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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 12. Dezember 2012; 02:11
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Initiativen:
> Saengerraben versus Saengerknaben
Am Sonntag ist das "MuTh" ("Musik- und Theater") am mittlerweile 
ehemaligen Augartenspitz eroeffnet worden. Nach jahrelangem Kampf um 
die Gruenflaeche, auf der nun der Theaterbau steht, der vornehmlich 
den Saengerknaben zur Verfuegung stellen soll, konterkarierten jene 
Initiativen, die sich fuer den Erhalt des Augartenspitzes eingesetzt 
hatten, unter den Augen von zwei Dutzend Polizeibeamten ebenfalls mit 
Musik (unter anderem der "Wiener SaengerRaben") das Gesangsprogramm 
drinnen im Haus.
Zur Befriedung des Streits hatte man als eine der ersten 
Veranstaltungen im MuTh einen Kongress zum Thema Mut angesetzt. "Die 
Presse" (29.11.) umschreibt den Event so: "Zugegeben, das Wort 
Kongress im landlaeufigen Sinn ist etwas irrefuehrend: Tatsaechlich 
passiert Mitte Dezember im ,MuTh', dem neuen Konzertsaal der Wiener 
Saengerknaben, viel mehr, wenn man dort an zwei Abenden zum ,Kongress 
ueber Mut' laedt. Ein Film ueber den (mutigen) Buergerprotest gegen 
das Haus ist etwa dabei. Und vor allem gibt es die Moeglichkeit, sich 
in einem persoenlichen Zweiergespraech von 99 ;Mutexperten' 
inspirieren zu lassen: Darunter finden sich Ute Bock oder eine von 
Wiens insgesamt drei Feuerwehrfrauen, ,Miss Candy' Holger Thor, eine 
tunesische Internetaktivistin und ein Opfer eines Flugzeugabsturzes."
(akin)
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> Mut - als man ihn brauchte, fehlte er.
Warum der *Aktionsradius* nicht teilnimmt am Kongress ueber Mut.
"Der Mut ist wie ein Regenschirm, immer wenn man ihn braucht, fehlt 
er." Dank kreativer PR-Partnerinnen schwebt dieses schoene Motto ueber 
dem Eroeffnungsspektakel der Saengerknabenkonzerthalle im Wiener 
Augarten.
Aus der Perspektive der WSK (Wiener Saengerknaben) ist es klug bis 
raffiniert, ehemalige Kritikerinnen und Kritiker zu "umarmen", das 
Eroeffnungsspektakel mit Beitraegen zeitgenoessischer - auch 
engagierter - KuenstlerInnen zu dekorieren und durch die Wahl des 
Themas (MUT) ein Mitschwingen der WSK mit den aktuellen 
gesellschaftlichen Aufbruechen zu suggerieren.
Aus der Projekt-Website: "Was bedeutet Mut in unserer Zeit, und wer 
ist mutig? Wo ist in Wien Mut zu finden und wie wird er gelebt? Hat 
der Mut eine Ursache? Ist er eine Tugend? Der Mut, sich zu oeffnen, 
steht fuer uns im Mittelpunkt."
Allein die Organisation eines "Mut-Kongresses" macht eine Institution 
noch nicht mutig.
Die Wiener Saengerknaben und die Projektbetreiber der Konzerthalle 
waren im Laufe der Auseinandersetzung um das Bauprojekt leider nie 
bereit, einen offenen Diskurs zu fuehren, Expertenmeinungen zu 
diskutieren, Alternativstandorte zu evaluieren, den Leitbildprozess 
als Grundlage fuer eine Projektentscheidung abzuwarten oder zu runden 
Tischen zu kommen, zu denen BuergerInnen einluden.
