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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. November 2012; 20:09
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Soziales/Recht:
> VfGH weist Klage gegen Wiener Bettelverbot zurueck
Verbot soll nicht so gemeint gewesen sein, wie es exekutiert wird
"Die bisherige restriktive Handhabung des gewerblichen Bettelverbots 
durch die Polizei in Wien war offensichtlich falsch". Diesen Schluss 
zieht Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Gruenen Wien, zur heutigen 
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), die Klage von Frau 
Martina S. zurueckzuweisen. "Wie kann ich Frau Martina S. diese 
Entscheidung erklaeren? Sie hat auf Grund ihrer Notlage still 
gebettelt und ueber 70 Strafverfuegungen erhalten."
Der Verfassungsgerichtshof hat den Antrag der Bettlerin, das 
Bettelverbot in Wien aufzuheben, als unzulaessig zurueckgewiesen, weil 
die Behauptung, sie duerfe aufgrund des Bettelverbotes nicht mehr 
betteln, nicht zutraefe. Die Regelung in Wien bedeute naemlich kein 
"absolutes Bettelverbot". Die "stille Bettelei zur Ueberbrueckung 
einer Notlage" ist, wie es in dem Beschluss des VfGH heisst, weiterhin 
erlaubt.
Die Anwaeltin der von den Gruenen unterstuetzten Betllerin hatte ihre 
Bedenken dargelegt, dass das Verbot gewerbsmaessiger Bettelei das 
Recht auf freie Erwerbstaetigkeit, wie es durch Art. 6 
Staatsgrundgesetz eingeraeumt werde, verletzt werde und dass in Wien 
eine unverhaeltnismaessige Regelung geschaffen worden sei, da nicht 
nur aggressives und organisiertes Betteln, sondern uneingeschraenkt 
jede Form der Bettelei unter Strafe gestellt werde. Denn in Wien sei 
generell jedes "gewerbsmaessige" Betteln verboten. "Ein nicht 
gewerbsmaessiges Betteln ist rein begrifflich nicht denkbar, weil die 
Bettelei ja stets erfolgt, um das (Ueber-)Leben des Bettelnden zu 
sichern. Ein Betteln, das nicht in der Absicht erfolgt, sich eine 
fortlaufende Einnahme zu verschaffen, stellt nach dem allgemeinen 
Sprachgebrauch kein Betteln dar. Daraus folgt, dass das Wiener 
Landes-Sicherheitsgesetz ein absolutes Bettelverbot normiert und jede 
Form von Bitten um Almosen, insbesondere auch das passive/stille 
Betteln zur Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes, selbst wenn es 
nicht aggressiv, unorganisiert und ohne Beteiligung unmuendiger 
Minderjaehriger erfolgt, unter Strafe gestellt wird." hiess es in dem 
Antrag an den VfGH.
Der VfGH geht jedoch von einer Missinterpretation des Begriffs 
"gewerbsmaessig" aus. Laut VfGH sollten mit der angefochtenen 
Formulierung nur gegen Personen vorgegangen werden, "die Wien 
offensichtlich organisiert und ausschliesslich deshalb aufsuchen um zu 
betteln und sich auf diese Weise eine fortlaufende Einnahmequelle zu 
verschaffen", zitiert der VfGH-Beschluss die dargelegten Intentionen 
des Gesetzgebers. Gemeint waeren also die oft in der Diskussion ins 
Treffen gefuehrten behaupteten "Bettel-Touristen".
Doch hat das offensichtlich niemand der Polizei deutlich gemacht, denn 
diese versteht nach wie vor unter "gewerbsmaessig" jede Form der 
Bettelei und ahndet sie entsprechend.
Hebein zum Beschluss des Hoechstgerichts: "Wir orten hier eine 
Mutlosigkeit des VfGH, zu Menschenrechtsfragen klar Stellung zu 
beziehen. Vertreibung und Kriminalisierung von Armen bleibt der 
falsche Weg. Nach dem heutigen Gespraech mit Frau Martina S. werden 
die Gruenen Wien gemeinsam mit der Bettellobby Wien, dem Neunerhaus 
und NGOs das weitere Vorgehen beraten und auch mit der SPOe und 
Polizei das Gespraech ueber Konsequenzen fuehren."
(akin)
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