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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 17. Oktober 2012; 04:10
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Glosse:

> Nobelpreis fuer die NATO

Als ich die Kommentare der Spitzen des heimischen und europaeischen
Politikwesens zur Erteilung des Friedensnobelpreises hoerte, hab ich
irgendwann angefangen, voellig sinnlos den Radio anzubruellen, als
koennte dieser irgendetwas fuer die Praepotenz, die er da wiedergeben
musste. Wenn das Kritischste zum Thema ausgerechnet von Werner Faymann
kommt, besagt das ja schon einiges, denn alle anderen Meldungen waren
noch viel schlimmer.

Doch nach einem kleinen Schnapserl und dem Anzuenden einer Zigarre
beruhigte ich mich. Dass trotz allem, was sich derzeit in der EU
abspielt und vor allem wie sich Kaiserin Merkel und deren Hoeflinge
gerieren, das Osloer Komitee ausgerechnet diesen Staatenbund
auszeichnete, hat naemlich schon eine gewisse Logik. Immerhin hat es
ja auch Barack Obama zu einem Zeitpunkt bedacht, als der noch
ueberhaupt keine Chance gehabt hatte, sich dieses Preises als wuerdig
zu erweisen -- es war wohl eher eine als Vorschusslorbeeren
verkleidete Mahnung, seine grossartigen Versprechungen auch wirklich
wahr zu machen. So kann man auch den Preis von 1994 an Rabin, Peres
und Arafat verstehen -- als Ermunterung, den beschlossenen
Friedensprozess nun auch wirklich durchzuziehen. Aehnliches gilt fuer
Henry Kissinger und Le Duc Tho 1973. Wenn das der Sinn dahinter war,
hat das Nobelkomitee aber in all diesen Faellen wohl nicht den
gewuenschten Effekt erzielt. Und die selbstgerechten Reaktionen aus
der EU lassen auch nicht gerade darauf schliessen, dass diesmal die
Mahnung, doch zumindest zu versuchen, den eigenen Anspruechen auch
entsprechende Taten folgen zu lassen, wirklich verfangen wird.

Das Komitee hat vor allem die Urgeschichte der EU als preiswuerdiges
Friedensengagement gewuerdigt. Im Sinne Alfred Nobels war das aber
nicht, denn der wollte seine Preise eigentlich an jene vergeben, die
auf ihrem Gebiet "im verflossenen Jahr der Menschheit den groessten
Nutzen geleistet haben". Nunja, was haetten wir da, sagen wir mal seit
Anfang 2011? Das Bombardement in Libyen, die Weigerung der deutschen
Bundesregierung auch nur ansatzweise ueber deren Ruestungsexporte zu
reden und die sukzessive soziale Vernichtung Griechenlands -- vom
Dauerirrsinn FRONTEX gar nicht zu reden. Sehr friedlich, das alles...

Doch diese Idee der schnellen Reaktion auf Leistungen wird generell
bei den Nobelpreisen schon lange nur mehr als Empfehlung angesehen.
Bisweilen bekommen manche natuerliche Personen nur deswegen den Preis
nicht, weil sie versterben, bevor sich das fuer sie zustaendige
Komitee ihrer erinnert. Das Timing beim Friedenspreis ist aber ganz
speziell seltsam: bei Obama viel zu frueh, beim europaeischen
Staatenbund viel zu spaet.

Wirklich zu beachten ist aber eines: Der Friedenspreis ist der
politischste aller von Nobel gestifteten Preise und das nicht nur in
Hinsicht auf seinen Inhalt, sondern auch auf den Vergabemodus.
Waehrend die anderen vier Preise von wissenschaftlichen Institutionen
vergeben werden, wird das Komitee fuer den Friedenspreis vom
norwegischen Storting bestimmt. Den Preis haben heuer daher fuenf
ehemalige Politiker vergeben -- und deren Parteien sind mehrheitlich
fuer den EU-Beitritt Norwegens. Wenn man bedenkt, dass dieses Thema in
Norwegen seit der Ablehnung des Beitritts 1994 ein heisses Eisen ist,
das sonst kaum mehr jemand so recht angreifen will, koennte man schon
auch auf die Idee kommen, dass hier durch die Hintertuer auch
Innenpolitik betrieben worden sein koennte. Das allein wird wohl nicht
der Grund fuer die Vergabe gewesen sein, aber als begleitender
Hintergedanken ist es schon vorstellbar.

Die Begruendung aber, dass die EU ein so grossartiges Friedensprojekt
sei, glaubt wahrscheinlich nicht mal das Komitee selbst. Denn wenn es
nur um den Frieden in Europa geht und nicht um die Kriege anderswo,
die unter Beteiligung europaeischer Truppen oder zumindest mit
europaeischen Waffen ausgetragen werden, wuesste ich einen besseren
Kandidaten. Die Organisation, die ich meine, hat naemlich nicht nur
wie die EU die vormals so verfeindeten Regierungen Deutschlands und
Frankreichs zusammengeschlossen, sondern sogar die von Griechenland
und der Tuerkei -- und ausserdem dank fleissiger Aufruestung
jahrzehntelang das "Gleichgewicht des Schreckens" aufrecht erhalten.
Daher haette sich die NATO wohl viel eher den Friedensnobelpreis
verdient. Die unterhaelt ja sogar eine Institution, die sich
"Partnerschaft fuer den Frieden" nennt und noch viel mehr Laender in
ihre Voelkerfreundschaft einschliesst! Also wenn das nichts ist...!?
Aber das waere dann wohl dem Preiskomitee doch etwas zu peinlich
gewesen. Vielleicht aber auch nur, weil Norwegen selbst in der NATO
ist.

Mordechai Vanunu hat einmal erklaert, er wolle den Friedensnobelpreis
ganz bestimmt nicht -- wegen des Preistraegers Shimon Peres, der mit
fuer die Nuklearbewaffnung Israels verantwortlich ist. Aber wenn das
Komitee mit seinem Vergaben so weitermacht, wird die Auszeichnung bald
in ihrer Bedeutung so abgesunken sein, dass sie als Heuchlernobelpreis
auch von anderen abgelehnt werden wird. Alfred Nobel und Berta
Suttner, von der die Idee fuer den Friedenspreis gestammt haben
duerfte, hatten das aber damals wohl anders gemeint.
*Bernhard Redl*



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