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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Januar 2013; 21:11
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Militaer/Demokratie/Diskussion:

> Was nun am 20.Jaenner?


Eine Diskussion innerhalb der oesterreichischen Friedensbewegung, die
trotz des Konsenses, das Heer abschaffen zu wollen, in der Frage des
Verhaltens bei der Volksbefragung uneins ist.

Am 13.November haben Manfred Gmeiner, Christian Mokricky und Peter
Steyrer alte Freundinnen und Freunde zur Meinungsbildung in Hinblick
auf die Volksbefragung in die altehrwuerdigen Raeume der Arge
Wehrdienstverweigerung - frueher Zivildienst - eingeladen: "Wir
beobachten nun seit einigen Monaten mit maessigem Vergnuegen, wie OeVP
und SPOe die Frage der Wehrpflicht tatsaechlich einer Volksbefragung
zufuehren. Die OeVP entpuppt sich in dieser politischen Groteske
ploetzlich als begeisterter Fantrupp des Zivildienstes und der
Zivildiener, der Verteidigungsminister laesst sich durch die
Fragestellung am 20.Jaenner zum Agenten eines Berufsheeres machen.
Das wollen wir so nicht ueber uns ergehen lassen und wir laden Euch -
ehemalige Zivis, AntimilitaristInnen und Friedensbewegte - daher zum
Meinungsaustausch, zu alternativen Initiativen, zur Standortbestimmung
und zu moeglichen Zielen und Wegen dahin ein."
Dieser Einladung fuer den 19.November folgten auf 2 Treffen rund 25
Leute und im Netz entwickelte sich folgende Diskussion, die vielleicht
auch hilft, am 20.Jaenner 2013 "das Richtige" zu tun:
*
13.11.2012
Ich wundere mich auch, wie und dass die Abschaffung des Wehrdienstes
diskutiert wird und wie wir alte Gegner so dastehen und uns dieses
Thema von der SPOe und OeVP "praesentiert" wird.
Wirklich verwunderlich. Wo ist die Friedensbewegung?
Wo ist der friedenspolitische Aspekt?
Ich bin auch nach all den Jahren noch immer fuer "oesterreichische
Blauhelme", die der UNO unterstellt sind. Alles andere ist doch
absurd.
Christian Wabl, Graz
*
18.11.2012
Auch ich ergreife ohne Zoegern fuer das SPOe-Modell des Berufsheeres
Partei und werde am 20. Jaenner 2012 entsprechend abstimmen, weil ein
solches Berufsheer im Sinn der "unbewaffneten Neutralitaet"
schrittweise verkleinert werden kann, eine Wehrpflichtarmee aber
leider nicht.
Ich fordere die Freunde des ungueltigen Abstimmens noch einmal auf zu
bedenken, was bei dieser Befragung wirklich auf dem Spiel steht. Die
mehr als 23.000 Beschaeftigten des bereits bestehenden Berufsheeres
werden saemtliche Verwandten und Bekannten mobilisieren, um ihre
privilegierten Arbeitsplaetze im Rahmen des Wehrpflichtsystems
behalten zu koennen. Dazu kommen treue OeVP- und FPOe-Waehler, die
Sozialdemokraten und Gruenen wieder einmal einen Denkzettel verpassen
wollen.
Auf das Ergebnis dieser Volksbefragung werden sich alle zukuenftigen
Regierungen berufen, wenn es um Ruestungsfragen geht. Gewinnen die
Befuerworter der allgemeinen Maennerwehrpflicht, so sind pazifistische
und militaerkritische Positionen in Oesterreich wieder auf lange Sicht
marginalisiert. Eine ungueltige Stimme hat keinerlei historisches
Gewicht, kann nichts bewegen und massiert nur das eigene Ego.
W. Koch
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20.11.2012
Liebe freunde, stellt euch ein wirtshaus vor. Auf der tafel steht:
"wir fuehren alle speisen. Heute duerfen wir 2 gerichte anbieten. Sie
koennen sich fuer eines der beiden entscheiden" Wuerdet ihr
hineingehen? Noch dazu, wenn euch beide nicht wirklich munden?
Sind wir tatsaechlich so ausgehungert, dass wir schon jeden scheiss
fressen muessen? Fakt ist, dass diese befragung nicht von uns initiert
worden ist. Ist es ein zeichen von staerke, sich von anderen themen
diktieren zu lassen?