Wo war die Courage? Wir haben es uns oft gewuenscht, dass die WSK den 
Mut aufbringen, sich fuer den Dialog zu oeffnen. Sind sie nun dazu 
bereit? Haben sie jetzt den Mut, sich bei den Mutigen zu 
entschuldigen, die sich im Maerz 2010 an die Augartenbaeume ketteten, 
um oeffentliche freie Flaechen vor der Privatisierung zu retten, und 
die in einem Polizeieinsatz, den man einem autoritaeren Regime 
zugemutet haette, unter Lebensgefahr von den Baeumen "gepflueckt" 
wurden? Haben sie den Mut, diesen Widerstand als Ausdruck des 
Protestes der Mehrheitsmeinung der AnrainerInnen und 
ParkbenuetzerInnen zu honorieren? Haben sie den Mut, die Park-areale 
rund um die Konzerthalle und das Augartenpalais fuer die Allgemeinheit 
zu oeffnen, den Englischen Garten als oeffentlich begehbare 
Verbindungsachse zu gestalten, so wie es im partizipativen 
Leitbildprozess Augarten als wichtiges Thema und Ergebnis festgehalten 
wurde? - An solchen Dingen wird sich messen, ob "die Wiener 
Saengerknaben das Risiko eingehen, sich mit uns diesen Themen zu 
stellen und sich mit ihrer eigenen Oeffnung und Weiterentwicklung zu 
konfrontieren", so wie es auf der Website zum Kongress ueber Mut 
formuliert ist.
Wir kennen die Motive der "99 Mut-ExpertInnen" nicht, die durch ihre 
Partizipation am Eroeffnungsspektakel einen (ungewollten?) Beitrag zum 
"Schwamm drueber" ueber diese Geschichte des Bauvorhabens leisten.
Vielleicht findet der eine oder die andere den Mut, auszusprechen, 
dass das Konzerthallenprojekt nur dank Ausschaltung demokratischer 
Normen realisiert werden konnte, oder umgekehrt, dass das Gebaeude, 
dessen Eroeffnung in einer Inszenierung der "gleichen Augenhoehe" und 
in einer Wolke des Vergessens zelebriert wird, ganz woanders stehen 
wuerde, wenn Bund, Stadt, Investor und Saengerknaben akzeptiert 
haetten, dass bei solchen Bauprojekten die Bevoelkerung und nicht das 
grosse Geld entscheidungskompetent sind.
Wir vergessen nicht den Stacheldraht, die Intransparenz, die 
irrefuehrenden Informationen, die Kriminalisierung zivilen 
Engagements, den beaengstigenden Einsatz von "Privat-Sheriffs": das 
sind die Geburtshelfer der Konzerthalle. Wir vergessen nicht die 
Verhoehnung der Buergerbeteiligungs-Willigen, als sie erfuhren, dass 
man beim Beteiligungsverfahren ueber die Zukunft des Augartens ueber 
alles reden duerfe, nur nicht ueber das Puehringer-Bauprojekt. Auch 
das sollte einmal festgehalten werden: Bei der vom Aktionsradius viele 
Jahre lang initiierten Partnerschaft der sozialen und kulturellen 
Akteure im Augarten (Kultur.Park.Augarten.) mit dem Ziel, die 
Parkangebote und die Augartenentwicklung zu koordinieren bzw. wienweit 
sichtbarer zu machen, glaenzten die Saengerknaben durch Abwesenheit - 
mehr noch, durch demonstratives Nichtinteresse an Kooperationen und 
Gemeinschaftsprojekten.
Schwer zu sagen, wo Korruption beginnt. Vielleicht beginnt sie damit, 
sich mit dem Sieg des Geldes ueber die Menschen am Augartenspitz 
abzufinden, "das Beste" aus dem Status quo zu holen und dem schlechten 
Gewissen zu raten, "bei Null anzufangen" und alte Graeben 
zuzuschuetten. Solche Haltungen moegen erstens bequem und zweitens 
karrierefoerdernd sein - aber sie sind toedlich fuer die Demokratie, 
die unter der Macht von Investoren und ihnen willfaehrig dienender 
Politiker erstickt.
Aus den genannten Gruenden ist es dem Aktionsradius-Team unmoeglich, 
der Einladung zu folgen und am Kongress ueber Mut teilzunehmen. Wir 
haben das Durchpeitschen des Bauprojektes - allen Widerstaenden zum 
Trotz - zu hautnah miterlebt, um einfach "Schwamm drueber" sagen zu 
koennen.
(Aussendung Aktionsradius-Team)
Infos/Kontakt: http://www.aktionsradius.at, 
office{AT}aktionsradius.at, 
Tel. 01 332 26 94
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