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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 12. Dezember 2012; 02:24
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Debatte/Bundesheer

> Doch fuer Wehrpflicht stimmen

Am 20. Jaenner 2013 wird das Volk gefragt ob es ein reines Berufsheer
und einen freiwilligen Sozialdienst will oder ob es alles beim Alten
lassen will. Es wird nicht gefragt ob es ein Bundesheer will oder
nicht und es wird auch nicht nach irgendwelchen Reformen gefragt.

Wie reagieren nun die Leitungsgremien der Gruenen Bundespartei auf
diese Volksbefragung. Zuerst lange Zeit gar nicht. Nur Peter Pilz
trommelte fuer ein Berufsheer.

Ende November hat nun der Erweiterte Bundesvorstand der Gruenen
folgenden Beschluss gefasst:

"Am 20. Jaenner wird nur ueber eine einzige Frage abgestimmt: Soll die
Wehrpflicht als militaerischer Zwangsdienst abgeschafft werden? Erst
wenn diese Frage mit "Ja" beantwortet ist, ist der Weg fuer die
grosse, ueberfaellige Reform frei. Auch wenn die amtliche Frage
schlecht und missverstaendlich formuliert ist - bei der Volksbefragung
am 20. Jaenner empfehlen die Gruenen, fuer die Abschaffung der
Wehrpflicht zu stimmen." (Die Antwort auf meine Frage an den
Bundesvorstand, was den nun beschlossen wurde)

Ich erlaube mir diesen Beschluss fuer einen Fehler zu halten. Er ist
sachlich falsch.

Der im Auftrag der Bundeswahlbehoerde gedruckte Stimmzettel ist weiss
und hat das Format A5. Darauf steht:

A) Sind Sie fuer die Einfuehrung des Berufsheeres und eines bezahlten
freiwilligen Sozialjahres oder

B) sind Sie fuer die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des
Zivildienstes?

Neben jeder Variante steht ein grosser Kreis und kleiner gedruckt:
Fuer den ausgewaehlten Loesungsvorschlag bitte im dazu gehoerenden
Kreis ein X zu setzen.

Die Fragestellung ist so, dass man/frau nicht fuer die Abschaffung der
Wehrpflicht stimmen und damit den Weg fuer die grosse, ueberfaellige
Reform freimachen kann, wie der Beschluss des Erweiterten
Bundesvorstandes suggeriert. Man/frau kann nur fuer ein Berufsheer
oder die Beibehaltung der Wehrpflicht stimmen.

Und der Beschluss ist politisch falsch. Weil meiner Meinung nach aus
Gruener Sicht nichts schlechter und gefaehrlicher ist als ein
Berufsheer.

Weder Oesterreich, noch ein anderes EU-Land und schon gar nicht die
ganze EU sind von aussen militaerisch bedroht. Die zentrale
Herausforderung der europaeischen Armeen oder einer EU-Armee ist die
Faehigkeit ausserhalb der EU an jedem Punkt zu jeder Zeit militaerisch
eingreifen zu koennen. Vorgeblich zur Durchsetzung von
Menschenrechten, zum Schutz der Bevoelkerung vor durchgeknallten
Diktatoren, zur Schaffung und Sicherung von Frieden und Demokratie.
Also die Rolle des Weltgendarmen, die sich bis vor kurzem die
Weltmacht USA alleine zugeschrieben hat. In Wirklichkeit geht es um
Sicherung der Rohstoffquellen und Erschaffung bzw. Erhaltung von
guenstigen Bedingungen fuer unsere Investoren. Manchmal wird das auch
von Menschen, die es wissen muessen, so ausgesprochen. Zuletzt von
Hannes Androsch, dem Berufsmilitaerbefuerworter und Grossinvestor. Und
sie haben recht, diese Aufgabe ist nicht mit Praesenzdienern zu
leisten. Dazu braucht es Spezialisten und die kosten Geld. Wenn wir
die Kosten fuer die Grundwehrdiener und die ganze Systemerhaltung
einsparen, koennen wir uns schnelle, hoch spezialisierte
Eingreiftruppen leisten, ohne die davon profitierenden Investoren zu
Kasse bitten zu muessen. Darum haben schon die meisten EU-Staaten die
Wehrpflicht durch ein Berufsheer ersetzt. Sollte es wirklich mal zu
einem groesseren Krieg kommen in dem man mehr Menschenmaterial
braucht, kann man die Wehrpflicht schnell wieder einfuehren; die USA
haben das schon mehrmals so gemacht.

Berufssoldaten entwickeln auch mehr Zusammenhalt, auch Korpsgeist
genannt, werden weniger beeinflusst von Stimmungen und sozialen
Bewegungen der Zivilgesellschaft und sind daher skrupelloser.

Oesterreich stellt, trotz formal noch nicht abgeschaffter
Neutralitaet, schon jetzt Truppenkontingente fuer die EU Battlegroup
oder EU-Kampfgruppe. Das ist eine fuer jeweils ein halbes Jahr
aufgestellte militaerische Formation der Krisenreaktionskraefte der EU
in hoher Verfuegbarkeit. Dafuer kommen nur Berufssoldaten in Frage.
Praesenzdiener waeren da stoerend. Mit einer Berufsarmee wuerde sich
die Aufgabe der Neutralitaet und die Einbindung Oesterreichs in eine
Interventions-Streitmacht der EU wesentlich erleichtern und
beschleunigen.

Das ist der Hauptgrund warum ich, solange es nicht moeglich ist das
Heer ganz abzuschaffen, fuer die Beibehaltung der Wehrpflicht bin und
am 20. Jaenner auch so stimmen werde.

Drei abschliessende Bemerkungen:

1.) Die falschen Argumente der falschen Verbuendeten koennen mich
nicht abhalten das Richtige zu tun.

2.) Nicht hinzugehen oder ungueltig abzustimmen, indem man auf den
Zettel: Gegen jedes Heer oder Fuer die Abschaffung des Bundesheeres,
schreibt, ist moeglich, vielleicht auch ehrenwert, aber ohne jeden
Einfluss auf das was geschehen wird.

3.) Der Gruene Bundesvorstand und der Erweitere sind offensichtlich
nicht sehr gluecklich ueber ihren eigenen Beschluss. Sie haben ihn bis
jetzt nicht im Wortlaut veroeffnet, auch die Begruendung die angeblich
mitbeschlossen wurde ist nirgends zu finden. Am Bundeskongress in Linz
am 1./2.Dezember war die Volksbefragung kein Thema. Und, was mich
besonders stoert, auf der Homepage der Bundesgruenen gibt es zu dem
Thema nur einen Link zu Peter Pilz, der sich eindeutig fuer ein
Berufsheer stark macht.

*Herbert Sburny*

*

Anmerkung akin:

Der hier erwaehnte, in der akin 25/2012 teilweise veroeffentlichte
EBV-Beschluss ist identisch mit Pilzens Blog-Eintrag am 5.Dezember:
http://www.peterpilz.at/2012-12/peter-pilz-tagebuch.htm

So wie es aussieht, ist anzunehmen, dass der Text sowieso
urspruenglich von Pilz stammte, der EBV diesen abgesegnet hat, dann
aber der Parteiapparat oeffentlich nicht dazu stehen wollte.

Weitere Diskussionsbeitraege zum Thema finden sich auch im Blog der
Initiative zur Bundesheerabschaffung:
http://heerabschaffen.wordpress.com/



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