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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 4. September 2012; 23:25
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Bundesheer/Kommentar:

> Falle Volksbefragung

Der Versoehnungsbund meinte juengst in einer Aussendung, dass er sich
bei der Volksbefragung ueber die Wehrpflicht neben den beiden
bisherigen Antwortmoeglichkeiten eine dritte wuensche. Man solle auf
dem Stimmzettel auch das Heer als solches fuer komplett
abschaffenswert erklaeren duerfen. Diese Forderung kann man nur als
Provokation verstehen, denn real ist sie natuerlich illusorisch. Denn
zum Einen sind bei Volksbefragungen Ja/Nein-Fragen opportun, um
eindeutige Mehrheiten zu bekommen. Zum Anderen aber besteht von Seiten
der Regierung gar nicht das Interesse, ueber eine Demilitarisierung
abstimmen zu lassen. Man will uns danach schlicht nicht fragen und
eine andere Fragestellung laesst sich zumindest heute in diesem Land
noch nicht von unten erzwingen.

Auch deswegen ist die Volksbefragung eine Falle. Denn egal, wie nun
die Formulierung genau lauten wird, ob man jetzt den Zivildienst
explizit erwaehnt oder nicht, letztendlich wird die Fragestellung
lauten: Wehrpflicht oder Berufsheer?

Nur: Wir haben laengst ein Berufsheer. Die Wehrpflichtigen sind nur
mehr Staffage und "Landesverteidigung" im klassischen Sinne ist
mittlerweile vollkommen uninteressant. Fuer die Battlegroups braucht
man keine "Jungmaenner", sondern gut ausgebildete Profis -- und die
hat das Heer bereits.

Daher ist die Wehrpflicht letztendlich nur Ballast fuer die
Militaers -- auch wenn vielleicht ein paar alte Generaele das noch
nicht mitbekommen haben. Die Wehrpflicht erfuellt heute nur noch zwei
Aufgaben: Zum Einen, um jungen Maennern das Gehorchen beizubringen,
zum Anderen, um den Zivildienst zu legitimieren. Ginge es nur um
militaerische Anliegen, waere die Wehrpflicht laengst abgeschafft.

Und genau hier liegt das Problem mit der Volksbefragung, denn sie
kommt mit der Attituede daher, dass dies eine Moeglichkeit sei,
endlich die Wehrpflicht abzuschaffen. Tatsaechlich waere diese aber
ohne Volksbefragung wahrscheinlich sowieso bald passiert -- denn
weltweit geht der Trend genau dorthin. In Deutschland ist di
Wehrpflicht seit letztem Jahr zumindest ausgesetzt. Und von den
grossen NATO-Staaten behaelt heute nur noch die Tuerkei die
Wehrpflicht bei, wo allerdings das Militaer eine ganz andere
gesellschaftliche Bedeutung hat.

Wenn also die Abschaffung ohne Befragung mit hoher Wahrscheinlichkeit
sowieso bald anstuende, wozu gross danach fragen? Vermuten kann man da
so einiges an Beweggruenden und es haengt wohl auch sehr mit den
Wahlen 2013 zusammen, aber ein Effekt, gewuenscht oder nicht, koennte
sein, dass man mit einer Mehrheit bei der Befragung die Wehrpflicht
doch noch einmal rettet.

Eine Enthaltung bei der Befragung, weil man die Antwort "Heer
abschaffen!" nicht auf dem Stimmzettel findet, waere daher der falsche
Weg. Denn da wir mit einer Zustimmung zur Wehrpflicht sowieso nicht
gegen ein Berufsheer stimmen koennen, macht eine Enthaltung keinen
Sinn. Im Gegenteil: Ein grosser Anteil an Enthaltungen von Leuten, die
das Heer abschaffen wollen, koennte sogar zu einer Mehrheit pro
Wehrpflicht fuehren und diese damit auf viele weitere Jahre
einzementieren. Und ich moechte eigentlich nicht, dass auch weiterhin
einem nicht unbetraechtlichen Anteil der jungen Maenner dieses Landes
hierarchisches Denken eingeblaeut wird und dass diese im Toeten
ausgebildet werden. Und nur darum geht es!
*Bernhard Redl*

*

Audiofassung: http://cba.fro.at/63403



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