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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 6. Maerz 2013; 02:22
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Debatten/Wahlen/Italien:

> "Weimar in Zeitlupe"

Der Blick der traditionellen Linken auf das italienische Wahlergebnis

Der Generalsekretaer der Rifondazione Comunista, *Paolo Ferrero*, hat
auf der Homepage seiner Partei eine erste Einschaetzung des
Ergebnisses der italienischen Parlamentswahlen veroeffentlicht, die
keine klare Mehrheit fuer eines der beiden Lager ergeben haben. Das
Linksbuendnis Rivoluzione Civile, das von Ferreros Partei unterstuetzt
wurde, hat eine schwere Niederlage erlitten und konnte keine
Parlamentsmandate erreichen. Wir dokumentieren den Kommentar gekuerzt:
*

Die Enttaeuschung und die Entmutigung sind gross. Deshalb moechte ich
allen Genossinnen und Genossen fuer ihre Arbeit danken und ihnen eine
erste, noch warme Reflexion anbieten.

Die Zahlen sind gekommen, und sie sind klar: Wir haben verloren.
Rivoluzione Civile ist zwischen den Proteststimmen fuer Grillo und der
taktischen Wahl fuer Bersani zerrieben worden.

Die Wahl war gepraegt von dem grossen Erfolg Grillos, dessen Ursache
das Desinteresse der Massen fuer Wirtschaftspolitik und das politische
System ist. Es ist ein Ergebnis, das verschiedene Lesarten bietet: Das
Land lehnt die neoliberale Politik ab, sieht innerhalb des politischen
Systems jedoch keine Alternative. Zugleich hat keine der beiden
Seiten, die sich bei diesen Wahlen gegenueberstanden, eine Mehrheit im
Parlament erringen koennen.

Das Ergebnis ist weder eine Revolution noch ein Stillstand, sondern
eine organische Krise, auf die das System innerhalb seiner eigenen
Regeln keine Antwort geben kann. Um die italienische Situation zu
beschreiben, habe ich wiederholt von einem Weimar in Zeitlupe
gesprochen, das haben wir nun in vollem Umfang erreicht.

Das konkrete Ergebnis der Wahlen ist keine Revolution, sondern die
Implosion des Systems. Auch der Ruf nach Neuwahlen ist zu einfach, es
besteht die Gefahr, die Stagnation zu wiederholen. Zugleich erscheint
es mir schwierig, in der Situation nach einer stark polarisierten
Wahlkampagne eine grosse Koalition wiederbeleben zu wollen.

In diesem Kontext ist das Wahrscheinlichste und Gefaehrlichste, dass
die Maechtigen eine politische Schlacht entfesseln, um eine
Regierungszeit zu erreichen, die institutionelle Reformen auf den Weg
bringt, um das Problem durch eine Vereinfachung der autoritaeren
Regierungsform zu loesen. Ich fuerchte, dass mit aller Kraft der
Vorschlag eines Praesidialsystems aufkommen wird. Es koennte versucht
werden, die von der Politik nicht erreichte Stabilisierung auf
institutionellem Weg durch eine Einschraenkung der demokratischen
Spielraeume zu erreichen. (...)
*

Quelle: Rifondazione Comunista / Uebersetzung: RedGlobe
http://www.redglobe.de/europa/italien/5817-rweimar-in-zeitlupel



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