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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Februar 2013; 16:30
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Letzte Worte:

> warum sogns zu dir migrant?

"i haasz kolaric, du haaszt kolaric, warum sogns zu dir tschusch!" diese
plakatkampagne kommt mir immer haeufiger in den sinn, wenn ich den begriff
"migrationshintergrund" hoere. bis vor ein paar jahren hat man von
gastarbeitern und gastarbeiterkindern geredet - gemeint hat man "tschusch".
jetzt sind das migranten und menschen mit migrationshintergrund. nur:
letzteres meint bereits auch die enkel der migranten. hoert das irgendwann
auf? die frage musz dann wohl lauten: wann hat ein migrationshintergrund
sein ablaufdatum? gelten meine tschechischen und ungarischen vorfahren noch?
und welche gegenden sind gueltige herkunftsgebiete fuer die erlangung eines
migrationshintergrundes? gelten deutsche da auch?

ein nicht unerheblicher teil der in wien lebenden menschen sind nicht in
oesterreich geboren. dazu kommen dann noch die kinder und mittlerweile enkel
der nicht in oesterreich geborenen sowie die zuagrasten aus den
bundeslaendern. aber wer hat mehr migrationshintergund? ein volksschulkind
mit serbischen groszeltern, den man aber, wenn es den mund aufmacht, nur
mehr die ottakringer abkunft anhoert - oder jemand der in den 80ern aus dem
noerdlichen NOe zugewandert ist, weil es dort keine arbeit fuer ihn gab? die
FPOe wuerde das natuerlich anders sehen, aber m.E. ist der
niederoesterreicher migrantischer als der ottakringer gschteamel.

zwei beispiele aus meinem bekanntenkreis: ein kind von aus der tuerkei
stammenden eltern, in vorarlberg aufgewachsen und jetzt in wien lebend - da
gibts einen migrationshintergrund, natuerlich! aber ist dieser tuerkisch
oder allemannisch?

das andere beispiel ist ein auslaender, dem man es anhoert, wenn er den mund
aufmacht - denn da kommt ein unverfaelschtes boarisch raus, bei dem jeder
darsteller beim "bullen von toelz" vor neid erblassen mueszte. amtlich ist
dieser urbaier aber bosnier - auch wenn er seine angebliche muttersprache,
die man heute bosnisch nennt und frueher serbokroatisch nannte, nur maeszig
beherrscht. dieser bekannte ist jetzt nach bosnien gezogen - in oesterreich
hatte er vielleicht einen migrationshintergrund als bosnier oder als bayer,
in bosnien aber ist er jetzt ein migrant. oder ein remigrant. oder was weisz
ich...

wovon reden wir eigentlich? von der sprache? beim erwaehnte ottakringer kind
ist das kein argument mehr. beim bairischen bosnier in bosnien schon, in
wien auch, aber wenn er in bayern ist, sicher nicht.

von der religion? es sind zwar nur mehr weniger als die haelfte der leute in
dieser stadt offiziell katholisch - aber immerhin. aber bei wem konstatiert
man eher migrationshintergrund: beim kind katholischer eltern aus zagreb
oder dem kind protestantischer eltern aus schleswig-holstein? der erwaehnte
vorarlberger mit eltern aus der tuerkei ist heute atheist - hat der noch
einen tuerkischen oder gar muslimischen migrationshintergrund?

laut einer UNO-unterorganisation verstuende man unter "personen mit
migrationshintergrund" jene einwohner, deren eltern im ausland geboren
wurden, unabhaengig von ihrer eigenen staatsangehoerigkeit. Aber darum geht
es in den debatten nunmal genau gar nicht, sondern wir reden von sozialen
problemen.

oder wird zum beispiel der in sarajewo gebuertige ehemalige telecom-manager
boris nemsic als migrant gesehen? kaum! aber vielleicht hat er eine
putzfrau, die ebenfalls aus sarajewo stammt - die ist dann aber sowas von
migrantisch. und selbst bei einem in wien gebuertigen schlosserlehrling
redet man von migrationshintergrund, da reicht ein bosnischer groszvater -
wuerde dieser gebuertige wiener aber matura machen und medizin studieren,
waere das spaetestens mit der promotion kein thema mehr. steigt ein mensch
mit migrationshintergrund sozial auf, ist er keiner mehr.

nochmal: worum geht es eigentlich? dasz man heute "migrant" oder "mensch mit
migrationshintergrund" sagt statt "tschusch", klingt natuerlich netter und
politisch korrekt, bezeichnet aber denselben status. und der tschusch war
immer der jugoslawische bauhackler und nicht der gastprofessor von der
universitaet belgrad. "mensch mit migrationshintergrund" ist heute weitaus
naeher am begriff des proletarierers als an der bezeichnung fuer eine
auslaendische abkunft. vielleicht sollten wir wieder ein bisserl weniger von
"kultur" reden, sondern von klassen. das sind naemlich die wirklichen
probleme - dasz wir eine klasse haben, die keinen einfachen zugang zu
hoeherer bildung erhaelt und die gebraucht wird, um schwere arbeit fuer
wenig geld zu erledigen. klingt unmodern, aber darum gehts doch in
wirklichkeit. ein bisserl weniger idealismus und ein bisserl mehr
materialismus taet ich mir in diesen debatten schon wuenschen. vielleicht
koennen wir dann gespraeche fuehren, die uns weiterbringen.


v
Ce

(Audiofassung: http://cba.fro.at/106657)

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