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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 10. Oktober 2012; 03:59
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Initiativen:
> Saatgut bleibt Gemeingut!
Buergerinitiative auch gegen Patente auf Tiere
Demo am 16.10., Parlamentarische Initiative online unterzeichenbar
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Die Idee zur parlamentarischen Buergerinitiative "Keine Patente auf 
Pflanzen und Tiere!" kam uns bei der heurigen Veranstaltung des Forums 
Kritischer TierhalterInnen in Klagenfurt.
Saatgutnetzwerke sind oft gut organisiert, jedoch wenige 
TierhalterInnen wissen, dass die Genetikkonzerne emsig daran arbeiten, 
Kenntnisse und Kontrolle ueber die Genomdaten unserer Nutztiere zu 
erlangen. Diese Daten werden mit Lizenzvertraegen an Firmen 
weitergegeben, die dann Patente anmelden: auf Gene, auf Zuchtmethoden 
und - wie der Konzern "Monsanto" - sogar auf Tiere und Zuchtherden. In 
der Folge fuehrt die beinahe uneingeschraenkte wirtschaftliche Macht 
der Tierzuchtindustrie zu Monopolstellungen: z.B. beliefern nur vier 
Konzerne die Welt mit Zuchtmaterial fuer Gefluegel. Nach der 
Europaeischen Patentrichtlinie (98/44, Art. 8, 2) treffen solche 
Patente auch auf den Nachwuchs dieser Tiere ("jedes biologische 
Material") zu.
Unsere Idee war also nun auch die TierhalterInnen in unsere 
Widerstandsaktionen einzubinden. Bei der inhaltlichen 
Auseinandersetzung mit dem Thema "Patente auf Leben und geistige 
Eigentumsrechte fuer Konzerne" wurde uns bald klar, dass wir einen 
gemeinsamen Kampf fuer das Recht auf Ernaehrung fuehren.
Wir sehen es auch als unsere Aufgabe, schonungslos aufzuzeigen, wie 
undemokratisch politische Entscheidungen ablaufen "muessen". Im Fall 
der Patente sind es Vertraege zwischen Regierungen, die der Politik 
fast keinen Handlungsspielraum mehr erlauben. Denn die Mitgliedstaaten 
der Welthandelsorganisation WTO sind nach dem WTO-Abkommen ueber 
handelsbezogene Rechte auf intellektuelles Eigentum (TRIPS, Artikel 
27, Abs. 3) verpflichtet, Pflanzensorten patentierbar zu machen. Das 
gibt in vielen Laendern den Regierungen die Legitimation, Patente und 
/ oder ein Sortenschutz-System einzufuehren, dass den Interessen ihrer 
Bevoelkerung entgegen steht.
Andere Vertraege, etwa der Vertrag ueber pflanzengenetische Ressourcen 
(ITPGR) der das baeuerliche Recht festschreibt, Saatgut aus eigener 
Ernte zu nutzen, nachzubauen, zu tauschen und verkaufen zu duerfen, 
werden jedoch nicht in nationale Gesetze umgesetzt.
Neben dem Verbot der Biopatente fordern wir von der oesterreichischen 
Regierung im Rahmen des Menschenrechts auf Nahrung ihre Verpflichtung 
wahrzunehmen und die Rechte der Bauern und Baeuerinnen auf Saatgut zu 
gewaehrleisten. Sie muss auch verpflichtend die "farmers rights" auf 
freien Zugang, Nutzung, Tausch und Verkauf von Saatgut und den 
informellen Saatgutmarkt respektieren und in den gesetzlichen Rahmen 
integrieren.
*Florian Walter, Biobauer, Forum Kritischer TierhalterInnen*
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> Kasten: Saatguttausch schwer gemacht
Die Verwendung von hofeigenem Saatgut ist leider auch in Oesterreich 
nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme. In Oesterreich gibt es 
zwar (noch) keine Nachbaugebuehren, das heisst auch geschuetzte Sorten 
duerfen auf eigenem Land wieder ausgesaet werden.("zur eigenen 
Nutzung"). Schwierig wird es aber, wenn ein Landwirt oder Gaertner 
Saatgut verkaufen will: Die oesterreichische Saatgutverordnung sieht 
zwar Ausnahmen vor, die in anderen Laendern undenkbar waeren, trotzdem 
ist bei nicht gelisteten (freien) Sorten nur Tausch und nur in 
Kleinstmengen zulaessig. Bei Getreide sind es z.B. 200kg pro Sorte und 
Jahr, die abgegeben werden duerfen. Das reicht bei Weizen gerade mal 
fuer 1 ha Anbauflaeche, bei Gemuese ist die Abgabemenge noch viel 
geringer. In der Praxis wird natuerlich oft gegen Geld getauscht, was 
bisher nicht beanstandet wurde.
