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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Jaenner 2013; 21:36
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Militaer/Demokratie/Diskussion:
> BerufsWehrPflicht?
Die Volksarmee ist kein Demokratiegarant, meint ein ehemaliger
Zwoelfmonatsdiener
Die Freunde in der Schottengasse hatten ja Recht: Man muesse sich
bemuehen, dass die Befragung Berufs- oder Wehrpflichtheer um die
Antwortmoeglichkeit "Gar kein Heer" erweitert werde. Ich wuerde sofort
mein Kreuz in so ein Antwortkaestchen setzen. Schon im letzten Herbst
war zu befuerchten, dass weder ich noch sonst jemand dazu Gelegenheit
haben werde. Die Fragestellung wurde um keine dritte Option erweitert,
weder um "Gar kein Heer" noch um "Wehr/Zivildienstpflicht fuer Maenner
und Frauen", eine Erweiterung, fuer die ja auch schon vor Monaten
Stimmen laut wurden (Der Standard, 23.10.1012).
Vielleicht ist aber das Fehlen der Option "Kein Heer" jetzt gar nicht
so schlecht: Das Werben um Zustimmung zu dieser Forderung will ja auch
gut vorbereitet und - nicht zu uebersehen - auch gut, sogar sehr gut
finanziert sein. Beide Voraussetzungen scheinen mir gegenwaertig nicht
hinreichend gegeben zu sein; ein Votum im einstelligen
Prozentpunktebereich waere eher entmutigend. Dass es ein langer, sehr
langer Weg zu einem Oesterreich ohne Armee ist, braeuchte man sich
nicht auch noch durch ein Hoffnung raubendes Volksbefragungsresultat
bestaetigen lassen. Der Blick zurueck in die juengere Geschichte
unseres westlichen Nachbarlandes, der Schweiz, ist doch Beleg genug
fuer den schier nicht enden wollenden Volksabstimmungsmarathon bis zur
Erreichung dieses Zieles.
Folglich koennte man die beiden "offizioesen" Optionen besser
dahingehend hinterfragen, auf welcher der beiden Voraussetzungen es
weniger schwierig sein koennte, eine Entmilitarisierung des Landes zu
erreichen: Wird es ohne Wehrpflicht politisch leichter oder schwerer,
das Heer abzuschaffen? Darueber nachzudenken und entsprechend zu
entscheiden, ist zielfuehrender, als zu klagen und zu protestieren,
dass die "falschen" Fragen gestellt wuerden oder dass es besonders
perfid sei, die "boese" Militaerfrage mit dem so "guten zivilen Dienst
an der Gesellschaft" unaufloeslich zu verknuepfen, und mensch daher am
besten gar nicht antworten sollte.
Bevor ich auf einige der Argumente der letzten paar Monate zu dieser
Thematik eingehe, noch eine Anmerkung zu meinem persoenlichen
Entscheidungshintergrund: Als mir die Stellungskommission meine
"Tauglichkeit zum Dienst mit der Waffe" bescheinigt und ich bald
darauf (1964) einen Einberufungsbefehl erhalten hatte, gab es noch
keine Zivildienstalternative. Ich entschied nach einigen
Ueberlegungen, zu den verpflichtenden 9 Monaten noch drei anzuhaengen.
Das beruhte nicht auf einem gesteigerten Bekenntnis zur Sinnhaftigkeit
dieses Wehrdienstes, sondern vor allem darauf, mich aus der
"Kanonenfutter-" oder "Schuetze-Arsch-Rolle" etwas heraushalten zu
koennen. Die zusaetzliche Zeitinvestition hat mir Erlebnisse,
Erfahrungen und Einblicke in viel mehr Ebenen des Militaers
ermoeglicht, als es den Nur-Grundwehrdienern mit anschliessender
Milizverpflichtung moeglich war.
Was damals schon vorherrschende Einschaetzung war, dass naemlich die
Rekruten ihr "Handwerk" aeusserst unzulaenglich lernten, weil die
Lehrzeit und die eingesetzten Lehrmittel fuer's "Soldatsein" viel zu
knapp bemessen sei, kann heute - 50 Jahre spaeter und nach seither
mehrfach verkuerzter "Lehre" - mit noch groesserer Berechtigung gesagt
werden. Waehrend in allen anderen, zivilen Berufen die Lehrzeit
verlaengert, intensiviert und in die "bessere Verwertbarkeit" der
auszubildenden Fachkraefte investiert wurde und wird, geschah beim
Militaer das Gegenteil: Verkuerzung der Ausbildung, beschleunigte,
sukzessive Veralterung und Unzweckmaessigkeit des Materials,
Ausduennung der "eigentlichen" militaerischen Truppen - kurzum: es war
nur mehr eine Frage der Zeit, wann die Untauglichkeit dieses
geschrumpften Apparates denn irreversibel und nicht mehr zu verbergen
sein wuerde. An die eigene Wehrfaehigkeit glaubte schon damals kaum
ein Wehrpflichtiger, der durch die "Soldatenlehre" gepresst wurde. Die
an den immer kuerzer gewordenen Grundwehrdienst angehaengten
verpflichtenden Milizuebungen haben eher das Vergessen des notduerftig
Gelernten dokumentiert als zur Auffrischung des Verlernten
beigetragen. Mit dem Zivildienst wurde auch noch die Option
geschaffen, der Verpflichtung zur zeitaufwaendigen Wehrlosigkeit zu
entkommen. Wir haben es also bisher mit einem langsamen Prozess der
Dysfunktionalisierung des Militaers und damit einer Entmilitarisierung
der Gesellschaft in diesem Land zu tun. Wer heute diesen Prozess
aufhalten oder gar umkehren will, der ruft in der aktuellen Situation
zum Erhalt der Wehrpflicht und zu einer Reform des Milizsystems auf,
die ja von den Protagonisten der Wehrpflicht als unbedingt notwendig
erachtet wird. Und was heisst hier nun "Reform"? Ein mehrheitliches Ja
zur Wehrpflicht wuerde ziemlich sicher als "Bekenntnis des Volkes und
Auftrag zur Staerkung der Landesverteidigung" interpretiert und daher
als Argument fuer eine bessere Dotierung des LV-Budgets eingesetzt
werden. Und ohne Verlaengerung der "Lehrzeiten" ist die
fortgeschrittene und fortschreitende Untauglichkeit der
Wehrpflichtigen auch kaum glaubwuerdig einzubremsen.