Nein.
Also fuer mich ist die sache klar. Ich werde diese befragung
ignorieren.
Ein einziges motiv in dem zusammenhang lasse ich gelten: Diese
befragung dazu zu nutzen, um ueber die realitaet des militarismus in
gesellschaften aufzuklaeren. Grundlage jedes militarismus ist angst
und gewalt. Beide wurzeln muessen beackert werden,dann eruebrigt sich
diese scheussliche institution ganz von allein, ohne befragung!
D. Bach
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20. 11. 2012
Werter Dieter B., Sie sitzen einem Denkfehler auf, denn wir befinden
sich nicht in einem Wirtshaus, sondern in einer Kantine, und da gibt
es jeden Tag genau zwei Menues.
Wenn Ihnen davon keines passt, muessen Sie eben hungrig wieder gehen
und sich unter den Demokratieveraechtern einreihen. Demokratie heisst
immer Kompromisse machen, zwischen Uebeln waehlen.
W. Koch
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20.11.2012
Werter Herr Koch, Hab wieder was vergessen: Natuerlich hats was von
chuzpe, die oevp zu verdutzen, wenn eine arge zivildienst eine
wahlempfehlung fuer ein berufsheer abgeben sollte. Aber das wuerd ich
dann erst am faschingsdienstag machen, und das waer ja zu spaet. Aber
ich nehm das eh nicht so ernst. Und entschuldige meine kleine
aufregung, aendert eh nichts an den mehrheiten.
D. Bach
*
19.12.2012
Aufruf ehemaliger Zivildiener
Jahrzehntelang war der Zivildiener in Kreisen der Militaristen ein
"Drueckeberger", ja ein Vaterlandsverraeter, dessen Gewissensgruende
man als "gewisse Gruende" nach Laune diskreditierte.
Dieselben Herren versuchen jetzt, die Zivildiener dafuer zu
missbrauchen, ihr Militaer auf Basis des Wehrdienstzwanges fuer die
maennliche Jugend zu sichern. Die Zivildiener werden fuer den
"Wahlkampf" um die Aufrechterhaltung/Abschaffung des Zwangsdienstes zu
einem wichtigen Pfand. Das Argument: Ohne Wehrpflicht kein
Zivildienst. Ohne Zivildienst keine Rettung, keine Altenbetreuung,
keine Sozialdienste. Der Zivildiener als Systemerhalter?
Doch was soll damit auch erhalten werden? Der Zwang zum Wehrdienst.
Wer den nicht leisten will, geht ins Gefaengnis. Wer fuer Zivildienst
votiert, wird mit einem deutlich laengeren Dienst bestraft. Wer den
Zivildienst verweigert, wird auch hart bestraft. Dieses Zwangssystem
sichert den Herren Generaelen die jungen Rekruten, die geschunden
werden koennen -- auch wenn Frau Burgstaller meint, das habe noch
niemandem geschadet (von wem sie das weiss?). Das Zwangssystem sichert
aber den Sozialeinrichtungen auch billige Arbeitskraefte.
Zwangsarbeiter -- wenn man es auf den Punkt bringt.
Gegen dieses Zwangssystem kann man bei der Volksbefragung am 20.
Jaenner 2013 Stellung beziehen. Wir rufen alle Zivildiener --
derzeitige wie ehemalige -- auf, sich nicht missbrauchen zu lassen,
zur Befragung zu gehen und gegen die Wehrpflicht zu stimmen!
Peter Kolba, ehem. Zivildiener beim Internationalen Versoehnungsbund
Peter Steyrer, ehem. Zivildiener bei der Bewaehrungshilfe
Fritz Zeder, ehem. Zivildiener im Bundesministerium fuer Inneres
*
19.12.2012
Servus Peter und alle!
Ich werde diesen Aufruf nicht unterstuetzen, weil er trotz einigem
argumentativen Hin-und-Her letztlich dazu dient ein Berufsheer zu
installieren.