Anders ist es, wenn man Saatgut auf "fremden Namen und fremde 
Rechnung" anbietet, also in einem Geschaeft. Das ist unzulaessig und 
es droht eine Verwaltungsstrafe. Moeglich waere es allerdings, das 
Saatgut dem Laden in Kommission zu uebergeben, was einer "erweitertern 
Form des Tauschhandels auf eigenen Namen und Rechnung" gleichkaeme, 
wichtig ist, dass extra abgerechnet wird. Die Rechtssicherheit ist 
allerdings geringer, es gibt keine Praezedenzfaelle, nichts ist 
ausjudiziert.
Gelistete Hochzuchtsorten duerfen sowieso nicht weitergegeben werden. 
(ausser minimale Kleinstmengen fuer nachweislich zuechterische 
Zwecke -"Zuechterprivileg")
Seit einigen Jahren gibt es die Moeglichkeit, Landsorten als 
Erhaltungssorten anzumelden (Erhaltungssortenrichtlinie). Dieses 
"vereinfachte" Zulassungsverfahren ermoeglicht zwar, dass Landsorten 
ueberhaupt verkauft werden duerfen, aber es limitiert die 
Verpackungsgroesse oder beschraenkt den Verkauf auf eine bestimme 
"Ursprungsregion". So kann es passieren, dass eine urspruenglich in 
halb Europa vorkommende Sorte, nur mehr dort verkauft werden darf, wo 
sie angemeldet wurde! Der Landwirt hat ausserdem die Pflicht die 
verkaufte Saatgutmenge jaehrlich und rechtzeitig an die EU Kommission 
zu melden und diese kann jaehrlich die erlaubte Verkaufsmenge neu 
festlegen.
Wegen Nichteinhaltung dieser unsinnigen Richtlinien (Verkauf von nicht 
registriertem Saatgut) wurde der franzoesische Verein Kokopelli von 
der Saatgutfirma graines baumaux auf Schadenersatz (unlauterer 
Wettbewerb) verklagt. Forderung: 50 000.- und Aufloesung des Vereins. 
Das franzoesische Gericht rief den EuGH an, um feststellen zu lassen 
ob diese Richtlinien ueberhaupt EU konform sind. Entgegen dem 
Plaedoyer seiner Generalanwaeltin entschied der EuGH jedoch, nach 
Intervention der European Seed Association, der Lobbyorganisation der 
Saatgutindustrie, dass oberstes Ziel der EU-Landwirtschaft die 
Steigerung der Produktivitaet sei, und dass alle anderen Ziele, wie 
Schutz der Biodiversitaet... "farmers rights... usw.", diesem 
unterzuordnen waeren. Die Richtlinien wurden also bestaetigt. Jetzt 
ist dieser Verein zum Abschuss freigegeben. Der Kampf ums Saatgut 
spitzt sich also dramatisch zu, Solidaritaet und gemeinsame Aktionen 
sind gefragter denn je. *F. Walter*
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> Demo gegen Biopatente am Welternaehrungstag, Di., 16.10.2012
Treffpunkt 10.00 Botanischer Garten Eingang Jacquingasse, 11.00 
Kundgebung und Strassentheater vor dem Sitz des Europaeischen 
Patentamtes, Rennweg 12, 1030 Wien - Das europaeische Patentamt hat in 
den letzten Jahren ueber 900 Patente auf Tiere und ueber 1800 Patente 
auf Pflanzen erteilt, nicht nur auf Gentechnikkonstrukte sondern immer 
haeufiger auch auf konventionelle Zuechtungen!
Parlamentarische Buergerinitiative "Kein Patent auf Tiere und 
Pflanzen":
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/BI/BI_00047/index.shtml
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