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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. Februar 2013; 20:26
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Debatten/Gruene:
> je weniger partei umso zukunft
offener brief an eva glawischnig in beantwortung ihrer aussendung
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liebe eva glawischnig,
ich weiss nicht, welche zielgruppenanalyse dich/euch veranlasst hat, 
nun saemtliche euch zur verfuegung stehenden emails mit einem "von 
dir" verfassten schreiben zu versorgen. noch weniger weiss ich, wer 
wirklich fuer das texten dieses mails verantwortlich zeichnet.
aber ich bin mir ziemlich sicher, dass diese aktion eure potentiellen 
waehlerInnen wohl eher verstoert als positiv erreicht. die diktion, 
der ganze approach laesst bei mir eher das bild entstehen, dass mir 
einmal die "eva" selbst schreibt, die vielbeschaeftigte, die nach 
ihrer reise durch oesterreich jetzt weiss, wie das land tickt. ihr 
unterschaetzt da vermutlich viele eurer angesprochenen, die solche 
mails auch aus anderen parteien kennen und quasi privat adressierte 
direct-emails als das erkennen, was es ist: simples parteimarketing.
nochmals: ich weiss nicht, wer euch diese mails textet, aber ihr 
solltet dringend ueber wording und argumentationsleitlinien 
nachdenken. das "rot/schwarz streiten eh nur" schema brauchen viele 
eurer adressatInnen nicht mehr erklaert bekommen, das "wir sind die 
einzige saubere partei"-argument laesst eher ueber das gegenteil 
nachdenken, als solche platten aussagen einfach annehmen.
schade. wirklich schade. eigentlich suchen viele in unserem land 
verzweifelt nach einer alternative. doch die ist leider nicht in 
sicht. das bestaetigt deine aussendung auf eigenartige weise. dabei 
will ich nicht verleugnen, dass es in allen ebenen und bereichen der 
gruenen sehr engagierte und aktive menschen gibt, deren arbeit ich 
sehr schaetze. so spuere ich z.b. bei den aktivitaeten und 
wortmeldungen von alev korun niemals in erster linie eine partei 
mitschwingen, sondern eine klare, authentische grundeinstellung, eine 
politische haltung, von der wir mehr braeuchten.
aber leider sind die gruenen inzwischen viel zu sehr partei als 
kreative zukunftswerkstatt. da geht es viel zu oft um 
mehrheitsbeschaffung statt um gesellschaftliche erneuerung.
zwei beispiele, die mich persoenlich wirklich stoeren:
beim beruehmten beschluss zum banken-rettungsschirm ESM habt ihr euch 
als mehrheitsbeschafferInnen hervorgetan. zu einem zeitpunkt, wo das 
thema krise, schulden und euro-rettung schamlos von diversen parteien 
zur eigenen profilierung ausgeschlachtet wurde ist euch keine eigene, 
keine differenziertere, keine kreative antwort eingefallen. nein, ihr 
habt nach (gar nicht so) langem hin und her beschlossen, einfach 
mitzustimmen. das hat viele, die sich nach denkenden menschen sehnen, 
vor den kopf gestossen.
ganz aktuell: in der fiesen ablenkungsdebatte berufsheer oder 
wehrpflicht waere so vielen menschen wichtig, dass wir eben nicht auf 
diese verkuerzte und manipulative fragestellung hereinfallen. es waere 
vielen wichtig gewesen, eine andere, eine differenzierte position dazu 
zu formulieren. und wieder habt ihr nach einem zelebrierten hin und 
her einfach beschlossen, das mitstimmen zu empfehlen. nicht nur 
pazifistInnen, sondern alle, die weiter denken koennen, haben wieder 
einmal gelernt, dass ihr nicht die vertreterInnen einer kreativen 
politikdenke seid, sondern auf das plumpe bist du fuer A oder B spiel 
hereinfaellt. sonst faellt euch nichts ein?
schade. es koennte mir egal sein und ich koennte einfach das mail 
unter spam abhaken. warum ich das nicht mache?
weil ich zur erkenntnis komme, dass jede kreative bewegung, sobald sie 
mehr partei ist, sobald sie die naehe zur macht riechen kann, sich 
abhebt und jenen typischen realitaetsverlust vollzieht, der aus 
engagierten menschen dann einerseits "basis" und andererseits 
"fuehrung" macht. themen werden sekundaer, machterhalt bzw. 
machtgewinn stehen im vordergrund.
viele menschen werden noch unter den verbrechen namens "eurokrise", 
"bankenrettung" oder "schuldenabbau" leiden muessen und vieles wird 
noch kaputt gehen. dass diese menschen sich wohl nicht im 
ESM-beschluss vertreten fuehlen, duerfte klar sein.
ich kenne sehr engagierte, gespraechsoffene und diskussionsbereite 
menschen, die sich fuer eine moderne gesellschaft einsetzen wollen in 
und im umfeld (fast) aller parteien. das ist bei den gruenen kaum 
anders als in der oevp und spoe - aber auch in anderen kleinparteien 
(nicht den rechten). dort wie da sind es dann leider die 
parteizentralen, die so wenig mit jener realitaet zu tun haben, in der 
diese engagierten menschen stehen. und ich kenne auch viele solche 
menschen, die sich bereits jetzt bewusst sehr fern von jeder partei 
halten.
es wird aber immer wichtiger, dass sich menschen - jenseits der 
parteien - zu ihren eigenen betroffenheiten verbinden und aktiv 
werden. es wird unausweichlich, dass veraenderung eingefordert und 
gestaltet wird, und dazu brauchen wir die kreativen koepfe aus 
verschiedensten richtungen und denkweisen.
aber fuer mich gilt dabei der grundsatz: je weniger partei umso 
zukunft.
(bernhard jenny auf seinem blog)
Quelle: 
https://bernhardjenny.wordpress.com/2013/01/10/je-weniger-partei-umso-zukunft/
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