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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 19. Dezember 2012; 03:25
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Moderne Zeiten:
> Rettet USA das Internet?
Bei der jetzt zu Ende gegangenen Weltkonferenz zur Telekommunikation
(WCIT) haetten die Internationalen Telekommunikationsrichtlinien
reformiert werden. Diese wurden zuletzt 1988 veraendert - also vor
Ende des Kalten Krieges und dem Siegeszug des Internets. Im Zentrum
der Auseinandersetzung stand bei der Konferenz die Frage, ob die UN
bei der Regulierung des Internets einbezogen werden sollte. Besonders
Russland, China und viele asiatische und afrikanische Staaten hatten
das wiederholt gefordert.
Das ist aus einem internationalistischen Verstaendnis heraus durchaus
legitim, ist doch nur schwer einzusehen, dass eine US-amerikanische
NGO, die ICANN, grossteils alleine ueber die technischen und
organisatorischen Grundlagen des Netzes entscheidet. Allerdings hat
die US-Regierung -- obwohl staatliche Stellen an der Entwicklung des
Internets massgeblich beteiligt waren -- bislang kaum direkten
Einfluss auf das Netz genommen, anders als jene Staaten, die mehr
Einfluss der UNO fordern, dies gern taeten und ueber das Sperren von
Domain-Namen dies teilweise auch schon getan.
Nun ist natuerlich die Haltung der US-Regierung und der "westlichen"
Staaten bis zu einem gewissen Grad auch aus Wirtschaftsinteressen
heraus verstaendlich, allerdings beruht sie auch auf einem vor allem
in den USA tief empfundenen Recht auf freie Rede, mit dessen
Einschraenkung sich auch die meisten Republikaner schwertun. Dass das
Netz in letzter Konsequenz US-amerikanischer Rechtssprechung
unterliegt, mag unbefriedigend sein, auch angesichts der in den USA
beschlossenen und geplanten Gesetze zur Netzueberwachung. Dass die USA
aber einer gemeinsamen Kontrolle der "Internationalen Gemeinschaft"
ueber das Netz bei der Konferenz in Dubai ein faktisches Veto
entgegengesetzt haben, ist fuer viele Beobachter eher ein Gewinn fuer
die Sicherung einer weltweiten Netzneutralitaet.
Einziges Ergebnis der Konferenz blieb so eine mehrheitliche
durchgesetzte Resolution, die der International Telecommunication
Union (ITU) ein Mandat fuer weitere Arbeiten im Bereich des
Managements des Internets gibt. Diese Resolution ist rechtlich aber
nicht verbindlich.
(diverse/akin)
Gehemmter brasilianischer Vorstoss
Waehrendessen wird in Brasilien weiterhin versucht, nationalstaatlich
ein Gesetz zur Sicherung der Netzneutralitaet durchzubringen. Bereits
zum siebten Mal hat der brasilianische Kongress am 5. Dezember die
Abstimmung darueber verschoben. Der Gesetzesentwurf basiert auf einem
Artikel, den der Direktor einer juristischen Fakultaet 2007
veroeffentlicht hatte. Das Justizministerium hatte in den darauf
folgenden Jahren einen Gesetzesentwurf erarbeitet, der seit 2009 auch
in der breiten Oeffentlichkeit diskutiert wird. 2011 gab die Regierung
den Gesetzesentwurf zur Abstimmung in den Kongress.
Der Gesetzesentwurf beschreibt die rechtlichen Rahmenbedingungen
sowohl fuer NutzerInnen, BetreiberInnen von Webseiten als auch
Internet Service Provider (ISP) in Brasilien. Die ISP muessten demnach
alle Daten im Netz gleich behandeln. Daten eines Anbieters duerften
also nicht gegenueber einem anderen bevorzugt werden.
Online-Firmen und Regierungen debattieren derzeit weltweit ueber die
Vorzugsbehandlung zahlungskraeftiger Anbieter von Online-Diensten.
Brasilien waere - neben Chile - eines der wenigen Laender, das diese
Frage juristisch fuer alle Internetdienste definiert.
Neben dem Thema Netzneutralitaet wird in dem Gesetzentwurf auch die
Privatsphaere der InternetnutzerInnen sowie der Zugang zum Internet
als Bedingung fuer die Ausuebung der BuergerInnenrechte definiert.
Die Verschiebung der Beschlussfassung wurde diesmal mit den zu diesem
Zeitpunkt noch ausstaendig gewesenen Beschluessen der WCIT-Konferenz
begruendet. Viele EntscheidungstraegerInnen haetten deren Ausgang
abwarten wollen, bevor sie selbst eine Entscheidung auf nationaler
Ebene treffen.
(púlsar-poonal/akin)
Ausfuehrlich zu Brasilien:
http://www.npla.de/de/poonal/4063-abstimmung-ueber-grundrechte-im-internet-erneut-verschoben
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