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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. Februar 2013; 20:22
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BRD/Polizei/Kommentar:
> Ende des Redaktionsgeheimnisses?
Wirklich aufregen tut sich eigentlich niemand. Ein paar kleinere Demos 
hat es gegeben. Von einem richtigen Aufschrei in der Presse kann man 
auch nicht wirklich reden. Vielleicht ist das der eigentliche Skandal 
an der Geschichte. Gerade mal "taz" und "Neues Deutschland" empoerte 
die Angelegenheit -- aber deren Mitarbeiter waren ja auch unmittelbar 
betroffen: Am Mittwoch, den 6.Februar drangen in Berlin und anderen 
detschen Staedten Polizisten mit Haussuchungsbefehlen in die Wohnungen 
von acht Photographen ein. Nein, gegen die Photographen selbst lag 
nichts vor, man hatte sich nicht einmal bemueht, irgendeinen 
strafrechtlich relevanten Vorwurf zu konstruieren, sondern es reichte, 
dass von diesen Leuten bekannt war, dass sie in Frankfurt bei einer 
Demo im Maerz 2012 Aufnahmen gemacht hatten. Da bei dieser M31-Demo 
ein Polizist verpruegelt worden war, meinte man bei den Photographen 
etwaige Beweismttel sicherstellen zu duerfen.
Dabei wollte man natuerlich keineswegs das Recht auf das 
Redaktionsgeheimnis verletzen, so die Polizei. Die Sprecherin der 
Staatsanwaltschaft Frankfurt erklaerte dazu, ihre Behoerde und das 
Gericht waeren bei Erlass des Durchsuchungsbeschusses davon 
ausgegangen, dass es sich nicht um Pressefotografen handele. Sollten 
es sich doch um Pressefotografen gehandelt haben, werde das gesicherte 
Material nicht gesichtet.
Einmal abgesehen davon, dass bei einigen der Betroffenen schon mit 
einer simplen Google-Anfrage klargeworden waere, dass es sich dabei um 
professionelle Journalisten handelt, und zumindest bei einem 
Photographen sogar im Polizeiprotokoll vermerkt worden, man haette 
"Wohn- und Redaktionsraum" durchsucht, kann diese Behauptung 
mangelnder Professionalitaet dennoch nicht einen derartigen 
Grundrechtseingriff rechtfertigen. Selbst wenn ein Photograph Bilder 
nur aus Lust und Laune macht, duerfte doch in einem Rechtsstaat ohne 
gruendliche Abwaegung der Rechtsgueter nicht so einfach das Recht auf 
Unverletzlichkeit der Wohnung uebergangen werden. Aber es macht nunmal 
nur selten jemand zu anderen als journalistischen Zwecken Bilder auf 
einer Demo -- auch die unbezahlte Berichterstattung in 
nichtkommerziellen Medien ist grundrechtlich geschuetzt. Haette man 
bis vor kurzem zumindest eigentlich geglaubt. Ist aber offensichtlich 
nicht mehr so in Deutschland.
2011 hatte man nach den Protesten gegen "Stuttgart 21" bei 
Hausdurchsuchungen noch fadenscheinige Vorwuerfe gegen Photographen 
und Filmer wegen Landfriedensbruches gebastelt, um eine Begruendung 
fuer die Durchsuchungsbeschluesse zu haben, erscheint 2013 selbst das 
nicht mehr notwendig. Wer also in Hinkunft in Deutschland bei 
Demonstrationen photographieren will, wird das im Bewusstsein tun 
muessen, dass deswegen eines Morgens die Polizei seine Wohnung 
durchwuehlen und seinen Computer sowie seine Photoausruestung 
beschlagnahmen koennte. Und er wird das Gefuehl haben muessen, von 
Demonstranten als potentieller unfreiwilliger Polizeispitzel angesehen 
zu werden. Angenehmer Nebeneffekt fuer die Polizei: Uebergriffe der 
Beamten werden damit wohl deutlich seltener dokumentiert werden.
*Bernhard Redl*
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