1. Das aber ist ein Schmarrn, weil es die Chance auf eine
grundsaetzlich antimilitaristische Perspektive mehr verbaut als das
derzeitige Wehrpflichtigen-Bundesheer (Peter Pilz hat das in seiner PK
ja unmissverstaendlich zum Ausdruck gebracht: "Wenn wir beim jetztigen
BH bleiben, dann haben wir in einigen Jahren eine
Abschaffungsdebatte". Weit hamas bracht: Die Gruenen in Sorge um einen
effizenten Militarismus! Das ist ja fast so als haette man sich Anfang
des 18. Jahrhunderts bzw. nach Friedrich von Spee Sorgen um das
ordentliche Funktionieren der Hexeninquisition gemacht.
2. Angesichts globaler Herausforderungen (weitverbreitete sklavenhafte
Ausbeutung, extreme globale Ungerechtigkeit bei der wir keineswegs auf
Seite der Unterdrueckten agieren, Hunger, Armut, Erderwaermung,
Allzeit-Ruestungshoch und Waffenexportboom auch aus der EU, etc.)
brauchen wir einen weit reichenden Paradigmenwechsel unserer
Sicherheitspolitik und in der aktuellen geopolitischen Situation
unseres Landes koennen uns eine solche Demilitarisierungsperspektive
und Lukrierung einer entsprechenden Friedensdividende zugunsten der
Milderung und Loesung dieser Probleme auch leisten. Militaerische
Sicherheitspolitik traegt immer die Gefahr der friedenspolitischen
Verdummung und Phantasielosigkeit in sich. Welches friedenspolitisches
Potential hingegen ein Staat ohne Armee in sich tragen kann, zeigte
Costa Rica im Zuge des Mittelamerika-Friedensprozesses der 80er-Jahre.
3. Mittel- und laengerfristig wirklich notwendige friedens- und
sicherheitspolitische Initiativen, die von unserem Land ausgehen
sollten, werden in Eurem Aufruf in keiner Weise angesprochen. Das
Wiederaufgreifen der mutigen Nahostpolitik Kreiskys, das Bestreben die
UN durch eine Reform zu einer wirklich glaubwuerdigen
Weltordnungsmacht zu machen (der wir dann gern auch ein kleines
oesterreichisches Truppenkontingent zur Verfuegung stellen koennen),
der entschlossene Aufbau eines international einsetzbaren
Friendensdienstes, etc.
4. Wie schon bei der Debatte um die EU-Verfassung weigert Ihr euch,
den groesseren geopolitischen Hintergrund der derzeitigen
EU-Entwicklung kritisch zur Kenntnis zu nehmen. Die Bildung eines
militaerisch effizient geruesteten Kerneuropa als Bedingung eines
Europaeischen Imperiums mit pazifizierender Wirkung nach Innen (obwohl
man angesichts des Auseinanderdriftens zwischen EU-Nord und EU-Sued
sowie der vor sich gehenden klassenkaempferischen
Gesellschaftsspaltung in Griechenland, Spanien etc. auch daran Zweifel
haben kann) und erhoehter Aggression nach aussen ist jedenfalls keine
friedenspolitische Alternative, gleichgueltig ob wir dabei mit einem
Berufsheer oder mit spezialisierten oesterreichischen Battlegroups auf
Basis einer Wehrpflichtigen-Armee dabei waeren.
5. Die in Eurem Aufruf enthaltene Option fuer ein Berufsheer ist auch
insoferne voellig unakzeptabel, als unsere Verfassung im Art. 79, Zi
2b immer noch den Einsatz des Bundesheeres nach Innen vorsieht (wovon
im Februar 1934 mit dem damaligen Berufsheer gegen die Arbeiterschaft
Gebrauch gemacht wurde). Kurz: Euer Aufruf ist analytisch flach,
historisch unreflektiert, banal pragmatisch, friedenspolitisch
phantasielos und einer Unterstuetzung nicht wert.
Franz Soelkner, Thal
*
19.12.2012
Lieber Franz, ich stimme dir zu und glaube auch nicht, dass der Aufruf
eine tiefschuerfende Analyse aller Missstaende dieser Welt liefert.
Aber im Gegensatz zu dir glaube ich nicht, dass er das tun soll.
Aufrufe mit dutzenden Seiten werden naemlich nicht gelesen.
Es gibt nun mal diese Befragung, einen anderen Text kann man sich
wuenschen, es wird ihn aber nicht geben. Egal, was das Ergebnis der
Befragung ist, es wird uns idealen Zustaenden (Costa Rica?) nicht
wesentlich naeher bringen.
Wir koennen nur die pragmatische Entscheidung treffen, welche der
beiden Varianten Vorteile gegenueber der anderen hat. Und da ist es
fuer mich keine Frage, dass die Abschaffung des Zwangsdienstes und die
Beendigung der Sozialisierung grosser Teile der maennlichen
Jugendlichen im Heer ein Vorteil ist.
Und es stimmt auch nicht, dass im Gegenzug ein Berufsheer eingefuehrt
wird. Das haben wir naemlich schon lange: Es fliegt mit unnoetigem
Geraet in der Obersteiermark herum, steht am Golan und anderen Orten
etc. Und diese Truppe in der Truppe ist auch schon seit immer ein Hort
der Reaktion und von Nazis, und es waere problemlos jederzeit gegen
die eigene Bevoelkerung einsetzbar (mit und ohne diese
Verfassungsbestimmung). Ich bin Darabos dankbar, dass er (zumindest
meiner Wahrnehmung nach) als erster Verteidigungsminister da genauer
hinschaut.
Die Auseinandersetzung, wofuer das Heer noch gut ist, die 'globale
Herausforderung' etc, muss extra gefuehrt werden. So koennte sich
Oesterreich mit und ohne Wehrpflicht an europaeischen Kampfgruppen zur
Verteidigung 'unserer Rohstoffe' beteiligen. Die Beibehaltung der
Wehrpflicht wird uns vor einem solchen Szenario nicht schuetzen, da
wird es politische Auseinandersetzungen brauchen.
Auch ist es eine politische Auseinandersetzung, ob wir auf eine
aufgewertete Berufsarmee oder auf eine Restarmee zusteuern. In diesem
Zusammenhang wird es u.a. wichtig sein, gegen neue Aufgaben des Heers
(Katastrophenschutz, Cyberwar) aufzutreten.
Kurzum, bei der kommenden Befragung wird eventuell ein Loch in ein
dickes Brett gebohrt. Es wird noch etliche weitere brauchen. Sich dem
zu verweigern, indem man darauf hinweist, dass das Brett nachher ja
noch immer da ist, ist wenig konstruktiv.
Heinz Hattinger, Wien
*
20.12.2012
Weiss waehlen, nicht waehlen???
Ein weisse Stimme ist gleich einer ungueltigen Stimme ist gleich einer
nicht-abgegebenen Stimme. Eine ungueltige Stimme ist zugleich eine
verlorene Stimme. Sie zaehlt nicht. Es zaehlt nicht, dass die
Fortfuehrung der Wehrpflicht zur Disposition steht. Es zaehlt nicht
die Moeglichkeit, durch das Instrumentarium der direkten Demokratie
eine wehrpolitische Weichenstellung zu setzen. Mir erscheint dies
verantwortungslos. Alle Umfragen prognostizieren eine Mehrheit fuer
die Wehrpflicht. Eine ungueltige Stimme kommt in diesem Fall dieser
Mehrheit zugute. Eine ungueltige Stimme wird also dazu beitragen, dass
die Wehrpflicht weiterhin bestehen bleibt.
Klaus Heidegger, Absam
*
20,12. 2012 9:00 PM
Lieber Klaus, Du bist zwar der Meinung, dass es verantwortungslos sei,
ungueltig zu waehlen, aber das Wort, fuer ein Berufsheer zu stimmen
nimmst Du auch nicht in den Mund. Ich finde es nicht
verantwortungslos, ungueltig zu waehlen, wenn ich beide Varianten
ablehne und grundsaetzlich fuer die Abschaffung der Armee bin. Bloss
weil ich jetzt aufgerufen werde, fuer oder gegen
Wehrpflicht/Berufsheer zu stimmen, vergesse ich meine pazifistische
Gesinnung nicht, und werde diese auch zum Ausdruck bringen, denn
"Soldaten sind Moerder" (K.T.), egal in welcher Organisationsstruktur,
ich lasse mich von einer Regierung nicht erpressen, gegen mein
Gewissen und meine Gesinnung zu agieren, viele liebe Gruesse,
rosalia krenn, Salzburg
*
22.12.2012
Liebe Rosalia,
nehme das Wort "verantwortungslos" in gewisser Weise zurueck, weil es
doch am wenigsten auf dich zutrifft! Wie du haette ich mir fuer eine
