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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 7. November 2012; 04:27
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Termin/Diskussion:
> Betreuter "Buergerkrieg" gegen Syrien
Warum "wir" dieses Mal fuer Islamisten sein muessen & die Russen mal 
wieder die Boesen sind
GegenStandpunkt & Diskussion: Referent H.L. Fertl, Montag 19.11.2012 
um 19 Uhr, Neues Institutsgebaeude (NIG) HS 3, Universitaetsstrasse 7, 
1010 Wien
Die Rede von einem "Buergerkrieg", der in Syrien zwischen 
Parteigaengern und Gegnern der herrschenden Baath-Partei und ihres 
Praesidenten ausgebrochen sei, will als Besonderheit des Gemetzels 
entdeckt haben, dass hier eine Regierung mit Waffengewalt gegen "ihr 
Volk" zuschlage und die Aufstaendischen schon allein deswegen 
politisch und vor allem auch moralisch schwer im Recht waeren. Diese 
von keinerlei Kenntnissen ueber die politisch und oekonomischen 
Verhaeltnisse in dieser arabischen Republik getruebte Parteilichkeit, 
die natuerlich rein zufaellig ziemlich deckungsgleich mit den 
Positionen der NATO-Regierungen und ihren Partnern unter den 
Monarchien & Emiraten im Nahen Osten ausfaellt, laesst sich auch nicht 
durch die gelegentlich nachzulesenden historischen Informationen 
verunsichern, dass etwa Vater Assad durchaus mit Zustimmung der 
westlichen Staatengemeinde in frueheren Jahren unter aufstaendischen 
Islamisten in seinem Land groessere Opferzahlen anfallen liess. 
Deswegen ist dem syrischen Regime von aussen nie die Machtfrage 
gestellt und offen ein Regime-Change gefordert oder gar eine 
bewaffnete Opposition auf- und ausgeruestet worden. Im Gegenteil: Bush 
Senior gliederte Syrien in seine "Koalition der Willigen" fuer den 
ersten Irak-Krieg ein, deutsche Aussenminister - zuletzt Steinmeier - 
sprachen in Damaskus vor, und selbst im Dauerkonflikt zwischen Syrien 
und Israel wegen der Golan-Hoehen ergriff der Westen nicht so 
umstandslos Partei wie im Fall des iranischen Kernenergieprogramms.
Diesmal jedoch scheint es der Regierung nicht zu gelingen, gestuetzt 
auf ihre Armee und Polizei und die Loyalitaet der Parteimitglieder, 
den Aufruhr zu brechen und Ruhe & Ordnung wieder herzustellen. Nicht 
nur fuer die Politiker in den freiwestlichen Staaten ist es 
sonnenklar, dass "uns" die "Zukunft Syriens" angeht; auch das hiesige 
Arbeits- & Wahlvolk engagiert sich und weiss offensichtlich problemlos 
Bescheid, wer die Guten dort sind und wo die Boesen sitzen: Zunaechst 
in Assads Regierung - denn in deren Auftrag gibt es ja verwundete und 
tote "zivile Opfer". Im Namen der "Opfer" Partei zu ergreifen gegen 
das "Regime" und fuer die "Freiheitskaempfer" ist somit politisch 
korrekt. Jedoch intellektuell sehr unredlich: Denn wenn sich die 
Parteien, die um das Gewaltmonopol im syrischen Staate Krieg 
gegeneinander fuehren, in etwas nicht unterscheiden, dann darin, dass 
sie Leichen produzieren. Das liegt an der Natur der Sache, um die sie 
kaempfen: die Eroberung bzw. Beibehaltung der Staatsgewalt. Den einzig 
real existierenden Unterschied stiftet folglich die Durchschlagskraft 
ihrer Waffen - bislang jedenfalls. Der Verdacht liegt also nahe, dass 
es vielen offensiven Freunden und Foerderern syrischer Witwen und 
Waisen letztlich darauf ankommt, fuer eine Wende im militaerischen 
Kraefteverhaeltnis zu werben.
Neben den taeglichen Horrormeldungen von den Frontabschnitten des 
innersyrischen Machtkampfes informieren die Medien auch ganz ungeniert 
ueber die aeusseren Interessenten, die das Gemetzel anstacheln und 
ausruesten. Man kann durchaus erfahren, welche grossen und kleineren 
Staaten und militanten NGOs da engagiert sind und es gibt auch 
Hinweise, welche Interessen und Absichten sie dabei verfolgen.
- Die USA und ihr waffenstarrender engster Verbuendeter vor Ort, 
Israel, wollen schlicht und erklaertermassen den Untergang von "Assads 
Syrien", den Praesidenten also weg haben, tot oder lebendig. Er stoert 
sie bei ihren Ordnungsvorstellungen fuer den Nahen Osten, unterstuetzt 
"Terroristen" im Libanon und in Gaza, und, nicht zuletzt: er 
unterhaelt gute Beziehungen zum Iran, den man ja notfalls auch 
demnaechst mit einem Krieg fertigmachen will.
- Saudi-Arabien und die Golfemirate finanzieren im grossen Stil die 
bewaffnete Opposition gegen Assad, machen Propaganda ueber ihre 
Fernseh- und Radiosender und lassen sich von den USA zu einer 
arabischen Gegenmacht gegen den Iran auf- und ausbauen.
- Die Tuerkei, die ebenso Ambitionen auf eine regionale 
Grossmachtposition verfolgt, bietet den Aufstaendischen auf ihrem 
Territorium ein Rueckzugs- und Aufmarschgebiet - und nimmt die 
staatliche syrische Gegenwehr zum Anlass, selbst militaerisch in den 
Konflikt einzugreifen.
- Russland will sich keinesfalls durch den Sturz Assads endgueltig aus 
dieser Weltgegend ausmischen lassen und uebt deshalb bedingt 
Loyalitaet zum traditionellen Buendnispartner.
- Und auch China weigert sich, das US-Monopol auf Weltordnung durch 
Zustimmung zu Sicherheitsratsbeschluessen gegen Syrien zu 
ratifizieren.
So wird der demokratisch-muendige Buerger in der freien westlichen 
Welt mit kuehlen strategischen und militaerischen Kalkuelen vertraut 
gemacht, fuer die das Blutvergiessen in Syrien gut oder schaedlich 
sein soll. Auf der Grundlage des feststehenden Feindbildes vom letzten 
Gefecht des Tyrannen Assad gegen das eigene Volk steht die Moral der 
Geschichte vorab fest: Es soll ausschliesslich um den "Schutz der 
Zivilbevoelkerung" gehen, wenn die USA und ihre Buendnispartner unter 
Berufung auf die UNO-Satzung den Aufstand in Syrien und alle 
beteiligten auswaertigen Parteien unter ihre Oberhoheit stellen und in 
ihrem Sinne gegen das Baath-Regime zu Ende bringen. Dieser politisch 
korrekten Denkungsart zufolge, ist es dann natuerlich umgekehrt eine 
"Schande", wenn notorische Querulanten in der Staatenwelt des 
demokratischen Imperialismus wie Russland und China da anderer Ansicht 
sind und den Endsieg der Freiheit in Syrien blockieren wollen.
(Aussendung Gegenstandpunkt/gek.)
http://www.gegenargumente.at
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