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 akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. September 2012; 23:30
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Arbeit:
> Drei, die ausziehen, um den Metaller-Kollektivvertrag zu zerstoeren
Systematische Behinderung gewerkschaftlicher Arbeit, der 20%ige 
Lohnraub bei der AUA und der Tod zweiter Metaller - dafuer steht das 
Spitzenverhandlerteam des Arbeitgeberfachverbandes fuer die Maschinen- 
& Metallwaren-Industrie (FMMI).
Johannes Collini (Fa. Collini), Veit Schmid-Schmidsfelden (Rupert 
Fertinger GmbH), Karin Exner-Woehrer (SAG AG) - so lautet das 
Spitzenverhandlungsteam der Unternehmer. Alle drei sind gut in der 
Industriellenvereinigung verankert und haben dort eine steile Karriere 
hingelegt. Ihre Unternehmen sind auf Expansionskurs (Zukaeufe und 
aktuelle Neubauten am Stammwerk), sie sind regionalpolitisch 
(Hohenems, Wolkersdorf, Lend) gut vernetzt und haben Grundstuecks- und 
Ansiedlungsdeals mit der Gemeinde geschlossen. Karin Exner-Woehner 
gilt zudem als Vorzeige-Frau und wurde 2011 mit dem "Bussiness Woman 
of the Year Award" einer franzoesischen Champagnermarke ausgezeichnet.
Ein Argument der FMMI fuer die Aufspaltung des Metaller-KVs lautet, 
dass es sich in ihrer Branche v.a. um Familienbetriebe handeln wuerde, 
die eine besondere Ruecksichtsnahme verdienen. Die durchschnittliche 
Beschaeftigtenanzahl der Mitgliedsbetriebe des Fachverbandes betraegt 
jedoch 1200 ArbeiterInnen und Angestellte. Auch die drei 
Spitzenverhandler haben stolze Firmen hinter sich. Insgesamt 
repraesentieren sie 24 Produktionsstandorte in 10 Laendern 
(Oesterreich, Deutschland, Schweiz, Italien, Rumaenien, Niederlande, 
Russland, Schweden, Oman und Mexiko). Durchaus also Konzerne, die kaum 
jemand als bemitleidenswerte "Familienbetriebe" einstufen wuerde. Was 
weiter auffaellt: Die auslaendischen Betriebsansiedlungen und Zukaeufe 
zielen in ihrer grossen Mehrheit auf eine Verbesserung der 
Weltmarktposition ab und sind kaum als Fluchtstrategie aus dem 
"Hochlohnland" Oesterreich zu verstehen. Aktuelle 
Betriebserweiterungen an den Stammwerken von Collini in Hohenems und 
Rupert Fertinger in Wolkersdorf sprechen dafuer, dass der 
Industriestandort Oesterreich noch immer die attraktivsten 
Investitionsbedingungen bietet.
Ein weiteres Argument der Unternehmer fuer die Aufspaltung des 
Metall-KV ist die oekonomische Konkurrenzsituation unterschiedlicher 
Mitgliedsbetriebe im grossen KV. Dieses Argument wird dadurch 
konterkariert, dass mit der SAG AG und der Rupert Fertinger Gmgb im 
Spitzenverhandlungsteam der FMMI gleich zwei direkte Konkurrenten im 
Alubereich in trauter Eintracht ans Zerstoerungswerk gehen.
Der Verband bezeichnet sein Spitzenverhandlerteam als "engagiert" und 
damit ist keineswegs nur die wirtschaftliche Performance gemeint. Alle 
drei kann man sorglos als Gewerkschaftshasser bezeichnen.
Die Behinderung gewerkschaftlicher und betriebsraetlicher 
Interessensvertretung hat bei Collini Tradition. Als im Mai 2003 der 
OeGB Vorarlberg aus Protest gegen die Pensionsreform die Dornbirner 
Messe-Kreuzung blockierte, bedrohten die Schichtleiter Kollegen in 
Einzelgespraechen mit "Konsequenzen" falls sie nach Schichtende, also 
in ihrer Freizeit, an dieser Kundgebung teilnehmen wuerden.