Fuer den "inneren Feind" geruestet
Von etlichen Linken - und nach meinen Diskussionserfahrungen vor allem
von Frauen - wird die Wehrpflicht als Bollwerk oder zumindest
taugliches Mittel gegen die Gefahr eines gegen das Volk agierenden
Berufsheeres gesehen (siehe auch Herbert Sburny in akin 12.12.2012).
Ich erinnere mich selbst noch an jene aus den Analysen diverser
Buergerkriege stammende Argumentation: Es waere ein grosser Fehler
gewesen, den Rechten das Heer alleine zu ueberlassen. Eine vom Volk
selbst getragene verpflichtende Miliz waere daher ein struktureller
Garant gegen die Verselbstaendigungsgefahr eines Berufsheeres.
Milizsoldaten wuerden nie (oder jedenfalls nicht so ungehemmt) gegen
das Volk agieren und auf ihresgleichen schiessen, wenn der "Staat in
Gefahr" sei und Schiessbefehle erteilte. Ich meine, dass hier der
Wehrpflicht und dem Milizsystem viel zu viel "zugetraut" und
gleichzeitig die alle Militaers - eben auch "Volksarmeen" --
durchdringende Befehlsgewalt und Gehorsamskultur voellig unterschaetzt
wird. Allen Waffenuebungen, zu denen ich in meiner Reservistenzeit
verpflichtet wurde, lagen "innere Feinde" - also Teile des "Volkes" -
als Feindbilder zu Grunde. Niemand von den Milizsoldaten hatte
irgendwelche Skrupel, die der Uebungsannahme entsprechenden Befehle zu
exekutieren. Die Reserveoffiziere (sie gehoeren zur wehrpflichtigen
Miliz!) schlossen mich von weiteren gemeinsamen Besprechungen aus,
versetzten mich zu schwer zu fuehrenden Truppen, weil ich in einer
Versammlung die Feindbildannahme kritisch in Frage gestellt hatte. Die
Feindbilder wiederum waren stets mit der (aussermilitaerischen)
Politik abgesprochen.
Wer mit der (idealisierten, verbraemten) "Volksnaehe" eines
Wehrpflichtigenheeres argumentiert, uebersieht, dass die
Befehlshabenden fast alle Berufssoldaten sind. Und die unterscheiden
sich durch gar nichts von den Befehlshabenden in einem Berufsheer. Je
weniger zu Gehorsam vergewaltigte Wehrpflichtige sie zu ihrer
Verfuegung haben, umso weniger gefaehrlich sind sie. Es ist viel
wichtiger und auch wirksamer, sich fuer die Herrschaft der Politischen
Institutionen ueber das Militaer - solange es noch eines gibt -
einzusetzen, als sich der Illusion hinzugeben, ueber die Wehrpflicht
das Militaer (demokratisch) zu politisieren.
Der langfristige Trend der Gewichtsabnahme des Heeresbudget spiegelt
in gewissem Sinn auch die Abnahme des Bedrohungspotenzials in den
letzten Jahrzehnten und die Sinnkrise eines solchen militaerischen
Apparates wider. Die Fortsetzung dieses Entmilitarisierungsprozesses
in unserer (oesterreichischen) Gesellschaft ist in einem reinen
Berufsheer wahrscheinlicher, weil dessen Finanzierung - im Vergleich
zum "reformbeduerftigen" Wehrpflichtheer - keiner derart langfristig
festgeschriebenen Verbindlichkeit unterworfen waere. Der gewichtigste
Klotz am militaerischen Bein sind doch die Wehrpflichtigen, die jedes
Jahr rekrutiert und ausgebildet werden muessten - seit Jahren kosten
sie nur mehr und erhoehen die Spesenrechnung, die wir fuer die
Wehrunfaehigkeit zu begleichen haben. Sie einzusparen ist eine Chance,
die in einer Ablehnung der Wehrpflicht bei dieser perfiden
Volksbefragung liegt.
Der Kampf fuer das weitere budgetaere Aushungern des Heeres wird ohne
diese Wehrverpflichtung auch nicht leicht, aber sicher leichter. Die
budgetaere Umverteilung jener finanziellen Ressourcen, die fuer eine
Reform der Wehrpflichtmiliz erforderlich waeren, hin zu sozialen
Diensten, waere somit auch ein Schritt in Richtung "Oesterreich ohne
Armee".
*Peter Moser*
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