solche Abstimmung gewuenscht, es gaebe eine dritte Option zu waehlen:
O Abschaffung der Armee. Gaebe es dies, taeten wir uns tatsaechlich
leicht innerhalb der Friedensbewegung. Am 20. Jaenner kann ich
allerdings nur pragmatisch-strategisch ANTWORTEN zwischen zwei
Optionen, bei der nur eine Option den realpolitisch gangbaren Weg frei
haelt fuer unsere gemeinsame Zielsetzung eines armeefreien
Oesterreich. In dieser Situation versuche ich zwischen
Berufsheerkonzepten zu differenzieren: Es gibt tatsaechlich auch
Berufsarmeen, die ich nicht als
"Killerarmeen" bezeichnen wuerde, es gibt tatsaechlich auch Soldaten,
die ich nicht wie Tucholsky als "Moerder" bezeichnen wuerde. Als
jemand, der in einem Ort mit einer grossen Kaserne lebt, begegne ich
ihnen taeglich. Daher ist als Uebergangsloesung nach der
Wehrpflichtabschaffung sicherlich ein stark reduziertes Berufsheer -
gegenwaertig haben wir ja ein sehr grosses mit 20.000
Berufssoldaten!!! - moeglich. Als friedensbewegte und
antimilitaristische Menschen werden wir politisch darauf hin arbeiten,
dass dieses aber nur im Rahmen der
oesterreichischen Neutralitaet agieren kann. Dafuer kann es uns
gelingen, innerhalb der Sozialdemokratie bis hinein ins BMLV Menschen
zu gewinnen. Auch die Gruenen mit ihren Konzepten eines radikal
reduzierten und ausschliesslich im Rahmen der VN agierenden
Bundesheeres lassen sich fuer diese Option gewinnen. So schaffen wir
vielleicht jene Critical Mass, die ein armeefreies Oesterreich noch zu
"meinen Lebzeiten" realistisch werden lassen koennte.
Klaus Heidegger, Absam
*
22.12.2012
Abstimmung verweigern?
Natuerlich haben diese Abstimmung nicht wir initiiert "Wir" haben ja
schon laenger nichts mehr initiiert. Wirkliche demokratische
Mitbestimmung besteht nicht in Abstimmungen, auch nicht in mehr
Abstimmungen zu einzelnen Themen. Ob unsere frueheren Aktionen viel
bewirken konnten sei dahingestellt, aber sie haben sicher zu einem
Diskurs beigetragen, zumindest in Teilbereichen der Gesellschaft.
Diese Abstimmung zu nuetzen, sich zu Wort zu melden ist in jedem Falle
gut. Die Abstimmung aber zu verweigern, weil nicht unsere
Fragestellung gewaehlt wurde, halte ich jedoch fuer falsch.
Es bietet sich hier die Gelegenheit die Wehrpflicht und den damit
verbundenen Zwangsdienst als Zivildiener, gegen die wir Jahre lang
gekaempft haben abzuschaffen. Eine Abschaffung des Zwangs zum
Militaerdienst oder zur waffenlosen Variante der Umfassenden
Landesverteidigung, zum Zividienst ist in jedem Fall ein Gewinn. Nun
gut, es waere vielleicht keiner, wenn wir statt dessen eine
hochgeruestete, kriegsluesterne Armee bekaemen. Aber erstens ist das
nicht wahrscheinlich und zweitens wuesste ich nicht, warum die
Schaffung einer solchen durch die Wehrpflichtigen verhindert werden
sollte.
Natuerlich ist es unangenehm, dass man, um fuer die Abschaffung der
Wehrpflicht einzutreten, fuer ein Berufsheer stimmen muss. Ich behelfe
mir da mit einer Uebersetzung der Fragen in die Realitaet.
A: Sind sie fuer die Wehrpflicht, den Zwang fuer alle Maenner sich
einer militaerischen Erziehung zu unterwerfen, oder als Alternative zu
einem mehr oder weniger sinnvollen, jedenfalls unterbezahlten
Gesellschaftdienst eingezogen zu werden, zur Strafe ein paar Monate
laenger?
Sind sie damit auch dafuer, dass alles beim Alten bleibt und ueber
Veraenderungen, mit dem Bevoelkerungswillen im Ruecken, fuer Jahre
nicht mehr gesprochen werden muss?