Ein besonders schillerndes oeffentliches Leben bestreitet die 
Champagner-Koenigin Exner-Woehner. Neben dem Rotari Club Wien 
Stephanplatz gehoert sie dem Vorstand der IV und zwei Aufsichtsraeten 
an, darunter der LPC Capital Partners, die Investoren jaehrliche 
Renditen zwischen 10 % und 20 % (!) verspricht. Hauptberuflich ist sie 
die Vorstandsvorsitzende aller drei Dachfirmen der SAG AG. In ihrem 
Hobby Golf hat sie Handicap 4. Vortraege auf wissenschaftlichem Niveau 
(WU Wien) oder im informellen Rahmen bei den Kamingespraechen der 
Industriellenvereinigung im abgelaufenen August gehoeren in ihr 
Repertoire. Sie ist gerngesehener Gast bei Diskussionsveranstaltungen 
zum Thema Frauen. Dabei spricht sie sich gegen Quoten aus und 
plaediert dafuer dass "Maenner Vorbilder benoetigen, um den Mehrwert 
weiblicher Fuehrungskraefte zu erleben und zu respektieren - und nicht 
nur zu akzeptieren, um dadurch die Bereicherung gegengeschlechtlicher 
Perspektiven und Diskussionen zu fordern und zu foerdern". Ihr selbst 
duerfte es freilich recht einfach gefallen sein ihren "Mehrwert" ins 
beste Licht zu ruecken, da sie ihren gesamten Karriereweg ausnahmslos 
im vaeterlichen Unternehmen bestritt.
Im Maerz dieses Jahres verunglueckten zwei Arbeiter der SAG im Lender 
Werk toedlich. Bei Wartungsarbeiten (die zuerst als Reparatur- dann 
als Routinewartung bezeichnet wurden) schloss sich die Vorwaermekammer 
des Hochofens und darin verbrannten zwei Arbeiter. Innerhalb weniger 
Tage stand fest, dass die Schuld gaenzlich bei den Verunglueckten 
sowie dem dritten Arbeiter - der den Hochofen mittels Fernbedienung 
anfuhr - lag. Der Sachverstaendige der Polizei sei zum Schluss 
gekommen, dass alle Sicherheitseinrichtungen funktionsfaehig seien, 
gab Exner-Woehner den "Salzburger Nachrichten" zu Protokoll und hakte 
nach: "Wir sind ein zertifiziertes Unternehmen und halten permanent 
Sicherheitsschulungen ab. Wir werden in all unseren Betrieben auf 
diesen Arbeitsunfall aufmerksam machen." Sie beendete ihre Aussage: 
"Meine ganz persoenliche Hochachtung gilt unserem betroffenen 
Mitarbeiter, der den Behoerden alle Vorgaenge im Detail geschildert 
hat."
Zuviel Qualitaetsjournalismus waere es wohl gewesen, vor Ort die Frage 
zu stellen, wie ein 56jaehriger Facharbeiter, der seit 42 (!) Jahren 
in der gleichen Firma schuftet, eines Tages mit seinem Kollegen (einem 
Leiharbeiter) ploetzlich in den Hochofen steigt und ausgerechnet an 
diesem Tag auf jegliche Sicherheitsmassnahmen vergisst. Man darf 
zumindest diese Vermutung aeusseren: Wie in so vielen 
oesterreichischen Betrieben duerfte in der SAG eine Sicherheits-Kultur 
herrschen, die von der "Unnoetigkeit" zeitraubender und uebertriebener 
Sicherheitsmassnahmen gepraegt ist.
Doch Exner-Woehner ist nicht verlegen frisches Personal aufzustellen. 
Am 10. Juli gab sie der Oeffentlichkeit preis, dass es kein Problem 
sei, im von Arbeitslosigkeit geplagten Spanien schnell "exzellent 
ausgebildete, junge und engagierte Fachkraefte" zu rekrutieren. Ein 
Salzburger Headhunterteam screente vor Ort 150 topmotivierte 
Arbeitslose, von denen "drei oder vier" den Hauptpreis - eine 
Anstellung in Salzburg - erhielten.
Der Dritte im Bunde, Veit Schmid-Schmidsfelden, stammt aus altem 
deutschem Adel, der fruehzeitig auf Industrie umsattelte. Die 
wechselhafte Geschichte der Schmid-Schmidsfelden beinhaltet auch einen 
"kompletten Vermoegensverlust und Gefaengnisaufenthalt" von August, 
Veits Vater, waehrend der Entnazifizierung (August war sowohl 
austrofaschistischer Funktionaer als auch ab 1933 gleichzeitig 
illegaler Nazi). Dieses Urteil wurde nach Abzug der Besatzungstruppen 
jedoch revidiert und das Vermoegen der Familie wurde 1961 restituiert. 
Dies legte den Grundstein zum wirtschaftlichen Wiederaufstieg der 
Familie. Seine Haltung zu Loehnen, Gewerkschaft, sein Verstaendnis von 
Sozialpartnerschaft muesste zumindest in der Gewerkschaft vida 
wohlbekannt sein. Schmid-Schmidsfelden ist seit September 2009 
Mitglied des Aufsichtsrates der AUA sowie im Beirat, der den Verkauf 
an die Lufthansa vorbereitete. Er war also direkt an der bisher 
brutalsten und schnellsten Vernichtung von Loehnen und 
Arbeitsbedingungen in der 2. Republik Oesterreichs beteiligt.
(Emanuel Tomaselli/Der Funke/gek.)
Volltext: 
http://www.derfunke.at/html/index.php?name=News&file=article&sid=2103
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