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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 12. Dezember 2012; 02:07
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Initiativen/Soziales:
> Hundstorfer faehrt ueber Betroffene drueber
Zur Teilabschaffung der Invaliditaetspension
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Am 5.Dezember wurde im Nationalrat die Regierungsvorlage zur "Reform" 
der Invaliditaetspension beschlossen. Obwohl der Begutachtungsentwurf 
zahlreiche Kritik erntete, hat die Regierung nur wenige Einwaende 
beruecksichtigt und fuehrt das patriachale Prinzip von Zuckerbrot und 
Peitsche fortgefuehrt. Fuer viele Betroffene bedeutet Minister 
Hundstorfers Reform massive Verschlechterung und fuer die Gesellschaft 
hohe indirekte Kosten.
Zuckerbrot
1. Urspruenglich sollte als Ziel der Rehabilitation nur noch die 
Arbeitsfaehigkeit fuer eine Teilzeitarbeit sein. Diese Bestimmung im 
Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) ist ersatzlos gefallen.
2. Beim Rehabilitationsgeld und beim Schulungsgeld wird endlich auf 
eine Mindesthoehe (Existenzminimum ) aufgestockt.
Peitsche
Sowohl bei der medizinischen Rehabilitation als auch bei der 
Beruflichen (Umschulung) setzt Sozialminister Hundstorfer weiter auf 
menschenrechtswidrige Sanktionen in Form von Existenz gefaehrdenden 
Totalsperren des Bezugs. Hundstorfer gesteht den betroffenen Menschen 
kaum echte Gestaltungsrechte zu und zwingt den Menschen 
menschenrechtswidrige Zwangsbehandlung auf. Diese ist gerade im 
psychiatrischen und psychischen Bereich voellig kontraproduktiv, weil 
hier nur auf Vertrauen und Wertschaetzung fussende Behandlungen 
nachhaltigen Erfolg bringen koennen.
Bei fit2work wird die Vertrauensgrund dadurch zerstoert, dass dort in 
der Beratung gesammelten Daten, insbesondere medizinische Befunde, an 
Krankenkassen, Sozialversicherung und an das Arbeitsmarktservice ohne 
die Betroffenen zu fragen pauschal weiter gegeben werden duerfen. Die 
rassistische Gesinnung der Regierung zeigt sich hier darin, dass bei 
fit2work auch der "migrantische Hintergrund" erhoben und weiter 
gegeben wird, als waeren MigrantInnen Menschen zweiter Klasse.
In keinster Weise wird das Problem des Hin- und Herschiebens von 
invaliden Menschen zwischen AMS und PVA geloest. Im Gegenteil: Da 
bereits der Pensionsvorschuss stark eingeschraenkt wurde und die 
Reform ganz im Zeichen neuer Zugangshuerden zur Invaliditaetspension 
steht, werden in Zukunft nach mehr invalide und vor allem teilinvalide 
Menschen genoetigt, sich beim AMS entgegen besseren Wissens als 
"arbeitsfaehig" zu deklarieren, weil sonst eine Bezugssperre droht. 
Und das macht die Menschen erst recht krank und invalide.
Das Sozialministerium rechnet mit etwa 1.500 bis 2.000 zusaetzlichen 
medizinischen Rehabilitationen (bei etw 70.000 Antraegen!). Diese Zahl 
ist deswegen so niedrig, weil der ueberwiegende Anteil der 70.000 um 
Invaliditaetspension ansuchenden Menschen die gesundheitlichen 
Einschraenkungen einfach nicht in vollem Ausmass anerkannt werden. 
Fuer diese offiziell nur teilinvaliden Menschen gibt es aber auch 
weiterhin keine medizinische Rehabilitation und somit keine Chance auf 
eine regulaere und ordentlich bezahlte Erwerbsarbeit. Stattdessen 
werden die (Teil)Invaliden immer wieder in sinnlose und krank 
machenden AMS-Zwangsmassnahmen gesteckt, um ja nicht in der massiv 
verfaelschten Langzeit-Arbeitslosenstatistik aufzuscheinen. Die 
Ignoranz gegenueber den Problemen der Betroffenen bedeutet im wahrsten 
Sinne des Wortes eine Kraenkung.
Sozialminister Hundstorfers gross verkuendete Reform der 
Invaliditaetspension bleibt also ein potemkinsches Dorf, das die 
dahinter stehenden Probleme nur versteckt. Damit setzt Hundstorfer 
nach der AlVG-Novelle 2007 und nach der Einfuehrung der repressiven 
Mindestsicherung den letzten grossen Baustein bei der Einfuehrung des 
neoliberalen Aktivierungs- und Arbeitszwangregimes.
Statt die grundlegenden Menschenrechte auf frei gewaehlte Arbeit und 
auf gesunde Lebensverhaeltnisse zu erfuellen wird der Druck auf die 
Opfer neoliberaler Wirtschaftspolitik nur verstaerkt. Es wird so 
getan, als liege es nur an den Armen und Kranken selbst, sich in den 
Arbeitsmarkt zu integrieren und nicht an der Zerstoerung und 
Prekarisierung von Erwerbsarbeit durch die Wirtschaft. Und das macht 
die Betroffenen erst recht wieder krank ...
Martin Mair,
Obmann "Aktive Arbeitslose" (gek.)
kontakt{AT}aktive-arbeitslose.at
Detaillierte Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf plus weitere 
Links:
http://www.aktive-arbeitslose.at/news/20120907_stellungnahme_invaliditaetspensionreform_2012.html
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