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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Februar 2013; 16:30
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Arbeit/International:
> Streik und Protest in Belgien
Ueber 100.000 Arbeiter demonstrierten in Bruessel
Im Vorfeld des von den drei groeszten Gewerkschaften Belgiens fuer den 21.
Februar 2013 ausgerufenen Generalstreiks gab es nicht nur gescheiterte
Verhandlungen der Gewerkschaftsfuehrungen mit den Unternehmerverbaenden und
der Regierung ueber Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und Loehne. Es gab
eine seit Monaten eskalierende Kampagne der privaten und staatlichen Medien
gegen die Gewerkschaften, welchen vorgeworfen wurde, "von gestern" zu sein,
"die Wettbewerbsfaehigkeit Belgiens" zu untergraben, "keine Steuern zu
zahlen", usw. Dies alles vor dem Hintergrund der bevorstehenden Schlieszung
des Fordwerks in Genk und den Massenentlassungen bei Arcelor-Mittal in
Luettich, wozu die reaktionaeren Medien lediglich vermelden, dass der
superreiche Eigentuemer-Clan von Arcelor-Mittal nach den Entlassungen auch
wieder in Luettich zu investieren geruhen wuerde.
Die Regierung unter Leitung eines "sozialistischen" Ministerpraesidenten Di
Rupo (PS) vertiefte derweil ihre Politik der Lohnkuerzungen und des
Sozialabbaus, indem sie im Parlament Gesetz- und Beschlussvorlagen zum
"Einfrieren" der Loehne und Renten fuer 2-8 Jahre sowie erheblichen
Abschwaechung der jaehrlichen Inflationsanpassung der Loehne und Renten
einbrachte und die Bestrebungen der Gewerkschaftsverbaende nach
Zusammenlegen des Arbeiter- und Angestelltenstatuts dazu miszbraucht, gegen
sehr geringe Zugestaendnisse an die Arbeiter die Rechte der Angestellten
stark einzuschraenken. Auch bei den Regierungsplaenen zu den drastischen
Kuerzungsmasznahmen im oeffentlichen Dienst sowie beabsichtigten weiteren
Privatisierungen von oeffentlichen Dienstleistungen diktiert das
Finanzkapital den politischen Verwaltern Belgiens den wirtschafts- und
sozialpolitischen Kurs. Die Medien befeuern diese Politik mit Hinweis auf
die angeblich enorme wirtschaftliche und soziale Stabilitaet der
Entwicklungen im benachbarten Deutschland, wo es angeblich weder
Massenarbeitslosigkeit noch Not und Elend fuer die vielen Klein- und
Minijobber gibt, sondern einfach nur "die Wirtschaft boomt".
Unerwartet hohe Protestbeteiligung
Die Gewerkschaftsleitungen rechneten folglich an diesem 21. Februar 2013 mit
keiner sehr hohen Beteiligung am Generalstreik und der Streikdemonstration
in Bruessel. Weder baten sie die belgische Bahn um den Einsatz von
Sonderzuegen noch wurden Sonderbusse von ihnen bestellt fuer die
Demonstrationsteilnehmer aus allen Teilen des Landes. Ein Plakat jedoch
mobilisierte recht rasch die Arbeiter. Es zeigte die steile Aufwaertskurve
bei den Profiten seit dem Jahr 2000 und die nahezu stagnierenden Loehne. Vor
wenigen Wochen verlieszen immer mehr gewerkschaftliche Verhandlungsfuehrer
den "sozialen Dialog" mit den Unternehmerverbaenden und der Regierung.
Die zentrale Streikdemonstration in Bruessel uebertraf letztlich alle
Erwartungen auch bei den gewerkschaftlichen Organisatoren. Wo unter der Hand
mit 15.000 Teilnehmern aus den Gewerkschaften und deren Hauptamtlichen
gerechnet worden war, schaetzte man nun die Zahl der Teilnehmer auf ueber
100.000 organisiert gewerkschaftlich Protestierende in Bruessel. Begleitet
wurde die Demonstration von Anfang an durch viele Knallkoerper und jede
Menge Laerm. Die Polizei hielt sich zurueck und trat erst am Bruesseler
Suedbahnhof verhalten in Erscheinung, wo nach einem kilometerlangen Marsch
durch das Regierungs- und EU-Viertel die Demonstrationsteilnehmer wieder in
die Zuege heimwaerts stiegen und Unfaelle durch Gedraenge unter den zuweilen
recht alkoholisierten Gewerkschaftern vermieden werden mussten.
Hauptforderung Stoppt den Lohnstopp
Die Arbeiter waren vor allem ueber die Plaene zum Einfrieren der Loehne
zornig. Sie verwiesen darauf, dass die EU die Bezuege ihrer Beamten und
Angestellten um 5,5% erhoeht und forderten mindestens eine doppelt so grosze
Erhoehung der Mindestloehne sowie angemessene Lohnerhoehungen fuer alle
Arbeiter und Angestellten, die frei ausgehandelt werden muessen, wie es
bisher geltendes Recht ist. Die Demonstranten forderten auch Erhoehungen
beim Arbeitslosengeld und bei den Renten. Finanzminister Steven Vanackere
und Pensionsminister Alexander De Croo empfingen Abordnungen der
Gewerkschaften und sangen ihnen das altbekannte Lied von der Notwendigkeit
von Lohnmaeszigungen und Flexibilitaet fuer die Wettbewerbsfaehigkeit der
belgischen Wirtschaft vor. Die Gewerkschafter erklaerten, dass sie es satt
haben, fuer eine von den Banken und Spekulanten verschuldete Krise zu
bluten. Sie verwiesen auf die Massenentlassungen bei Ford Genk und
Arcelor-Mittal, um zu bekraeftigen, dass die Kuerzungspolitik der Regierung
kein Ausweg im Interesse der arbeitenden Menschen ist. Gefordert wird mehr
Massenkaufkraft zur Ankurbelung der binnenmarktorientierten Wirtschaft, ein
Ende der "Steuergeschenke" an das Kapital sowie eine Reichensteuer auf das
Vermoegen der Millionaere und Milliardaere.
(Jens-Torsten Bohlke, Kommunisten-online/gek.)
Vollstreik:
http://www.kommunisten-online.de/International/seite8.htm#GENERALSTREIK
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