B: Oder sind sie dafuer, dass die existierende Berufsarmee ohne
Zwangsverpflichtete auskommen muss. Dass ueber den dafuer notwendigen
Umbau des Heeres eine Diskussion gefuehrt werden muss, die vielleicht
wieder Chancen bietet sich im Sinne der Buergerbeteiligung fuer eine
Reduktion einzusetzen.
Die Wehrpflichtabschaffung wird immer wieder von Militaristen als
erster Schritt in Richtung einer Abschaffung der Armee gesehen und als
eine ernsthafte Hinterfragung ihrer Institution betrachtet.
Dass nach deren Abschaffung noch viel antimilitaristische Arbeit und
Aufmerksamkeit notwendig ist ist klar. Aber warum die Vorraussetzungen
dafuer ohne Wehrpflicht schlechter sein sollten leuchtet mir nicht
ein.
Manfred Gmeiner, Wien
*
3.01.2012
Liebe FreundInnen und Freunde,
ich fuerchte mich nicht vor dem Berufsheer, dennoch ist mir das
Argument vollkommen schleierhaft, warum mit einem Ja zum
Berufsheeresmodell der SPOe das Bundesheer abgeschafft werden soll!
Waere die Moeglichkeit gegen das Bundesheer zu stimmen vom Gesetzgeber
vorgesehen, haette das Parlament den Text der Volksbefragung ja auch
in dieser Form beschliessen koennen:
O Fuer die Beibehaltung der Wehrpflicht
O Fuer die Einfuehrung eines Berufsheeres
O Fuer die (Einfuehrung eines Berufsheeres als ersten Schritt zur)
Abschaffung des Bundesheeres.
Aber genau die letzte Formulierung wurde eben nicht gewaehlt, auch
wenn Du, lieber Klaus, und andere FreundInnen, das Berufsheeresmodell
der SPOe in diese Richtung (als erstenn Schritt zur Abschaffung)
wohlwollend interpretieren moegen. Ja zum Berufsheer heisst ja zum
Berufsheer und damit basta! Jede gueltige Stimme am 20. Jaenner
verleiht dem Bundesheer eine hoehere Legitimitaet.
Ich kann und will als Antimilitarist KEINEM Heer meine Zustimmung
geben.
Ich bestehe darauf, als Antmilitarist "Nein zu jedem Heer!" zu fordern
und werde daher am 20. Jaenner ungueltig stimmen. Ich werde den
Wahlzettel durch einen Zettel "Bundesheer abschaffen!" (wie auch auf
http://www.verweigert.at zu finden) ersetzen.
Wie auch immer die Befragung am 20. Jaenner ausgeht, die SiegerInnen
werden gestaerkt fuer ihr militaerisches Modell eintreten! Das
Infragestellen des Heeres wird umso schwieriger, je hoeher die
Wahlbeteiligung ist.
Christian Mokricky, ARGE f. Wehrdienstverweigerung und Gewaltfreiheit
Wien
*
03.01. 2013
Lieber Christian!
Ich denke am 20.1.2013 geht es tatsaechlich nicht um den Bestand eines
Militaers in Oesterreich, sondern nur um dessen Organisationsform.
Daher ist eine Stimme fuer das Berufsheer auch kein Schritt zur
Abschaffung des Militaers; eine Stimme fuer die Wehrpflicht ebenso
nicht.
Aber eines kann man - mit einer Stimme gegen die Wehrpflicht und damit
(notgedrungen) fuer das Berufsheer - sehr wohl bewirken: die
Abschaffung von Zwangsdiensten (Wehr- und Zivildienst). Und das ist es
mir wert!
Von der Abschaffung des Militaers in Oesterreich sind wir weit
entfernt; da muessten wir erheblich mehr politisches Gewicht
zusammenbringen, als wir derzeit haben. Das bleibt natuerlich das
Ziel. Durch Zetterl in den Befragungs-Urnen kommen wir dem aber nicht
naeher. Das dient allein der eigenen Gewissensberuhigung, "ein Zeichen
gesetzt" zu haben.
Ich denk an meinen achtjaehrigen Sohn und versuche wenigstens den
Zwangsdienst abzuschaffen.
