte Kanzler Metternich davon. Wenige Tage zuvor, am 3.Maerz, hatten
die Habsburger eine Demonstration mit der Forderung nach einer
Verfassung niederschiessen lassen.

Vor 80 Jahren wurde am 4.Maerz das Parlament fuer
"selbstausgeschaltet" erklaert und am 15.Maerz von der Polizei
geraeumt.

Vor 75 Jahren marschierte am 12.Maerz die Nazi-Wehrmacht in
Oesterreich ein und am 15.Maerz bejubelte eine Menschenmasse Hitler am
Heldenplatz.

Nun kann man natuerlich die Frage stellen, warum Geschichte meist nur
dann diskutiert wird, wenn es gerade irgendwelche mehr oder weniger
runde Jahrestage gibt -- aber so ist nunmal unsere Gedenkkultur, runde
Jahrestage haben etwas Anlassartiges, das uns gerne zurueckblicken
laesst. Interessant ist aber zu beobachten, welcher Ereignisse gedacht
wird. Denn die Koinzidenz dieser Maerztage scheint in unserer
Gedenkkultur etwas fuer die Obrigkeit recht Praktisches zu haben: Da
die Jahrestage alle sehr eng zusammenliegen oder zum Teil sogar
deckungsgleich sind, kann man ja wohl nicht allem gedenken und
beschraenkt sich daher alle fuenf Jahre auf das Gedenken an
Nazi-Einmarsch und Heldenplatz. Denn der anderen historischen
Geschehnisse gedenkt man nicht so gerne. Oder redet auch nur darueber,
ob das Nazigejubel vielleicht irgendwas historisch mit Monarchie oder
politischem Katholizismus zu tun gehabt haben koennte.

So auch heuer wieder.

Zugegeben, 165 Jahre sind nicht gerade ein sehr rundes "Jubilaeum",
aber 80 Jahre wohl doch -- dennoch: Der (sozialdemokratische)
Bundespraesident spricht natuerlich nur zu einem Gedenkfestakt zum
Jahrestag des 38er-Geschehens und erwaehnt gerade mal in einem
einzigen Satz den Putsch von 1933.

Warum ist das so bedenklich? Weil in Oesterreich perverserweise
Nationalismus und Antifaschismus von der staatlichen Autoritaet in
eins gesetzt werden. Die Zerschlagung der Demokratie scheint keinen
Gedenkakt wert, der Untergang des Staates Oesterreich aber sehr wohl.
Es geht dabei nicht um die KZs oder den Antisemitismus, da gibt es
andere Gedenktage; es geht um die Ausradierung eines Staates, dessen
Verfasstheit ist dabei voellig sekundaer.

Diese Republik ist immer noch dem k.u.k.-Obrigkeitsdenken verbunden.
Die Verbrechen der Habsburger und der Austrofaschisten werden
ueberdeckt durch die Verbrechen der Nazis. Und darueber freut sich
nicht nur der Tourismusverband, der mit dem Kaisertum gutes Geschaeft
macht, sondern auch die OeVP, die immer noch ehrend ihres
"Heldenkanzlers" gedenkt.

Ja, auch der ehemalige OeVP-Nationalratspraesident Andreas Khol
spricht heute von einem Putsch. Doch die Diktatur sieht er gelassen,
weil diese sei -- so liess er juengst in der "Presse" verlauten --
keine faschistische gewesen, "weil weder eine totalitaere noch eine
voelkische Gesinnung und auch keine Gewaltverherrlichung". Keine
totalitaere Gesinnung? Na dann...

Genau hier liegt das Problem: Die OeVP kann heute das
Dollfuss-Portrait gelassen in den Raeumen des Parlamentsklubs haengen
haben und das alles nicht so eng sehen. Man kann ja ruhig darueber
reden.

Aber Bauernbund, Cartellverband, Offiziersgesellschaft sowie grosse
Teile der hohen Ministerialbuerokratie und Richterschaft sind
gedanklich immer noch nicht in der Republik angelangt. Als genau diese
aktuellen politischen Geflechte von einer neuen oesterreichischen
"Tatort"-Folge juengst thematisiert wurden, gab es so gut wie keine
oeffentliche Debatte darueber. Es regt niemanden mehr auf -- man hat
es ueber die Jahrzehnte geschafft, den oesterreichischen Konsens des
Schweigens ueber die hausgemachte Diktatur nahtlos ohne den Aufwand
einer grossen Historiker-Debatte einfach zu musealisieren. Denn mit
dem Heute hat das ja alles ueberhaupt nichts mehr zu tun.

Genau das ist das Problem in Oesterreich mit dem Umgang mit
Geschichte. Die Waldheim-Debatte in der zweiten Haelfte der 1980er war
ja wohl nur ein unoesterreichischer Ausrutscher. Die Hintergruende der
Geschichte wurden damals sicherheitshalber aber auch nicht
beleuchtet -- die "geschichtliche Aufarbeitung" beschraenkte sich auf
Empoerung. Was blieb, ist oesterreich-patriotische Aufwallung.

Dollfuss hingegen ist heute nur mehr eine Figur aus den
Geschichtsbuechern und das Hofieren der Familie Habsburg sogar fuer
die Gruenen kein Problem mehr. Zugedeckt wird das Ganze mit Gedenken
an den Untergang des Staates Oesterreich. Vor 20 Jahren war das
vielleicht noch ein bisserl kontroversiell, weil noch viele alte Nazis
gesellschaftlichen Einfluss hatten, in unseren Tagen ist es aber nur
mehr der Konstitution des staatstragenden Charakters dienlich. Gegen
heutiges autoritaeres oder rechtspopulistisches Gedankengut hilft es
uns aber nicht.

"Na ja, Oesterreich war immer unpolitisch." Das liessen Qualtinger und
Merz ihren "Herrn Karl" sagen. An diesem Denken hat sich nichts
geaendert.
*Bernhard Redl*



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