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 akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. September 2012; 22:43
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Militaer/Debatte:
> Wo ist der Feind?
In der Wehrpflichtdebatte werden wir an der Nase herumgefuehrt. Es 
stellt sich die Frage, warum die Bevoelkerung ueberhaupt zur 
Stimmabgabe eingeladen wird, um sich fuer oder gegen die Wehrpflicht 
auszusprechen. So unpopulaer wie der Zwangsdienst in Oesterreich ist, 
koennte es gut moeglich sein, dass sich eine Mehrheit fuer die 
Abschaffung der Wehrpflicht ausspricht. Nur: damit ist auch der 
Zuvieldienst obsolet.
Zuvieldiener stuetzen mittlerweile die Versorgung im Sozial- und 
Gesundheitsbereich zu einem nicht unbetraechtlichen Anteil. Muessen 
Zuvieldiener durch (mehr schlecht als recht) bezahltes Personal 
ersetzt werden, verursacht dies erhebliche Mehrkosten in einem 
Bereich, in den die oeffentliche Hand immer weniger investieren 
moechte, da die gesellschaftspolitische Stimmung auf 
Entsolidarisierung abzielt.
Es ist nicht damit zu rechnen, dass ein freiwilliges soziales Jahr die 
Leistungen, die Zuvieldiener erbringen muessen, ersetzen kann, es ist 
auch nicht damit zu rechnen, dass der derzeitige Leistungsstand im 
Sozial- und Gesundheitswesen aufrecht erhalten wird. Vermuten laesst 
sich, dass Leistungen einfach gestrichen werden, pflegebeduerftige 
Menschen die bisher gewohnte Versorgung nicht mehr erhalten, es fuer 
kranke und pflegebeduerftige Menschen noch schwieriger werden wird, 
einen Alltag so zu erleben, dass er als menschenwuerdig bezeichnet 
werden kann.
Damit macht sich keine Regierung beliebt, einzelne Skandale werden da 
die Oeffentlichkeit erreichen. Doch die Regierenden werden ihre 
Verantwortung fuer das Sozialwesen nicht wahrnehmen, sondern diese der 
Bevoelkerung unterjubeln, mit dem Argument, dass ja wohl klar gewesen 
sei, dass mit der Wehrpflicht auch der Zuvieldienst falle. Dazu wird 
wahrscheinlich argumentiert werden, dass in diesen sogenannten 
"schlechten Zeiten" wohl kaum damit zu rechnen gewesen waere, dass die 
Mittel fuer den Sozial- und Gesundheitsbereich aufgestockt werden 
wuerden. Wer krank oder pflegebeduerftig wird, schaufelt sich sein 
eigenes Grab und ist dann selber schuld. Dies ist die eine Vermutung, 
warum wir ueberhaupt gefragt werden, ob Oesterreich die Wehrpflicht 
benoetigt.
Verschleierung der Militarisierung
Die andere Vermutung zielt auf die Abschaffung der Neutralitaet ab. 
Mit battle groups und einem in Verfassungsrang stehenden 
Kriegsermaechtigungsartikel, der Kriegseinsaetze auch unter 
NATO-Kommando ermoeglicht, wie es jetzt schon der Fall ist, ist die 
Neutralitaet zwar ein nicht mehr ernstzunehmender Artikel der 
Bundesverfassung, formal und als identitaetsstiftendes Moment der 
oesterreichischen StaatsbuergerInnen wird er aber als sehr bedeutsam 
wahrgenommen.
Selbstverstaendlich wird ein ausschliessliches Berufsheer die 
Orientierung auf Auslandseinsaetze nicht nur beibehalten, sondern 
intensivieren und sich parteiisch an kuenftigen Kriegen beteiligen, 
besonders wenn es den eigenen Wirtschaftsinteressen entgegenkommt. Die 
Zeitschrift "guernica" brachte nach dem Buergerkrieg in Ex-Jugoslawien 
das Zitat eines General Wolfs heraus, der vermeinte, dass das 
Bundesheer im Balkan der Wirtschaft den Boden aufbereiten wuerde.
Die auch formale Abschaffung der Neutralitaet macht es den 
herrschenden Eliten viel einfacher, sich an kuenftigen Kriegen zu 
beteiligen, die Ausrede ist einfach: Wer sich fuer die Abschaffung der 
Wehrpflicht ausgesprochen hat, hat sich gleichsam fuer ein Berufsheer 
und gegen die Aufrechterhaltung der Neutralitaet ausgesprochen.
Die Wehrpflicht in Frage zu stellen, beinhaltet, dass es keine 
Landesverteidigung mehr geben muss. Bei der Vorstellung, dass 
Oesterreich angegriffen werden koennte, muessen sogar die alten 
Generaele laecheln. Es gibt so gesehen keinen Feind, gegen den sich 
das Land zu wehren haette. Wenn es weit und breit keinen Feind gibt, 
und Berufssoldaten die Frage gestellt wird: 'Gegen wen denn?' weichen 
diese der peinlichen Fragestellung aus, indem sie von einem Cyberwar 
phantasieren - wie beispielsweise letztes Jahr in einem Club 2 zu 
hoeren war.
Die Bevoelkerung wird befragt, um die kuenftigen Kriegseinsaetze der 
Armee zu legitimieren und die Verantwortung fuer die Folgen zu 
uebernehmen. Mit der Diskussion um zivile Aufgaben und 
Katastrophenschutz wird nur verschleiert, was in Zukunft oeffentlich 
gesagt werden will: Aufruestung und Militarisierung im Kontext der EU. 
Diese schleichende Neudefinition des Heeres findet - so die Annahme - 
noch nicht den Zuspruch der Mehrheit der Bevoelkerung.
Spaetestens jetzt muesste gefragt werden, ob Oesterreich ueberhaupt 
ein Militaer braucht. Weder Kadavergehorsam noch Einuebung in die 
Staatsraison sind der Menschenbildung zutraeglich, ein Sozial- und 
Gesundheitswesen, welches unter anderem auf Zwangsdienst aufbaut, ist 
menschenunwuerdig. Und das Bundesheer ist abzuschaffen.
*Rosalia Krenn*
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