Peter Kolba, Laab am Walde
*
4.01.2013
Lieber Peter, mein juengerer Sohn ist gerade 14 ... und auch fuer ihn
hoffe ich, dass er nicht mehr zwangsgemustert, zwangsrekrutiert,
zwangsgezivildienstet wird ... das koennte sich ausgehen ... stimme deinen
Argumenten zu und traeume doch auch ein wenig davon, dass die
Abschaffung der Wehrpflicht ein Einstieg in weniger Militaer sein wird
mit der Zielperspektive einer vollstaendigen Abschaffung. Wuerden wir
uns in der friedensbewegten Szene gegenseitig weniger in Frage
stellen, koennten wir vielleicht mehr politisches Gewicht in die
Politik einbringen.
Lieber Christian, ich respektiere und teile deine antimilitaristische
Einstellung ... meine Wahlverhalten am 20. Jaenner ist gegen die
Wehrpflicht und nicht fuer eine Berufsarmee ... wenn wir ungueltig
waehlen, dann unterstuetzen wir indirekt die Pro-Wehrpflichtseite. Das
moechte ich noch weniger und wuerde voellig gegen mein Gewissen
sprechen.
Klaus Heidegger, Absam
*
3.01.2012
Ja Moki, ich finde Dich aufrecht und ich mag Deine Haltung. Im Moment
wuerd ich sie aber lieber missen. Ich bedaure naemlich, dass diese
eben jetzt aktuell nicht nur gar keine Wirkung haben wird, sondern
auch ueber die konkrete Fragestellung hinaus, ganz aktuell FPOe und
OeVP mehr Glueck fuer 2013 bringen wird. Und das, davon bin ich
ueberzeugt, hast Du sicher nicht im Sinn.
Peter Steyrer, Wien
*
4.01.2012 Liebe Alle!
Ich darf noch ein taktisches Argument fuer eine Stimme gegen die
Wehrpflicht (und notgedrungen fuer ein Berufsheer) in die Waagschale
werfen:
1) Die oeffentliche Diskussion ueber das Thema ermoeglicht es uns,
auch antimilitaristische Argumente "unter das Volk" zu bringen.
2) Wenn die Befragung ein Ja zur Wehrpflicht bringt, muss man am
Status quo nix aendern und die Diskussion ist auch schon wieder zu
Ende. Wenn die Befragung dagegen eine Mehrheit fuer ein Berufsheer
bringt, dann geht die Diskussion - als Wahlkampfthema - erst recht
los, weil ...
3) Eine Abschaffung der Wehrpflicht bedingt eine Aenderung der
Bundesverfassung (u.a. Art 9a und andere). Dies geht nur mit
Zweidrittelmehrheit, also dzt. nur mit der OeVP. Ich fresse einen
Besen, wenn die OeVP da einfach mitgeht. Also muss die SPOe das Thema
in den Wahlkampf ziehen. Vielleicht auch nur unter fadenscheinigen
Versprechungen voruebergehend keine Rekruten mehr einzuziehen, ohne
die Verfassung zu aendern. Wurscht: das Thema bleibt oeffentlich und
bietet alle Chancen fuer eine antimilitaristische Argumentation; so
wir stark genug sind, das zu nutzen.
P.S. Die Argumente der Linzer Friedenswerkstatt fuer eine Stimme fuer
die Wehrpflicht halte ich fuer sehr verquer. ME muessen wir uns stark
genug machen, ein Naeherruecken Oesterreichs an NATO bzw EU
Battle-Group-Strategien politisch zu verhindern und koennen das nicht
an dienstverpflichtete Achtzehnjaehrige delegieren, die dann dagegen
Widerstand (Befehlsverweigerung bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe,
Desertion bis zu 5 Jahren) leisten sollen. Im Uebrigen gab es zu
Zeiten des Vietnamkrieges eine allgemeine Wehrpflicht, die den
Angriffskrieg nicht verhindern konnte; erst angesichts von Niederlagen
und eigener Opfer drehte die Stimmung und es kam zur Beendigung dieser
Intervention.
Peter Kolba Laab am Walde
*
4.01.2013
Ich lese mit einiger Bestuerzung diese Debatte unter erwuerdig
ergrauten Kriegsdienstverweigerern, von denen es etliche offenbar
immer noch nicht schaffen, zwischen UN-mandatierten polizeilichen
Einsaetzen bewaffneter Truppen und kriegerischen militaerischen
Interventionen zu unterscheiden. Ich mag auch nicht mehr lesen, was
denn waere, wenn die Berufsheerbefuerworter die Volksbefragung
gewinnen wuerden. Denn diese Auseinandersetzung ist seit Wochen, ja
Monaten entschieden. Es gibt seit Juli 2012 keine einzige Umfrage
mehr, die nicht eine Mehrheit fuer die Wehrpflicht ausweist.
Die Volksbefragung wurde von einer denkfaulen und isolationistischen
Linken zugunsten der Stahlhelme von FPOe und OeVP entschieden; - es
wird nach dem 20. Jaenner keine Heeresabschaffungsdebatte in
Oesterreich mehr geben koennen.
Das beamtete Berufsheer wird nicht von 16.000 auf 8.500 Mann
verkleinert. Die Zeitsoldaten erlernen nicht zusaetzlich einen zivilen
Beruf, der sie besser in die Gesellschaft integriert. Der Umfang des
Heeresbudgets bleibt auf Jahrzehnte unangetastet. Die
Einsatzfaehigkeit fuer friedenssichernde UN-Missionen wird keinesfalls
erhoeht. Die Wehrpflichtarmee verlangt weiterhin von jungen Maennern,
ihr Schicksal an das ihre zu binden. Das Bundesheer nationalisiert
weiterhin die Affekte der Oesterreicher. Kurz: die Chance fuer einen
Aufbruch, ueber den hier noch in aller Naivitaet debattiert wird, ist
vergessen und vergeben.
Unser tiefer Dank fuer diese Niederlage der zivilen und friedlichen
Perspektive gebuehrt weniger der dumpfen Rechten als einer politik-
und kompromissunfaehigen Linken, die sich vor dem Popanz
eines »gestaerkten militaerischen Modells« (Ch. Mokricky) fuerchtet
und die schmerzende Haeutung des Menschen in der Kaserne mit
weinerlicher
Demokratiefeindlichkeit besingt.
w. koch Wien
*
4.01.2012
Lieber Wolfgang,
deinen Frust ueber die Selbstlaehmung in der Friedensbewegung kann ich
gut verstehen und hat mich in den letzten Wochen oftmals wuetend
gemacht. Sie laehmt auch meine Friedensorganisation. Gerade aber diese
Debatte zeigt, dass sich doch etwas tut, etwas aufbricht ... und noch
gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die Stahlhelme am 20. Jaenner
nichts zu feiern haben, weil sich andere ergraute
Kriegsdienstverweigerer entschieden fuer die Abschaffung des
Kriegsdienstzwanges stark machen.
Danke fuer deine klaren Worte.
Klaus Heidegger
*
10.01.2013:
Ich habe weder persoenlich, noch als Arge dazu aufgerufen, fuer die
Beibehaltung der Wehrpflicht (oder Wehrdienstes) zu stimmen!
-> Die Arge als solches hat keine einheitliche Meinung (was ich fuer
bedauerlich halte, auch wenn sich nicht meine Meinung durchsetzte).
Jeder Mensch muss selbst entscheiden, ob die Berufsarmee das kleinere
Uebel ist, oder eine Ungueltige Stimme. Aber wozu wir aufrufen, ist
die klare Meinung "Bundesheer abschaffen!" durch Beilage eines Zettels
(Die Simmabgabe bleibt dadurch gueltig) oder durch Hinzufuegen auf dem
Wahlzettel, kundzutun.
-> Die bessere Verankerung des Bundesheeres in der Gesellschaft kann
ich zumindest bei jungen Menschen nicht verorten. Ich gehe seit rund
20 Jahren regelmaessig in Schulen und die (geheimen) Abstimmungen, die
ich dort durchfuehre, aendert sich ueber die Jahre nicht wesentlich
1/3 abschaffen, 1/3 Berufsheer, 1/3 Wehrpflicht. Wobei in der
folgenden offenen Diskussion die SchuelerInnen mehr zur
Infragestellung des gesamten Systems neigen, die jungen Maenner
staerker die Meinung vertreten, dass es einen Zwangsdienst geben
sollte. Der Zulauf zum Zivildienst zeigt, dass sogar innerhalb des
Zwangssystems der Wehrdienst immer weniger Rueckhalt findet (aktuell
verweigern 37 % der tauglichen Jugendlichen den Wehrdienst und werden
Zivildiener)."
Christian Mokricky
*

Diskussion mit Einverstaendnis aller Beteiligten moderiert und
zusammengefasst von Peter Steyrer.


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