**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Februar 2013; 16:30
**********************************************************

Demoaufruf

> Schluss mit Abschiebungen nach Tschetschenien und in Krisengebiete

Samstag, 2. Maerz 2013, 14:00, Christian-Broda-Platz

Mit dieser Demo fordern wir einen sofortigen Abschiebestopp fuer
Fluechtlinge aus Tschetschenien und anderen Krisengebieten. Oesterreich darf
nicht mit Unrechtsstaaten zusammenarbeiten, denn das Recht auf Asyl, faire
Verfahren und Schutz vor Verfolgung ist ein Menschenrecht. Oesterreich darf
Sicherheitswarnungen und UNHCR-Empfehlungen gegen Abschiebungen, die
Menschenrechtslage in den Verfolgerstaaten nicht ignorieren, denn sonst sind
wir mitschuld an deren Verbrechen. Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand
zur Pflicht! Das oesterreichische Fremdenrecht ist eine einzige grosze
Gesetzesluecke, die mit staendigen Reformen verschaerft wird. Deshalb:
Abschiebestopp fuer TschetschenInnen - sofort!

Grund fuer die Proteste sind nicht nur die bevorstehenden massenhaften
Abschiebungen von laengst integrierten, in Tschetschenien bedrohten
Maennern, Frauen und Kindern, sondern auch zwei Verhaftungen von Maennern,
die aus Oesterreich nach Moskau abgeschoben wurden. Fuer den Tschetschenen
Rasambek I. endete die Abschiebung von Wien nach Moskau in russischer Haft.
Der 47-Jaehrige wurde noch am Flughafen festgenommen. Und Danial Mamaev, in
Grosny wegen "Banditentums" im Gefaengnis des Geheimdienstes - auch seine
Familien wird ihn moeglicherweise nicht lebendig wiedersehen. Die
oesterreichischen Asylbehoerden betrieben Realitaetsverweigerung, kritisiert
die gruene Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Menschen aus Tschetschenien
werde grundsaetzlich nicht geglaubt, und der Asylgerichtshof spreche mit den
Asylwerbern in der Regel nicht einmal persoenlich. Das muesse sich aendern:
"Umso mehr, wenn die erste Instanz gesagt hat, sie seien nicht glaubwuerdig.
Hier ist es grob fahrlaessig, allein aufgrund der Aktenlage zu entscheiden,
ohne sich als Kontrollinstanz persoenlich ein Bild gemacht zu haben."

Gerade am 19.2.2013 haben die Gruenen Vorarlbergs noch einmal an die
Regierung Vorarlbergs den Appell geschickt, keine Abschiebungen nach
Tschetschenien mehr zuzulassen. Am 21. und 24.02. wurden per Charterflug
wieder dutzende Tschetschenen von ihren Familien getrennt.Und es geht
weiter.

Spaetestens im hier hinreichend bekannten Fall Danial Mamaev konnte sehr gut
beobachtet werden, wie unglaubwuerdig er eingestuft wurde, seine mehrfachen
Asylantraege mit immer der gleichen Aussage von ihm als zu gering fuer ein
politisches Asyl betrachtet wurde, mit dem Resultat, dass er umgehend in
Moskau verhaftet, nach Grozny ueberstellt und dort mit einer seitenlangen
Anklageschrift konfrontiert ist, die genau dem entsprechen, was er hier in
Oesterreich als Fluchtgruende benannt hat.

MA-35-Leiterin Beatrix Hornschall spricht von einem Skandal: "Mit einem
geordneten Rechtsstaat hat das, was da geschah, nichts zu tun." Und zwar
auch ueber den aktuellen Einzelfall hinaus, in dem es nur um Haaresbreite
gelang, einen Mann mit Deutschkenntnissen auf Fremdsprachenmaturaniveau,
fixer Jobzusage und Sorgepflichten fuer ein zehnmonatiges Kind vor der
EU-weit koordinierten Frontex-Verschickung zu retten.

Vielmehr seien alljaehrlich hunderte Auslaender von diesem "Parallellaufen
zweier Gesetze" betroffen. Den meisten sei voellig unverstaendlich, warum
ihnen der Zwangsabflug drohe, obwohl sie im Bleibeverfahren ihre
Integrationsbereitschaft dokumentiert haetten - und dieses Verfahren noch
nicht beendet sei.

Hornschalls "dringende Empfehlung": "In Faellen, in denen ein humanitaerer
Aufenthaltsantrag laeuft, soll die Fremdenpolizei verpflichtet werden, mit
den Auslaenderbehoerden Kontakt aufzunehmen, wenn eine Abschiebung droht."
Im Ministerium sieht man dazu keinen Grund: Kontakt gebe es "nur dort, wo es
erforderlich ist", meint eine Sprecherin." (1)

Massive Kritik an den oesterreichischen Behoerden kommt auch von der
ehemaligen ORF-Russland-Korrespondentin Susanne Scholl. Dass Oesterreich
Tschetschenien als Rechtsstaat betrachte, sei ein verhaengnisvoller Irrtum
und ein voellig falsches Bild: "Das beruht auf Aussagen des offiziellen
Russland oder irgendwelcher Oesterreicher, die auf drei Tage hinfahren, sich
durchfuettern lassen und es wunderschoen finden. Das ist nicht so.
Tschetschenien ist kein Rechtsstaat."

Dennoch stuenden in Oesterreich weitere Familien vor der Abschiebung,
kritisiert Susanne Scholl. Ein Beispiel: Eine Frau, deren Mann schon seit
2003 verschwunden ist, mit einer Tochter und einem zwoelfjaehrigen Sohn.
Scholl: "In Tschetschenien gelten zwoelfjaehrige Soehne absolut als haftbar
fuer alles, was die Vaeter oder Eltern angestellt haben koennten. Auch
dieser Familie wird nicht geglaubt, und auch diese Familie soll abgeschoben
werden." Und die drei, sagt Susanne Scholl, haetten in Tschetschenien nicht
die geringste Ueberlebenschance."(2)
(Aufruftext von "Familien und FreundInnen gegen Abschiebung"/bearb.)


1) http://derstandard.at/1347493024838
2) http://oe1.orf.at/artikel/325565





***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin