**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Jaenner 2013; 21:44
**********************************************************

Asyl:

> Pakistan: Sicheres Land mit Reisewarnung

"Aufgrund der weiterhin bestehenden hohen Terrorgefahr wird von nicht
unbedingt notwendigen Reisen abgeraten", warnt das oesterreichische
Aussenministerium auf seiner Homepage zu Pakistan. "Eine Gefaehrdung
durch politisch-religioes motivierte Gewalttaten besteht landesweit."

Pakistan selbst hat Auslaender davor gewarnt, ohne
Sicherheitsvorkehrungen und Ruecksprache mit Sicherheitsbehoerden
Ortswechsel vorzunehmen, die Gefaehrdung ein Opfer terroristisch
motivierter Gewalttaten, vor allem von Sprengstoffanschlaegen und
Selbstmordattentaten zu werden, wird als weiterhin hoch angesetzt.
"Terroristische Anschlaege, ausgefuehrt von fundamentalistischen
Gruppen, wie den Taliban oder dem Terrornetzwerk Al-Qaida, kommen im
ganzen Land vor."

Pakistan -- ein Staat also, der durch Gewalt gepraegt ist, in dem
religioese Unruhen an der Tagesordnung sind, Taliban und andere
Extremisten sich breit gemacht haben und man besser nur flankiert von
Bewaffneten auf die Strasse geht. Ein Staat, in den Oesterreich
abschiebt, und zwar ohne viel Federlesen zu machen.

Fast 1000 von dort geflohene Menschen haben 2011 in Oesterreich Schutz
erfleht, nur vieren wurde im selben Zeitraum auch Schutz gewaehrt.
Trotz dieser niedrigen Anerkennungsrate fliehen immer mehr Menschen
aus dem verfallenden Staat. 2012 waren es bis November schon 1718, die
sich nach Oesterreich gerettet haben, bloss 14 wurden als
schutzbeduerftig angesehen.

Unsere Behoerden und Gerichte sind sich der Lage vor Ort durchaus
bewusst. So spricht man in Entscheidungen davon, dass Pakistan eine
der brisantesten Regionen der Welt ist, weist darauf hin, dass das
Land im Zuge der Ueberschwemmungen des Jahres 2010 von einer der
groessten humanitaeren Krisen seiner Geschichte betroffen wurde,
listet die tausenden Toten und Verletzten des letzten Jahres auf und
beziffert alleine die Zahl der Binnenvertriebenen auf 2,7 Millionen
Menschen.

Sobald es aber darum geht, einen Menschen abschieben zu duerfen,
spricht man davon, dass sich der Herkunftsstaat "in keinem Zustand
willkuerlicher Gewalt befindet", "nicht festgestellt werden" kann,
"dass fuer den Beschwerdefuehrer als Zivilperson eine ernsthafte
Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit" besteht. Eine Ausweisung
wird nicht als unmenschliche Handlung angesehen. So entscheidet
Oesterreich in hunderten Faellen, und zwar meist ohne ausfuehrliche
Begruendung.

Die Proteste der Fluechtlinge in der Votivkirche sind in diesem Licht
zu sehen. Sie stammen grossteils aus Pakistan und sehen sich damit
konfrontiert, dass unser Staat nicht bereit ist ihnen zu helfen. In
Panik vor einer Abschiebung gefaehrden sie im Hungerstreik eher
Gesundheit und Leben als in ein Land zurueckzukehren, das schon fast 3
Millionen andere vertriebene Heimatlose beherbergt und in dem Hass und
Gewalt den Alltag praegen.

Das sollte bei Bundesasylamt und Asylgerichtshof zum Nachdenken
anregen. Es ist eine Sache, kein Asyl zu gewaehren, weil keine
persoenliche Verfolgung zu erkennen ist. Es ist aber eine ganz andere,
generell keinen subsidiaeren Schutz zuzuerkennen und trotz
Reisewarnungen und Laenderfeststellungen wie den oben zitierten davon
zu sprechen, dass fuer Fluechtlinge aus Pakistan in ihrem
Herkunftsstaat keine Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder einer
Verletzung ihres Rechts auf Leben besteht.

Bei einer menschenrechtlich derart brisanten Angelegenheit wie der
Abschiebung eines Menschen in einen gescheiterten Staat voll innerer
Konflikte und humanitaerer Katastrophen kann nur - wenn man schon eine
Ausweisung nicht als generell unzulaessig ansieht - nach einer
ausfuehrlichen Einzelfallpruefung, in der zunaechst eine konkrete fuer
den Asylwerber sichere Region gefunden werden muss und neben dem
Vorhandensein eines sozialen Netzes vor Ort, der Erreichbarkeit einer
konkreten sicheren Region und der dortigen Sicherheitslage, der
Arbeitsfaehigkeit und der Ausbildung, der religioesen Einstellung, der
wirtschaftlichen Lage im Staat und in der konkreten Region auch andere
individuelle Umstaende ausfuehrlich abgewogen und detailliert
beruecksichtigt werden muessen, die Zulaessigkeit einer Ausweisung
festgestellt werden.

Bedenklich ist, dass pakistanische Fluechtlinge sich hier inmitten der
Bundeshauptstadt von Hungertod und Erfrierungen bedrohen lassen
muessen, um dem Staat den Ernst der Lage klar zu machen. Denn Menschen
duerfen in einem demokratischen, den Menschenrechten verpflichteten
Rechtsstaat grundsaetzlich nicht mit zweierlei Mass gemessen werden.
Ein Staat, der seine eigenen Buerger dringendst davor warnt sich in
Pakistan fuerchterlichen Gefaehrdungen auszusetzen, muss sich
dieselben Gefahren auch vor Augen halten, wenn er ueber das Schicksal
jener entscheidet, die ihn um Schutz bitten.

*Norbert Kittenberger, Rechtsberater, Asyl in Not*



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin