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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Juni 2012; 01:17
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Asyl:
> "Furcht und Unruhe"
Ein Asylrichter hat *Michael Genner von Asyl in Not* verklagt. 
Dieser will den Prozess fuer ein paar Klarstellungen nutzen:
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Manch einer wird sich vielleicht erinnern: Ein Asylrichter wollte 
einen kurdischen Fluechtling, ein schwer traumatisiertes Folteropfer, 
in die Tuerkei ausweisen. Dagegen habe ich oeffentlich protestiert, 
der Richter hat mich sodann wegen "gefaehrlicher Drohung" und "uebler 
Nachrede" geklagt. Meine Aussendung sei geeignet gewesen, ihn "in 
Furcht und Unruhe zu versetzen".
Unser Klient, Herr K., war als Anhaenger der Kurdischen Arbeiterpartei 
(PKK) zu lebenslanger Haft verurteilt und nach 16 Jahren bedingt 
entlassen worden. Er haette dann zur tuerkischen Armee, die sein Volk 
unterdrueckt, einruecken muessen, wo es ihm als kurdischem 
Exstraefling wohl nicht allzu gut gegangen waere; daher fluechtete er 
nach Oesterreich.
Der Richter meinte jedoch sinngemaess, Wehrdienst muesse jeder 
leisten, Herrn K. waere schon nichts passiert. Dieses 
Skandal-Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof aufgehoben und 
festgestellt, der Richter habe Willkuer geuebt.
Der Richter hatte auch vermeint, in dem von mir vorgelegten Befund der 
Psychologin, die Herrn K. untersucht hatte, stehe (entgegen meinem 
Vorbringen in einer Beschwerdeergaenzung) nichts von einer 
posttraumatischen Belastungsstoerung. Diese Behauptung des Richters 
habe ich in meiner Aussendung als "freche Luege" klassifiziert. Der 
Originalbefund, in dem die von mir zitierte Diagnose steht, befindet 
sich in meinem Akt.
Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass vom Befund (offenbar durch 
einen Uebermittlungsfehler) nur die (gross und deutlich nummerierten) 
Seiten 1, 2, 3 und 6 bei diesem Richter angekommen sind; mich um 
Nachreichung der Seiten 4 und 5 (wo die Diagnose stand) zu ersuchen, 
war ihm offenbar zu viel Verfahrensaufwand.
Erst nach einiger Zeit habe ich erfahren, dass der Asylrichter mich 
also wegen "uebler Nachrede" und "gefaehrlicher Drohung" angezeigt 
hat. Letzteres, weil ich geschrieben hatte, der Richter trage fuer 
Herrn K.'s weiteres Schicksal die "volle persoenliche Verantwortung"; 
er werde ihr "nicht entgehen". Ich hatte auch des Richters dienstliche 
Email-Adresse veroeffentlicht, woraufhin er Protestmails erhielt. Ich 
haette somit meine LeserInnen zu "aggressivem Verhalten angestiftet".
Zum Beweis legte er zwei solche E-Mails vor. Sie waren wirklich 
ungeheuer aggressiv. So schrieb eine Leserin, der Richter solle 
begruenden, warum er nicht mehr fuer die Asylsuchenden sei (immerhin 
war er einmal Rechtsberater gewesen). Es sei nur fair, ihm diese Frage 
zu stellen.
Aber besonders arg fuer unseren Richter war das E-Mail von Familie S. 
aus Wien: "Ihnen wuenschen wir, dass Sie im naechsten Leben in einem 
Land wie der Tuerkei geboren werden und dann das gleiche Schicksal 
erleiden muessen wie die zigtausend Kurden, die die Tuerken bereits 
auf dem Gewissen haben."
Diese Vorstellung, als Kurde in der Tuerkei auf die Welt zu kommen, 
hat beim Richter also betraechtliche Furcht und Unruhe ausgeloest, so 
dass er sich von mir bedroht fuehlt. Aber keine Sorge: Mein langer Arm 
reicht noch nicht bis ins Jenseits, so dass ich darueber bestimmen 
koennte, ob und wie er wiedergeboren wird. Die Staatsanwaltschaft hat 
uebrigens das Verfahren zu diesem Punkt schon eingestellt.
Der Richter hat uebrigens in einem Email an mich festgestellt, er 
haette Herrn K. auch dann ausgewiesen, wenn die Diagnose 
"posttraumatische Belastungsstoerung" bei ihm aktenkundig gewesen 
waere.
Daher habe ich den Vorwurf der "frechen Luege" mittlerweile 
zurueckgenommen und festgestellt, dass der Richter ein ehrlicher Mann 
ist: Er wird zwar leicht in Furcht versetzt, zeigt aber dennoch offen, 
wes Geistes Kind er ist.
Wir werden daher zur "ueblen Nachrede" wegen des Begriffs "freche 
Luege", wie der Herr Richter es sich wuenscht, eine 
Gerichtsverhandlung durchfuehren. Sie wird uns Gelegenheit geben, jene 
Verwahrlosung der Judikatur, die in Teilen des Asylgerichtshofes 
zutage tritt, oeffentlich anzuprangern.
(bearb.)
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