**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Mai 2012; 23:36
**********************************************************

EU/"Krise"/Widerstand/Glosse:

> Ein frischer linker Wind weht durch Europa

Sarkozy wurde in die politische Wueste geschickt, Syriza wurde
zweitstaerkste Partei, auch in Italien setzte es bei den
Kommunalwahlen fuer die Rechte herbe Niederlagen.

Kein Zweifel: Ein frischer - linker - Wind weht durch Europa. Viele
Leute haben den "Sparkurs" bis zum Erbrechen satt. Jetzt wird es
wichtig sein, die Gunst der Stunde zu nutzen: Fuer breite
GESAMTEUROPAeISCHE Zusammenschluesse "aller Kaempfenden" gegen die
kombinierten Krisen des Kapitalismus - insbesonders im Rahmen eines
erneuerten Europaeischen Sozialforumsprozesses; und neue politische
linke Intitiativen -- denn ein bisschen mehr soziale Abfederung und
Prisen von Neokeynesianismus werden angesichts der Dramatik der
Situation nicht ausreichen.

Sarkozy ist endlich weg und damit kommt Sand ins Getriebe der EU und
ihrer Marktanbeter. Merkel mauert zwar noch, aber selbst sie wird -
wie auch schon in der Vergangenheit - Konzessionen machen muessen.

Die zentralen Schlagworte -- auch des Boulevards -- lauten nun: den
"Fiskalpakt durch einen Wachstumspakt ergaenzen". Man braucht kein
studierter Nationaloekonom sein, um zu verstehen, dass
Transaktionssteuer und einige Milliarden Neuinvestitionen nicht
reichen werden, um den fundamentalen Krisenprozessen zu begegnen.
Solche wirtschaftlichen Oberflaechen-Schmeichler werden auch der
kritischen Massenstimmung in keiner Weise gerecht (siehe etwa das
Wahlergebnis fuer Melanchon -- ueber 11 Prozent der Stimmen).

In Griechenland erfolgte eine totale Abstrafung der Konservativen und
insbesonders der Sozialdemokratie. Es gab einen geradezu kometenhaften
Ausstieg von SYRIZA -- von 4,6 auf 16,8 Prozent -- waehrend die
weitgehend stalinistische KKE bei 8,5 Prozent stecken blieb.

Entscheidend wird sein, dass sich SYRIZA nicht "einfangen" laesst,
dass das hohe Kampfniveau im Land stabilisiert wird und endlich eine
breite INTERNATIONALE SOLIDARITAeTSFRONT (insbesonders durch die
Gewerkschaften in anderen Laendern!) zustandekommt - denn trotz vieler
Generalstreiks kaempfen die GriechInnen im wesentlichen allein!

Internationalismus wichtiger denn je

Jetzt ist es wichtiger denn je, dass dieses kritische Potential
gesamteuropaeisch ZUSAMMENGEFUeHRT wird: Ueber die anstehenden
Mobilisierungen im Mai in Frankfurt bis zu "10 Jahre Europaeisches
Sozialforum" in Florenz im November. Wann wenn nicht jetzt wird ein --
insbesonders um die "neuen AkteurInnen" -- erweiterter und erneuerter
ESF-Prozess gebraucht?!

Aber auch politisch sind neue Seiten aufzuschlagen. Die europaeische
Sozialdemokratie hat nach dem Hollande-Erfolg Aufwind, wird das jedoch
nur fuer "massvolle Korrekturen" am "Sparkurs" nutzen. Faymann geht in
seiner Borniertheit soweit, dem "Fiskalpakt" weiter Rosen zu streuen:
"Die Grundsaetze des Sparens und damit der Fiskalpakt muessen bestehen
bleiben"("Oesterreich"; 8.5. S.4).

Das schlechte Abschneiden der Linkspartei in Deutschland zeigt
uebrigens, dass es in Krisenzeiten KEINEN Automatismus nach links
gibt. Piraten oder andere koennen ebenso absahnen.

In Oesterreich stellen sich ausser den Piraten schon Stronach und
andere populistische "Protest"projekte auf. Schlimm ist es nach wie
vor um die konsequente Linke in der Alpenrepublik bestellt: sie
bueselt weiter dahin, jeder pflegt seine mehr oder weniger "grosse"
Partei oder seinen Verein -- anstatt den Ernst der Situation (Strache
& Co liegen ohne viel tun zu muessen kontinuierlich ueber 25 %!), aber
auch die Chancen eines GEMEINSAMEN linken Handelns zu begreifen.

Sozialistische Persepktive

Gesamteuropaeisch und auch bei uns wird es darum gehen, ein kantiges
LINKSPROFIL zu entwickeln, das sich voll der tiefen Krisen des
Kapitalismus bewusst ist und demzufolge mitreflektiert, dass selbst
relativ kleine -- absolut notwendige! -- Reformen bald an die engen
Grenzen der kriselnden "Marktwirtschaft" stossen; dass also ueber sie
hinausgedacht werden muss und man/frau sich bewusst sein muss, dass
der neoliberale Gegner nicht locker lassen wird und HAeRTESTE
Konfontationen anstehen -- bis hin zu radikal autoritaeren
Herrschaftsvarianten. Kein Zufall, dass in Griechenland auch die
Faschos ("Goldene Mogenroete") reuessierten!

Wer tatsaechlich fuer breite Bevoelkerungsteile ernsthafte
Verbesserungen haben will, kann also nicht am status quo
haengenbleiben: Er/Sie muss die Notwendigkeit einer anderen
Gesellschaftsordnung bewusst einkalkulieren. In diesem --
perspektivischen nicht unmittelbaren -- Sinn stehen nach Jahren der
politischen Stagnation Sozialismus und revolutionaere Umbrueche wieder
auf der Tagesordnung.
*Hermann Dworczak*



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin