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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 17. Oktober 2012; 03:50
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Menschenrechte:
> Europarat: Wer ist ein politischer Gefangener?
Britische und spanische Konservative gemeinsam mit der Tuerkei,
Russland und Aserbeidschan gegen verbesserte Definition
Seit 2001 ist Aserbeidschan Mitglied des Europarats und ratifizierte
noch im selben Jahr die Europaeische Menschenrechtskonvention. Doch
Papier ist geduldig. Die parlamentarische Versammlung des Europarats
auch -- sie stellte zwar Aserbeidschan wegen dessen nicht immer so
unbedingt menschenrechtskonformen Institutionen von Polizei und Justiz
unter Beobachtung ("Monitoring"), aber erst 2009 war man bereit, das
Ganze ein bisschen ernsthafter anzugehen. Die Versammlung bestellte
den SPD-Bundestagsabgeordneten Christoph Straesser wegen des
Anlassfalls Aserbeidschan zum Sonderberichterstatter fuer politische
Gefangene. Aserbeidschan kuemmerte das indes wenig und verweigerte dem
deutschen Parlamentarier die Einreise.
Straesser will nun diesen Winter seinen Bericht ueber Aserbeidschan im
Europaratsparlament einbringen. Anfang Oktober aber wurde in dieser
Versammlung ueber etwas anderes diskutiert, naemlich ueber die von
Straesser letztlich durchgesetzte Definition, was denn politische
Gefangene seien. Neben klassischen Vorstellungen von Urteilen zu
Gefaengnisstrafen, die gegen Menschen ausgesprochen wurden, weil sie
lediglich ihre demokratischen Grundrechte wahrgenommen haetten,
streicht die Definition auch heraus, dass viele politische Gefangene
wegen behaupteter Delikte einsitzen, die lediglich als Vorwand fuer
eine Verurteilung hergenommen worden waren. Und waehrend tatsaechliche
terroristische Straftaeter explizit ausgenommen sind aus der
Definition, so heisst es doch "Eine ihrer persoenlichen Freiheit
beraubte Person ist als politischer Gefangener zu erachten, wenn (...)
3. die Laenge der Haft oder die Haftbedingungen aus politischen
Gruenden eindeutig nicht im Verhaeltnis zu der Straftat stehen, derer
die Person fuer schuldig befunden wurde oder derer sie verdaechtigt
wird; 4. die Person aus politischen Gruenden auf diskriminierende Art
und Weise im Vergleich zu anderen Personen inhaftiert wird."
Da fuehlten sich aber ploetzlich auch die Vertreter von anderen
Staaten ausser Aserbeidschan unwohl. Waehrend ein Teil dieser
Skeptiker sich aber offensichtlich nicht so recht traute, der
Definition inhaltlich die Zustimmung zu verwehren, kam der
Ablehnungsversuch durch die Hintertuer: Ein Zusatz-Antrag in der
parlamentarischen Versammlung, dass diese doch besser solche
rechtlichen Definitionen unterlassen und die diesbezuegliche
Definitionsmacht allein beim Europaeischen Gerichtshof fuer
Menschenrechte (EGMR) verbleiben sollte. Die Lobby fuer eine solch
noble Zurueckhaltung des Parlaments war ziemlich gross und letztlich
ging die Abstimmung 89:89 aus -- die Abgeordneten der "Europaeischen
Demokraten", zu denen auch die tschechische ODS, die Schweizer SVP,
Berlusconis Popolo della Libertà und die britischen Konservativen
gehoeren, hatten geschlossen fuer eine Unterdrueckung der Definition
gestimmt. Die oesterreichischen Abgeordneten waren gegen die
Ausbremsung des Parlaments, allerdings waren nur ein Gruener und eine
Sozialdemokratin bei der Abstimmung anwesend. Der Stimmengleichstand
bedeutete die Ablehnung des Antrags, wodurch das Recht des Parlaments
gewahrt wurde, die Definition anzunehmen.
Zwar hat der Europarat selbst generell heute noch weniger Bedeutung
als frueher, doch koennte diese Definition sehr wohl Beachtung beim
EGMR finden, der ja eine Institution des Europarats ist -- und dessen
Urteile alles andere als unbedeutend sind. So nimmt der Widerstand
gegen diese Definition nicht wunder. Neben Aserbeidschanern und
Parlamentariern der ueblichen anderen Verdaechtigen (Russland,
Ukraine, Tuerkei) meldete sich auch Petro Agramunt, Vertreter der
spanischen Partido Popular zu Wort. Dieser meinte, nach der neuen
Definition werde auch die Einstufung von ETA-Terroristen als
politische Gefangene moeglich. Speziell Absatz 3 ueber die
Haftbedingungen faende er bedenklich. Und ueberhaupt sei der Beschluss
"ueberhastet".
Wie sehr allerdings sich Aserbeidschan getroffen fuehlt, macht ein
wuetender Offener Brief deutlich, den der Abgeordnete Elkhan
Suleymanov an den Vorsitzenden des Parlaments schrieb. Darin verstieg
sich der Aserbeidschaner soweit, dass mit der Abstimmung "in
Strassburg die Demokratie untergegangen" sei. Sozialisten und
Liberale, haetten "die Neutralitaetsverpflichtung verletzt", indem sie
"anti-aserbaidschanische Lobby-Aktivitaeten" durchgefuehrt haetten.
Manche der Stimmen fuer eine Annahme der Definition waeren "durch
politische Erpressung und sogar persoenliche Drohungen erzielt"
worden.
*Bernhard Redl*
Quellen u.a.:
http://www.ots.at/presseaussendung.php?schluessel=OTS_20121012_OTS0250
http://assembly.coe.int/Main.asp?link=/Documents/Records/2012/E/1210031530E.htm
http://www.assembly.coe.int/ASP/Votes/DBVotesResults_EN.asp?VoteID=34327&DocID=14306
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/40868720_kw40_europaratsparlament/index.html
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aserbaidschan/Innenpolitik_node.html
http://www.bundestag.de/presse/pressemitteilungen/2012/pm_1210041.html
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